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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt
Autoren: Theresa Saunders
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versuchte, auszusteigen, kickte sie die Papiertüte mit dem Lunch beiseite.
    Â»Da ist er«, zischte Mary. »Jetzt beruhigen Sie sich schon, verdammt noch mal. Da ist er!«
    Claudia blinzelte und schaute auf ihr Handgelenk. Mary hatte ihren Griff gelockert. Claudia registrierte, dass sie abgelenkt war, und folgte ihrem Blick. Gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie die Bremslichter an einem braunen Holden Commodore ausgingen. Sie holte tief Luft. Jetzt konnte sie abhauen. Stattdessen starrten sie beide wie gebannt über die Straße, wo fünf heruntergekommene Häuser weiter ein junger Mann in Jeans und blauem Pulli aus dem Wagen stieg. Die Entfernung und seine Bewegungen verhinderten, dass Claudia sein Gesicht genauer sehen konnte. Sie schätzte ihn auf Ende zwanzig, Anfang dreißig. Zierlich, kleiner Kopf, kräftiger Nacken, längeres braunes Haar, das an der Seite gescheitelt und über den Kopf gekämmt war – eher ungewöhnlich. Sie beobachtete, wie er zur Haustür trottete, wo er einen Moment stehen blieb und sich prüfend umsah. Aber sie war sicher, dass er sie nicht bemerkt hatte.
    Claudias Panik ließ allmählich nach.
    Â»Aber wenn Sie so sicher sind, warum verhaften wir ihn dann nicht und bringen ihn zum Verhör aufs Revier?«
    Â»Weil es nur so ein Gefühl ist, verdammt noch mal. Aber ich weiß, dass ich Recht habe! Ich kann’s nur noch nicht beweisen. Hören Sie, wir könnten eine Woche lang im Archiv
verbringen und doch keinen Bunker finden. Oder wir könnten den Kerl beobachten. Alles, worum ich Sie bitte, Claudia, ist einen Nachmittag Ihrer Zeit. Mal sehen, was er treibt, wo er hingeht. Vielleicht ja sogar zu dem Bunker. Dann könnten wir ihn verhaften. Dann hätten wir was Greifbares.«

14:30 Uhr
    Â»Mutti, ich brauche den Wagen heute Nachmittag, das weißt du doch noch? Ich muss zu meinem Bewährungshelfer. Das könnte allerdings dauern. Die Scheißkerle lassen einen gerne warten.«
    Â»Ich hab’s dir schon mal gesagt, Simon, ist mir scheißegal. Ich brauche den Wagen heute nicht. Aber bring ihn mir ja nicht mit leerem Tank zurück! Dein Vater hat heute früh angerufen. Du hattest versprochen, vollzutanken. Nicht, dass mich das interessiert, aber dann ruft er mich an und behauptet, dass es meine Schuld ist.«
    Ihr meckernder Tonfall ließ Simons Euphorie schrumpfen. Er wusste nicht, ob er später noch Zeit und Lust haben würde, sich wieder in Stimmung zu bringen. Er leckte sich nervös die Lippen.
    Â»Klar, Mutti. Entschuldige, das hab ich glatt vergessen. Aber ich mach’s wieder gut. Großes Ehrenwort.«
    Oprah verschenkte soeben eine Kreuzfahrt und das genügte, um die gesamte Aufmerksamkeit seiner Mutter zu fesseln. Sie hörte weder sein Ehrenwort noch bemerkte sie den Rucksack, den er sich über die Schulter warf. Eigentlich brauchte er momentan nicht den ganzen Inhalt, das war schließlich nur ein Erkundungsausflug. Aber er nahm ihn zur Sicherheit trotzdem mit.
    Er eilte zum Auto und fuhr die kurze Strecke zum Cha
Chicken. Eine Pizza wäre ihm lieber gewesen, aber er hatte nicht vorbestellt und keine Zeit zu warten. Musste er sich eben mit einem Burger Meal zufriedengeben. Er überlegte, ob er während der Fahrt schon mal mit den Pommes anfangen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Besser noch warten.
    Er fuhr mustergültig: immer unter dem Speed-Limit, hielt hübsch Abstand zum Vordermann, blinkte rechtzeitig, bevor er abbog, und schaute vorschriftsmäßig in sämtliche Spiegel, ehe er die Spur wechselte.
    Nach links in die Gilbert Avenue, nach rechts in die Dove Street. Sein Schwanz zuckte. Sollte er es wagen, ihn auszupacken? Er umklammerte das Lenkrad, fest entschlossen, stark zu bleiben – wenigstens vorläufig. Aber auch das fand er erregend. Er spürte, wie sich sein Anus zusammenzog. Seine Eier wurden heiß und begannen zu schwitzen. Was gäbe er jetzt nicht dafür, wenn sie jemanden anblasen würde! Einmal tief ausatmen, so wie Sharon Stone in Basic Instinct Zigarettenrauch ausblies. Nicht einfach durch die Nasenlöcher, so wie seine Mutter.
    Nach links in die Snow Street. Er setzte den Blinker, fuhr aber noch etliche Meter weiter, bevor er behutsam am Straßenrand stehen blieb. Er musste nachdenken. Auch jetzt fasste er sich nicht an. Später. Stattdessen holte er zwei Pommes frites aus der Papierverpackung und leckte sie einzeln
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