Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers
Autoren: Marjorie M. Liu
Vom Netzwerk:
leisen Töne eines Pianos, das Klicken von hohen Absätzen und das Klingeln von feinem Chinaporzellan. Die Decke - mehr als dreißig Meter über ihm — schien zu schweben und strahlte einen warmen Glanz aus, der von winzigen Lampen stammte, die in Kugeln in das gefleckte Weiß eingelassen waren. Hinter den Aufzügen führte ein breiter Korridor direkt zum Foyer. Männer und Frauen in Anzügen und Abendkleidern belebten ihn; sie strahlten eine lässige Eleganz aus, waren für eine Nacht in der Stadt gekleidet, für die tropische Hitze, ganz so, wie es von den Wohlhabenden und Vornehmen verlangt wird, die weit entfernt von der Straße leben, dieser universellen Gosse, mit der Dean so vertraut war: Gewalt, Armut und guter, altmodischer Dreck.
    Einige Leute sahen Dean an, als gehöre er genau zu dieser Art von Schmutz. Was ihm nichts ausmachte. Er kannte die Spielregeln. Und hatte nichts weniger erwartet. Drei illegal eingeschmuggelte Waffen, geladen und einsatzbereit. Dean konnte sie bereits in seinen Händen fühlen, selbstverständliche, perfekte Verlängerungen seiner Gliedmaßen. Genau genommen das Beste an ihm. Zusammen mit seinem Verstand.
    Er lockerte die Kontrolle über seine Sinne, als er durch das Foyer ging, auf einem verschlungenen Weg, der ihn direkt durch die Menge führte. Seine Schilde sanken hinab, und die Welt veränderte sich: Fleisch schmolz zu Licht, Körper verwandelten sich in wabernde Kometenschweife und zogen Säulen aus Energie und Streifen, die wie Fäden in der Luft aussahen, hinter sich her. Fußabdrücke, Fingerabdrücke, Seelenabdrücke ... Echos der Lebenden, verweilende Vibrationen, die zu einem Fetzen Jazz zitterten. Er fühlte sich wie ein Musiker, als er durch das Licht schritt, die Welt schmeckte und versuchte, die richtige Farbe und Note zu finden, die geeignete Kombination aus Identität und Mord.
    Aber es war Zeitverschwendung. Er fand kein Feuer, als er durch die Augen der Menschen um ihn herum starrte. Er fand keinen Tod, als er die verblassenden Spuren der Energie durchschritt, die das Foyer durchkreuzten. Er spürte gar nichts, als er den Aktionen jedes einzelnen Mannes und jeder Frau nachspürte, die in den letzten Tagen über diesen Boden gegangen waren. Bilder zuckten durch seinen Kopf, unanfechtbare Zeugnisse, ferne Blicke, die weder von der Distanz noch von der Zeit behindert wurden. Harter Sex, Kämpfe, Partys, nationale Monumente und Designerläden. Das Innere von Limousinen und Dance Clubs, Zigarettenrauch und weinende Babys. Nichts Belastendes. Große Langeweile. Es gab nicht eine Person, an die man eine Kugel hätte verschwenden können.
    Was hast du denn erwartet? Eine Pause in dem Fall? Ein Wunder? Wenn alles andere an diesem Auftrag bisher nur ein Haufen Scheiße war?
    Tja. Nichts sprach dagegen, optimistisch zu sein. Vor allem jetzt nicht, da er so vollkommen und unwiderruflich im Arsch war.
    Keine Spuren in meinem Zimmer, nichts im Flur. Ich habe gebrannt, als hätte mir jemand einen Flammenwerfer in den Hintern gesteckt, jemand hat mir in die Brust geschnitten - und der Mistkerl hat nicht mal eine Spur hinterlassen. Scheißunzivilisiert.
    Und unnatürlich. Wie alles andere, dem Dean in den letzten drei Tagen begegnet war. Er war schon bei anderen besonders schwierigen Fällen gescheitert, aber noch nie so wie hier. In Taipeh trieb ein Killer sein Unwesen, ein Brandstifter und Psychopath, ein grausamer, rachsüchtiger Hundesohn. Aber den Mann zu verfolgen war dasselbe, als würde man einem Geist nachjagen. Die Kreatur ließ keinerlei Energie zurück, schien nicht zu existieren. Dean hatte auch an den verschiedenen Tatorten keinerlei Spur von ihm gefunden, nur Eindrücke der übrig gebliebenen Vibrationen der Toten, ihre letzten Visionen, die Welt um sie herum, während sie brannten. Und das Gefühl, dass ein Mann sie beobachtete. Ein Mann mit dunklen Augen.
    Keine sonderlich brauchbare Beschreibung. Aber er hatte nun mal nichts anderes in der Hand. Keine der Energien, die das Foyer füllten, kitzelte Deans Hirn, als er das Licht einsog, nichts war vertraut, ja, nicht einmal der kleinste Instinkt regte sich in seinem Bauch. Da. Du könntest ihn genauso gut direkt vor der Nase haben.
    Er blendete seine innere Sicht aus, und die Welt zuckte in ihre alte Form zurück. Die Menschen hatten wieder Körper; das Material besaß Form, Substanz. All diese Teile der Energie waren unsichtbar. Er wünschte sich fast, es wäre nicht so. Es gefiel ihm, die Menschen nur als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher