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Generation Wodka

Generation Wodka

Titel: Generation Wodka
Autoren: Marcus Mockler , Wolfgang Büscher , Bernd Siggelkow
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ja eben möglichst schnell getrunken werden. „Trinken, erbrechen, weitertrinken bis zum Umfallen“ – das ist das Motto der Generation Wodka.
    Die Statistik zeigt beim Thema „Kontakt mit Alkohol“ eine rasant ansteigende Kurve in den Teeniejahren. Bis zu einem Alter von 15 Jahren haben knapp 40 Prozent aller Kinder und Jugendlichen noch keinen Alkohol ausprobiert. Dann allerdings wird in kürzester Zeit in den meisten Köpfen ein Schalter umgelegt. Ab dem 15. Geburtstag greifen sie häufiger zum Glas. In der Altersgruppe der 16- bis 17-Jährigen sind es nur noch 6,5 Prozent, die noch nie Alkohol getrunken haben. Das hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ermittelt. Die sogenannte „Drogenaffinitätsstudie“ wird seit 1973 regelmäßig im Abstand von drei bis vier Jahren durchgeführt. 3
    Die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die irgendwann schon einmal Alkohol getrunken haben, haben auch in den letzten 12 Monaten Alkohol konsumiert. Will sagen: Die Erfahrung mit Schnaps, Bier und Wein bleibt nur in den seltensten Fällen einmalig – in der Regel wiederholt sie sich. Insbesondere die Jugendlichen in der Altersgruppe der 16- bis 17-Jährigen weisen einen deutlich höheren Verbrauch an Alkohol auf als die 12- bis 15-Jährigen. In dieser Phase des Ausprobierens trinkt gut ein Drittel dieser Altersgruppe regelmäßig. Das ist dann interessanterweise ein Wert, der sich auch bei älteren Jugendlichen nicht mehr steigert.
    Was sich beruhigend anhört, erweist sich allerdings als tückisch. Denn während die Statistik uns einflüstert, dass es ab einem gewissen Alter nicht mehr schlimmer wird, hat es innerhalb der Trinkergruppe in den vergangenen Jahren einen dramatischen Schub gegeben. Diejenigen, die früher viel getrunken haben, trinken heute sehr viel; diejenigen, die früher sehr viel getrunken haben, tauchen heute regelmäßig ins Koma ab. Die Generation Wodka wächst.
Immer früher, immer mehr
    Leider gibt es auch in frühen Jahren Extremfälle: Ein siebenjähriger Junge ist zum Beispiel im November 2009 in Berlin mit einer lebensgefährlichen Alkoholvergiftung in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Passanten hatten das von Krämpfen geschüttelte Kind auf einem Spielplatz gefunden. Es soll sich gemeinsam mit seinem zwei Jahre älteren Bruder betrunken haben. Den Alkohol hatten die Kinder von älteren Jugendlichen erhalten. Von solchen Alkoholexzessen liest und hört man inzwischen immer wieder in den Medien.
    Saufen die Kids also heute mehr als zum Beispiel vor 40 Jahren? Das kann man so nicht sagen. Insgesamt ist der regelmäßige Konsum bei Minderjährigen in den vergangenen Jahren zurückgegangen, sogar sehr deutlich, von 44 Prozent im Jahr 1979 auf 29 Prozent im Jahr 2008. Warum das so ist, machen die folgenden Zahlen deutlich: Der Konsum von harten Getränken, also Spirituosen und alkoholischen Mixgetränken, ist seit 1986 nahezu konstant geblieben. Der Konsum von Bier und Wein ist aber eingebrochen. Bei Bier von 38 Prozent im Jahr 1979 auf 22 Prozent 2008. Bei Wein sind die Zahlen aus der Sicht der Winzer noch dramatischer. Der Weinkonsum sank im gleichen Zeitraum von 17 Prozent auf 5 Prozent. Das belegt eine Studie der KPMG, einem Netzwerk von Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen. 4
    Diese Zahlen wirken auf viele Verantwortliche wie Baldrian, denn sie suggerieren, dass das Problem abklingt. Für einen Teil der Bevölkerung mag das auch stimmen – für einen anderen Teil aber nicht. Während ein Teil der jungen Menschen heute vielleicht sogar vernünftiger mit Alkohol umgeht als früher ihre Eltern, driftet der andere Teil in immer verheerendere Rauschorgien ab. Das „Binge“-Trinken, das Komasaufen, kannte man in dieser Form vor einigen Jahren noch nicht.
    Realistischerweise muss man sagen: Nicht alle Jugendlichen, die hin und wieder mal ein Bier trinken, sind alkoholsuchtgefährdet. Als Rauschtrinken wird, wie der Name schon sagt, ein Alkoholkonsum in einer Menge bezeichnet, die zu einem Rausch führt.
    Doch ab wann spricht man eigentlich von einem Rausch? Bei einer nur leicht spürbaren Beeinträchtigung reden wir eher von einem Schwips. Und der gilt in unserer Gesellschaft – leider – als eher erheiternd, auch wenn man dabei schon nicht mehr im Vollbesitz seiner körperlichen und geistigen Kräfte ist.
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