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Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Titel: Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen
Autoren: Wolfgang Wissen
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sie mir schenken.“
    Also, liebe Katholiken, liebe Protestanten, die Ihr auch alle jenen Jesus anbetet: Ich an Eurer Stelle würde diese Kirche der herzlichen Unehrlichkeit oder wie der Laden heißt verklagen! Laut Grundgesetz sollte das möglich sein, weil hier der Straftatbestand der Blasphemie erfüllt sein dürfte. Also überlegt’s Euch!
    Das glaubte mein Klassenkamerad doch gerade nicht alles wirklich, was er da absonderte, oder? Und wenn doch, warum hatte das beim Einstellungstest keiner gemerkt, dass mit dem was nicht ganz rund lief? Mir kam ein Verdacht … Vielleicht hatte jener Namensvetter von mir ja a uch so einen Hans, der für ihn die – nennen wir es einmal so – Aufnahmeformalitäten für die Einstellung bei der Post erledigt hatte? Das würde einiges erklären und die Verantwortlichen von aller Schuld freisprechen.
    Was mir dummerweise für die nächsten zwei Jahre nicht weiterhelfen sollte. Denn sämtliche Klassenkameraden hatten den „Jesus lebt!“-Sticker früh genug wahrgenommen und hatten Wolfgang deswegen nie auch nur im Entferntesten auf das Thema Religion angesprochen. Und auch nicht auf seinen Körperbau…
                  Deshalb gingen sie auch jeden Freitag versammelt zu McDonalds, während ich mit meinem Namensklon durch Düsseldorfs Straßen spazierte und tapfer sämtliche Bekehrungsversuche abwehrte. Ich war halt immer schon zu gut für diese Welt, sonst hätte ich den Typen, dem natürlich jeglicher Fleischgenuss, ob nun tierischen oder menschlichen Ursprungs, untersagt war, allein rumlaufen lassen und wäre mit zu Mäckes gegangen. So tröstete ich mich damit, dass es immer schlimmer kommen könnte im Leben. Zum Beispiel: T äglich Postschule … und täglich Mittagspause.
                  Aber die zwei Ausbildungsjahre gingen bekanntlich vorüber, ich war immer noch offiziell katholisch (sollte jedenfalls noch eine Weile so in meiner Lohnsteuerkarte stehen) und nach dem letzten Tag des Abschlusslehrgangs sah ich Wolfgang Ulrich nie wieder. Er wird wohl immer noch irgendwo auf sein persönliches Armageddon warten, damit er endlich seine vom Gottessohn persönlich Auserwählte kennenlernen kann.
                 
    Gibt schon Bekloppte… Das dachte nicht nur ich, als sich Jahre später folgendes abspielte:
                  Ein Vormittag wie jeder andere. Es dürfte gegen zehn Uhr gewesen sein, größtenteils Hausfrauen zwischen Esseneinkauf und Essenkochen sowie Rentner bevölkerten die Schalterhalle – das übliche Publikum halt. Die meisten Gesichter kannte man, denn viele kamen täglich zur Post, was sicherlich auch oft aus purer Langeweile geschah, denn es wäre sicher bequemer, einmal zehn Marken zu kaufen als an zehn Tagen jeweils eine. Es gab sogar Leute, die eröffneten fast täglich ein Postparbuch. Man glaubt gar nicht, wie viele es gibt, die zu Jahresbeginn mit einem dezimeterhohen Stapel dieser blauen Heftchen erschienen um ihre Zinsen nachtragen zu lassen.
                  Also, man kannte seine Pappenheimer. Auch an jenem Vormittag. Bis auf diese dunkel gekleidete Gestalt, die da mitten in der Halle stand und sich weder regte noch bewegte – sie stand einfach nur da rum in ihrem kuttenähnlichen Mantel mit dem großen Hut auf dem Kopf. Die Gestalt war auf jeden Fall ein Mann, das konnte man im Menschengewimmel, das um ihn herum wuselte, erkennen. Aber warum dieser weite, lange Mantel?
    Nun waren wir damals noch weit von den Zeiten entfernt, in denen Flugzeuge in Hochhäuser fliegen, und so bekamen auch nur wenige Menschen gleich Neurosen, wenn mal einer ihrer Mitbürger ein etwas anderes Verhalten an den Tag legte als sie selbst. Aber dennoch: Was den USA ihre al Kaida, das war Deutschland seine RAF – Glasauge sei also wachsam!
    „So, Frau Pissowatzki…“ (Der Name ist nicht erfunden, genau so wenig wie die der damaligen Kunden Puff und Fickeis – man musste sich manchmal echt fest auf die Zunge beißen… ) „… jetzt hamm’se wieder’n bisken Rente. Aber nich‘ alles auf einmal auf’n Kopp hauen, hörense?“ Ein bisschen Sozialarbeiter war man in dem Job als Schalterkraft bei der Post schließlich auch. „Nee, nee, machen sie sich da mal keine Sorgen, ich gönn mir da wat schönes von. Morgen geht et ers‘ mal auf Kaffeefahrt innet Hunsrück davon!“
    Okay, ich wusste also, wo die Scheine endeten, die ich ihr soeben ausgezahlt hatte: in einem niegelnagelneuen Set hochwertigster Kochpötte
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