Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers
Autoren: Marjorie M. Liu
Vom Netzwerk:
eine Frau, die nackt vor einem Computer saß, Abwasch, Streit und Sex, Leben, die ruhig wirkten, wild, einsam ...
    ... gewalttätig ...
    ... tödlich ...
    Dean erstarrte. Es war nur ein kurzer Moment, eine schreckliche Vorahnung. Er war so schnell durch diese Spur gegangen, dass er nur für diese Wahrnehmung Zeit gehabt hatte.
    Nein, dachte er. So viel Glück habe ich nicht. Niemals.
    Nie im Leben, keine Chance, auf gar keinen Fall. Nicht nach drei Tagen und einer persönlichen Apokalypse. Dean drehte sich um und sah genauer hin. Das Licht verwob sich; er konnte unmöglich herausfinden, welchen Faden er berührt hatte; er wusste nur, dass er sich hier befand, in diesem Durcheinander.
    Dean holte tief Luft, konzentrierte sich, versuchte seinen Herzschlag und seine zitternden Hände zu beruhigen. Die Wunde auf seiner Brust pochte, aber er unterdrückte den Schmerz, die Erinnerungen daran, die Unsicherheit. Keine Furcht, keine Zweifel. Jetzt nicht. Dean schluckte und machte einen Schritt. Suchte nach einem Opfer.
    Die Reaktion erfolgte sofort; sie war wie ein Schlag in den Unterleib. Die Bilder überwältigten ihn. Dean zwang sich, ruhig stehen zu bleiben, aber der Ansturm war gewaltig, stärker als alles, was er bisher empfunden hatte. Er wollte schon weglaufen, sich abwenden, seinen Verstand verschließen. Stattdessen akzeptierte er den Geschmack von Asche auf seiner Zunge, die Vision eines dunklen Raumes, eines Körpers auf dem Boden. Er war wie eine Mumie in Klebeband eingewickelt und in klebrige graue Bandagen gehüllt. Der Boden um den Körper war schwarz und nass, der Körper selbst fast nur noch ein Torso; wie eine Kartoffel mit abgeschnittenen Keimen.
    Bewegung. Die Silhouette eines hünenhaften Körpers vor einem Fenster. In der einen seiner dicken Hände einige Blätter, ein Foto, das Gesicht war zu verschwommen, um es zu erkennen. In der anderen Hand ein dicker Plastikbeutel - aus einem Buchladen. Er war offen, Dean konnte hineinsehen. Er sah Blut. Und anderes Zeug.
    Und dann ... Licht. Feuer.
    Dean setzte sich in Bewegung, rannte aus dem Faden, aber das Echo blieb wie ein Abdruck in ihm, in seinen Verstand eingeprägt, eine kreischende Leine, die ihn wie ein Seil zog und an ihm zerrte. Koni rief etwas, war plötzlich neben ihm, rannte mit ihm in einen schmalen, unbeleuchteten Gang zwischen einem Kleiderladen und einem DVD- Shop. Dean ließ sich von seinem Instinkt führen, während die Leine, die an ihm zerrte, in seinem Kopf riss. Es stank ranzig; er konnte kaum etwas sehen, aber vor ihnen flackerte eine Neonröhre über einer breiten Metalltür. Bingo.
    Dean griff unter sein Hemd, zog die Pistole aus dem Halfter und reichte sie Koni. Aber der Gestaltwandler nahm die Waffe nicht.
    »Ich verwende keine Pistolen«, erklärte er keuchend.
    »Willst du mich verarschen?«, stieß Dean hervor. »Seit wann das denn?«
    »Ich dachte, du wüsstest es. Ich habe es Roland gesagt, als er mich eingestellt hat. Deshalb setzt er mich meist auch nur für Überwachungen ein.«
    »Scheiße.« Dean entsicherte die Waffe. »Das hat mir keiner gesagt. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass du Waffen benutzt.«
    Koni verdrehte kurz das Handgelenk, und das Messer blitzte in seiner Handfläche auf. Dean wusste nicht, wie er es versteckt hatte - schließlich trug er nur ein ärmelloses Tanktop.
    »Heuchler«, sagte er.
    »Wir haben nur eine unterschiedliche Philosophie«, erwiderte Koni und warf einen Blick über die Schulter. »Die beiden Kerle folgen uns nicht.«
    Das war nicht gut. Diese Männer würden doch nicht einfach aufgeben. Es sei denn, sie hatten einen guten Grund dafür. Und jeder Grund, der für sie gut war, konnte für Dean und Koni nur schlecht sein.
    Die Tür des Mietshauses war nicht verschlossen. Sie stürmten hinein und rannten die Treppe hoch. Dean versuchte den vertrauten Faden zu finden, streckte seine Wahrnehmung in den Raum zwischen ihm und der Präsenz des Opfers. Er erhaschte einen Blick und sah, dass ihre Zielperson nicht mehr in der Wohnung war. Über ihnen ertönte ein Schlurfen, ein langes, lautes Schlurfen.
    Dean packte Konis Schulter. Die beiden Männer blieben stehen und lauschten schwer atmend. Die Person über ihnen blieb auf der Treppe stehen. Aber statt herunterzukommen, stieg sie noch weiter hoch. Und zwar schnell.
    »Scheiße«, zischte Dean. Seine Beine und seine Brust schmerzten. In dieser Hitze bekam er kaum Luft, und wenn er lief, war es noch schlimmer. Koni drängte sich an ihm vorbei,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher