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Geliebter Rebell

Geliebter Rebell

Titel: Geliebter Rebell
Autoren: Heather Graham
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einen mürrischen jungen Mann mit dünnem Bart und Minderwertigkeitskomplexen. Als er Gayles Begeisterung bemerkte, taute er auf. Er erkannte, dass sie ihm tatsächlich helfen konnte, und nun bemühte er sich mit Feuereifer, ihre Wünsche zu erfüllen.
    Vor etwa einem Jahr waren seine Werke zum erstenmal in der Sable-Galerie ausgestellt worden. Und danach hatte Ralph ihr die Meereslandschaften geschenkt.
    Der Anblick dieser Gemälde hob immer wieder ihre Stimmung. Seufzend schlüpfte sie aus den Schuhen, ließ sie vor den Bildern stehen und ging in Strümpfen zum Sofa. Sie setzte sich und sah ihre Post durch. Zwischen Werbesendungen und Rechnungen fand sie einen Brief von Sally Johnson, und ihr Herz begann schneller zu schlagen. Hastig schlitzte sie das Kuvert auf. Das kurze Schreiben enthielt keine besonderen Mitteilungen. Sally und ihrer Familie ging es gut. Sie hatte von der bevorstehenden McCauley-Ausstellung gehört und freute sich über Gayles Erfolg.
    Wehmütig ließ Gayle den Brief sinken und schloss die Augen. Wie gut sie sich immer noch an Thane erinnerte – viel zu lebhaft… Gross, jung, temperamentvoll, aufregend und so selbstsicher… Fast zwei Jahre lang hatten sie zusammen gewohnt. Sie war bis über beide Ohren verliebt gewesen. Jedes Mal, wenn er heimkam, trafen sie einander in der Halle und küssten sich. Bei Kerzenlicht aßen sie zu Abend, am Boden, weil nur wenige Möbel im Haus standen. Sie waren jung und ungestüm und manchmal eifersüchtig gewesen, aber sehr glücklich – am Anfang.
    Dann hatte Thane zu trinken begonnen und Drogen genommen. Er konnte nicht malen und ertränkte seinen Kummer im Alkohol. Und wenn etwas anderes schief lief, versank er im Kokainrausch. Gayle warnte ihn vor den Gefahren, die seiner Gesundheit drohten, und erklärte, er würde die Beziehung kaputtmachen. Auch Geoffrey sprach mit ihm. In ihrer Verzweiflung erwog sie sogar, sich an seine Eltern und seine Zwillingsschwester Sally zu wenden.
    Für Thane gab es keinen Lebensinhalt mehr. Einmal schleuderte er sie in einem Wutanfall quer durchs Zimmer. Da verließ sie ihn. Einen Monat später starb er an einer Überdosis.
    Beim Begräbnis litt sie unter heftigen Schuldgefühlen. Sally versicherte, Gayle habe nichts tun können, um die Tragödie zu verhindern. Seine Mutter fragte sie hoffnungsvoll, ob sie schwanger sei. Gayle wurde gezwungen, sein Gesicht im offenen Sarg zu betrachten. Irgend etwas an diesem Augenblick hatte sie zu einem Entschluss bewogen. Sie wollte wieder jemanden lieben. Aber nicht so heiß und innig. Und ganz gewiss keinen Künstler.
    Als einzige ihrer Freundinnen und Bekannten freute sie sich auf einen Abend mit einem Buchhalter oder Banker, auf die Normalität. Mit Thane waren zu viele ihrer Gefühle gestorben. Sie schätzte ihre Unabhängigkeit, ihren Lebensstil. Zumindest war ich bisher zufrieden, dachte sie und runzelte verwirrt die Stirn. Sie erinnerte sich an das Gemälde, an die Emotionen, die es in ihr wachgerufen hatte, und lächelte schmerzlich. Hatte sie für Thane so viel empfunden, wie es dieses Bild der beiden Liebenden ausdrückte? War er fähig gewesen, sie so tief zu lieben?
    »Vielleicht kann niemand so intensiv lieben«, flüsterte sie.
    Aber instinktiv wusste sie, dass es ganz besondere Menschen gab, die zu solchen Gefühlen fähig waren.
    Das Telefon läutete. Ehe sie den Hörer abhob, nahm sie sich vor, Sallys Brief bald zu beantworten.
    »Gayle! Wie gut, dass du schon daheim bist!« Es war Tina.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Schätzchen.«
    »Danke. Bist du fertig?«
    »Fertig? Ich bin eben erst nach Hause gekommen. Und ich dachte, wir gehen nicht vor acht aus.«
    »Wir haben einen Tisch fürs Dinner im neuen Club beim Sheraton reservieren lassen. Hat Liz dich nicht angerufen?«
    »Nein.«
    »Nun, dann zieh dich rasch um. In zwanzig Minuten holt sie mich ab, und in einer halben Stunde sind wir bei dir. Mach dich fein, okay? Männer dürfen da nur mit Krawatte rein, also sollten wir die Gelegenheit nutzen.«
    »Ich hab’ nichts Passendes…«
    »Du hast mehr Kleider als Macy’s im ganzen Laden. Immerhin ist heute mein Geburtstag, also find’ was!«
    Gayle wollte erwidern, sie könne unmöglich in dreißig Minuten fertig sein, aber ihre Freundin hatte bereits aufgelegt.
    Fluchend rannte sie ins Schlafzimmer und inspizierte den Inhalt ihres Schranks. Sekundenlang betrachtete sie ein rückenfreies schwarzes Seidenkleid, schob es beiseite und begutachtete es noch
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