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Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Titel: Geopfert - [Gus Dury ; 1]
Autoren: Carl Hanser Verlag
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überhaupt nichts hat irgendetwas mit dir zu tun.«
    Er schüttelte meine Hand ab, widmete sich wieder der Flasche. »Was weißt du schon? Du verstehst gar nichts. Habe ich dich nicht auf diese Sache angesetzt? Habe ich das nicht alles ins Rollen gebracht? Herr im Himmel, war Billy nicht mein Sohn!« Ein Zittern durchfuhr ihn vom Kopf bis in die Zehenspitzen, und er begann zu weinen. »Wenn ich mir das Mädchen da drüben ansehe, Gus, weißt du, was ich dann sehe?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Was siehst du?«
    »Diese Mädchen … all diese armen jungen Mädchen.«
    »Col … mach das nicht!«
    Er tobte weiter. »Nein. Billy hat diese Mädchen ins Land geholt, er hat Leid und Unglück über sie gebracht – er und dieses ganze Pack. Wie kann nur ein Sohn, den ich großgezogen habe, sich all dieses Unglücks schuldig gemacht haben?«
    »Tu’s nicht. Tu dir das nicht an.« Ich wollte ihn aufhalten. Wollte, dass er sich wieder in den Griff bekam, denn jedes einzelne seiner Worte fühlte sich an wie ein weiterer Säuretropfen auf meinem eigenen Gewissen. »Wir müssen jetzt beide für Amy stark sein. Wir müssen sie von hier fortschaffen. Es ist nicht fair dem Mädchen gegenüber, wenn sie einen von uns zusammenbrechen sieht; ich werde einstecken, was auf mich zukommt, aber, um Himmels willen, halten wir sie da raus.«
    Col stellte das Glas ab, schien sich zu sammeln.
    »Was soll ich tun?«
    »Sie muss hier weg … Hast du noch das Geld von Billy?«
    »Natürlich. Ich würde es niemals anrühren.«
    »Dann gib mir jetzt etwas davon.«
    Ich ging zu Amy, schaltete den Fernseher ein, um sie vielleicht ein wenig abzulenken. Sie trank in kleinen Schlucken von ihrem Kaffee, kam langsam wieder zu sich. Sie war zäh, das wusste ich, sie würde aber trotzdem einige Zeit brauchen, um über diese Geschichte hinwegzukommen. Zeit jedoch war das, was wir definitiv nicht hatten.
    Col tauchte mit Billys Nike-Sporttasche auf und gab sie mir. Er warf mir einen Blick zu, wie ich ihn noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Blicke wie dieser, stellte ich mir vor, waren in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs gewechselt worden, kurz bevor zwei Kumpel sich zum Angriff hinauswuchteten.
    »Erledigt«, sagte Hod. Als er durch die Tür kam, fügten sich meine Gedanken zu einem größeren Bild zusammen.
    Ich ergriff seinen Arm. »Schön, ich muss kurz mit dir reden.«
    Ich zog ihn an die Theke, ließ Amy bei Col, sagte ihm, er solle beim Kaffee für ausreichend Nachschub sorgen.
    »Hod, schaff sie von hier fort«, sagte ich. Ich reichte ihm ein Bündel Geldscheine. »Steigt in einen Flieger – nach Paris, Agia Napa, egal wohin.«
    Er nahm das Geld. »Das war’s dann also – es ist vorbei, wir geben einfach klein bei.«
    »Da ist schon wieder dieses Wörtchen wir . Ich bin derjenige, der diese ganze Sache überhaupt erst ausgelöst hat.«
    »Und was ist mit der Suche nach Gerechtigkeit für Billy?«
    »Billy hat seine eigene Art von Gerechtigkeit gefunden.«
    »Das heißt was?«
    »Er war nicht direkt der nette Kerl von nebenan. Stell dir vor, Hod.«
    Hod zog den Kopf ein, versuchte eine andere Taktik. »Und was ist mit Col?«
    »Er weiß besser Bescheid als jeder andere.«
    »Ich halte es für falsch, Gus, nachdem wir so weit gekommen sind.«
    »Lass es, ja?«
    »Du lässt sie vom Haken, Gus. Billys Mörder geht straffrei aus, und nichts hat sich geändert. Nichts an dem skrupellosen Geschäft, das vom Elend dieser Mädchen profitiert.«
    »Hod, ich sag’s dir – lass es sein!«
    Er starrte mir in die Augen. Ich wandte mich ab. Als er an mir vorbeiging, rempelte er mich hart an. Ich wirbelte herum, wäre fast zu Boden gegangen.
    »Ich werde Amy sagen, was wirklich von dir zu halten ist«, sagte Hod.
    »Ich wünschte, du würdest das tun.«
    »Ich dachte, ich hätte dich besser gekannt, Gus. Dachte, du würdest niemals kampflos zu Boden gehen.«
    Falls mir eine passende Antwort durch den Kopf zog, bekam ich es nicht mit.
    Auf dem Fernsehbildschirm tauchte Zalinskas’ Gesicht auf. Der Fall war abgeschlossen.
    Ich lief in den Nebenraum, stellte mich unter den Fernseher.
    »Ich fass es nicht«, sagte Col. »Er ist freigesprochen worden.«
    Ich wusste, dass jetzt jeden Moment die absolute Hölle losbrechen konnte. »Hod, schaff sie gottverdammt weg von hier … Sofort!«

I ch bereitete mich auf das Schlimmste vor.
    Ich erzählte Col alles, was ich über Billy und den Fall in Erfahrung gebracht hatte. Ich informierte ihn über Nadja und
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