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Geliebte Schwindlerin

Geliebte Schwindlerin

Titel: Geliebte Schwindlerin
Autoren: Barbara Cartland
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mit deinen Gefühlen zu spielen, schlage ich ihm den Schädel ein!“
    Seine Stimme klang so grimmig entschlossen, daß Minella vor Wonne erschauerte, weil sie einen Vater hatte, der ihre Ehre verteidigen würde wie der Ritter in der schimmernden Rüstung.
    Nun konnte er ihr nicht mehr beistehen, und sie mußte selbst auf sich aufpassen.
    Je näher der Zug der Hauptstadt kam, desto überzeugender war sie, einen Fehler begangen zu haben.
    London war riesengroß und furchterregend. Die endlosen Häuserreihen, die sie vom Zug aus sehen konnte, verwirrten sie.
    „Ich hätte doch zu Tante Esther fahren sollen“, sagte sie sich, doch dann versuchte sie, sich selbst Mut zu machen, indem sie sich einredete, im Falle eines Scheiterns in London könnte sie immer noch in diesen sauren Apfel beißen.
    Wohlweislich hatte sie Lady Banton in ihrem Dankesbrief verschwiegen, daß sie sich für London entschieden hatte, und statt dessen erwähnt, sie wolle einige Freunde besuchen und sich in Ruhe überlegen, wie es weitergehen sollte.
    Sie wußte, daß ihre Tante von Neugier geplagt sein würde, und hatte deshalb keine Adresse angegeben, unter der sie zu erreichen sein würde.
    „Wenn Connie mir nicht helfen kann“, nahm Minella sich vor, „werde ich mir irgendeine billige, solide Pension suchen und mich dann nach einer Stellung umschauen.“
    Sicher würde Connie ihr zumindest in diesem Punkt weiterhelfen können. Notfalls würde sie sich an die nächste Pfarrei wenden, wie man es auf dem Lande zu tun pflegte.
    In London war das vielleicht anders, aber Kirchen gab es genügend, also auch entsprechend viele Pfarreien, an die sich auch in der Großstadt Menschen wenden konnten, die in Not waren.
    „Ich schaffe es schon“, sprach Minella sich selbst Mut zu.
    Das unbehagliche, beklemmende Gefühl in der Brust konnte sie trotzdem nicht ganz unterdrücken. Es verriet ihr, wie nervös sie war.
    Der Lärm und das Gedränge auf dem Bahnhof lösten bei ihr große Verwirrung aus. Sie kam sich verloren vor und war froh, als ein älterer Gepäckträger sich ihrer erbarmte und sie fragte, ob er ihr helfen könne.
    „Ich habe zwei Koffer im Gepäckwagen“, sagte sie. „Mein Name ist Clinton-Wood.“
    „Ich hol’ Ihnen Ihren Kram, Miß“, sagte er. „Und Sie rühren sich besser nicht von der Stelle und lassen sich von niemanden ansprechen.“
    Ohne ihre Antwort abzuwarten, lenkte er seinen Karren zum Gepäckwagen des Zuges und überließ es ihr, sich einen Vers auf seine merkwürdige Warnung zu machen.
    Wer hätte sie denn ansprechen sollen? überlegte sie sich.
    Ob er damit irgendwelche Taschendiebe meinte, über deren Unwesen auf Bahnhöfen sie in der Zeitung gelesen hatte? Unwillkürlich preßte sie die Handtasche, die ihrer Mutter gehört hatte, fester an sich.
    Sie enthielt nicht viel Geld, denn Minella war vernünftig genug gewesen, den größten Teil der Summe von hundert Pfund, die Mr. Mercer ihr übergeben hatte, auf die Bank einzuzahlen.
    Was sie bei sich hatte, genügte, um ihre Unkosten zu decken, aber sie mußte äußerst sparsam damit umgehen.
    Mit beiden Händen hielt sie ihre Tasche umklammert, als der Dienstmann zurückkam und ihre beide Koffer brachte.
    „Da sind sie, Miß“, sagte er. „Und wie soll’s nun weitergehen?“
    Minella zog einen Zettel aus der Handtasche, auf dem sie sich Connies Adresse notiert hatte.
    „Da möchte ich hin. Ist es weit von hier?“
    Der Mann las die Adresse sorgfältig durch. „Wird Sie einen Schilling kosten“, schätzte er, „und zwei Pennies extra für den Kutscher.“
    „Vielen Dank, daß Sie mich darauf aufmerksam gemacht haben“, sagte Minella. „Ich fürchte, ich kenne mich mit den Gepflogenheiten hier nicht gut aus, denn ich war noch nie in London.“
    „Dachte ich mir gleich“, meinte der Dienstmann trocken. „Sie sahen ziemlich verloren und ängstlich aus. Warum sind Sie nicht auf dem Land geblieben, wo sie hingehören?“
    „Ich muß mir eine Arbeit suchen.“
    Einen Augenblick schwieg der Mann, während er seinen Karren durch die Menge schob. „Haben Sie jemand, der Ihnen dabei helfen wird?“ wollte er dann wissen.
    „Das … das hoffe ich.“
    „Auf jeden Fall sollten Sie sich vorsehen“, warnte er. „Ich hab’ ’ne Tochter in Ihrem Alter und bin ständig in Sorge um sie. London ist nicht das richtige Pflaster für junge, hübsche Mädchen, das ist gewiß.“
    „Aber der Mensch muß essen“, sagte Minella, „und das bedeutet in meinem Fall, daß ich
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