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Geklont

Geklont

Titel: Geklont
Autoren: C.J. Cherryh
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nicht weniger Expansionist als ihr Onkel. Irgend etwas hatte die Richtung geändert. Irgend jemand war gekauft worden, irgend jemand hatte die Andrus-Gesellschaft zu deFrancos Gunsten beeinflußt, und die Zentristen hatten ihre Chance verpaßt, ein fünftes Mitglied im Rat der Neun unterzubringen und zum ersten Mal in der Geschichte die Mehrheit der Exekutive zu stellen.
    Es war eine niederschmetternde Enttäuschung.
    Und dort, dort unten in der Halle, inmitten der Speichellecker und all der klugen jungen Gesetzgeber, befand sich diejenige, die an den Fäden gezogen hatte, an denen man mit keinem Geld der Welt ziehen konnte.
    Also ein politischer Vorteil. Jenes ungreifbare, unauffindbare Gut.
    Davon hing das Schicksal der Union ab.
    Er hegte nicht zum ersten Mal die erschreckendste aller Wahnvorstellungen, daß es irgendeinem Verrückten gelingen mochte, mit einer Pistole oder einem Messer die Treppe draußen hinaufzustürmen und ihr aller Problem auf einen Schlag zu lösen. Bei diesem Gedanken empfand er eine tiefgehende Beunruhigung. Aber das würde die Union neu formen. Es würde der Menschheit eine Chance geben, bevor es für immer zu spät war.
    Ein Leben - in diesen Maßstäben wog es sehr wenig.
    Er atmete tief durch. Er ging in die Ratskammer und plauderte höflich mit den wenigen, die gekommen waren, um die Verlierer zu bedauern. Er knirschte mit den Zähnen und ging hinüber, um Bogdanovitch artig zu gratulieren, der als Inhaber des Sitzes für das Staatsamt im Rat den Vorsitz führte.
    Bogdanovitch bewahrte einen vollkommen sanften Gesichtsausdruck. Seine freundlichen Augen unter den weißen Brauen entsprachen ganz dem Bild, das jeder von einem durch und durch vornehmen und kultivierten Großvater hatte. Nicht eine Spur von Triumph. Wäre er so gut gewesen, als er die Vereinbarung mit der Allianz aushandelte, wäre die Union jetzt im Besitz des Codes für Pell. Bogdanovitch war bei kleineren politischen Angelegenheiten immer besser. Und er war auch jemand, der sich hielt. Seine Wahlvertretung bestand aus lauter Fachleuten, den Konsulen, den Beamten, den Einwanderern, den Stationsverwaltern - eine winzige Anzahl von Leuten, um ein Büro zu besetzen, das mit weit weniger Einfluß begonnen hatte, als ihm schließlich Zuwachsen sollte. Gott, was hatten die Gestalter der Verfassung sich dabei gedacht, mit dem politischen System schöpferische Spielchen zu spielen? Das ›neue Modell‹ hatten sie es genannt; ›eine Regierung, die von einer sachkundigen Wahlvertretung zusammengesetzt wird‹. Und sie hatten zehntausend Jahre menschlicher Erfahrungen über Bord geworfen, ein elender Haufen von Sozialtheoretikern, einschließlich - einschließlich - Olga Emory und James Carnath, damals, als Cyteen fünf Sitze im Rat der Neun und die meisten im Rat der Welten innehatte.
    »Bist ein zäher Bursche«, sagte Bogdanovitch, schüttelte ihm die Hand und tätschelte sie.
    »Nun ja, die Wahlvertretung will das so«, erwiderte Corain. »Dagegen kann ich nicht an.« Er lächelte völlig  beherrscht. »Immerhin haben wir den bisher größten Stimmenanteil gehabt.«
    Eines Tages, du alter Pirat, eines Tages werde ich die Mehrheit haben.
    Und du wirst noch auf der Welt sein, um das zu erleben.
    »Die Wahlvertretung will das so«, sagte Bogdanovitch und lächelte noch immer, und Corain lächelte, bis ihm die Zähne schmerzten, dann wandte er sich von Bogdanovitch Jenner Harogo zu, auch einem von dieser Bande, der den mächtigen Sitz für Innere Angelegenheiten besetzte, und Catherine Lao, die das Amt für Information betreute, welches alle Bänder untersuchte. Natürlich.
    In diesem Moment stolzierte Emory herein, und sie ließen ihn mitten im Satz stehen, um sich ihrer Claque anzuschließen. Corain tauschte einen schmerzlichen Blick mit dem für die Industrie zuständigen Nguyen Tien von Viking aus; und mit dem fürs Finanzwesen zuständigen Mahmud Chavez von der Voyager-Station, beides Zentristen. Der Inhaber ihres vierten Sitzes, Admiral Leonid Gorodin, stand drüben im Gewühl seiner eigenen uniformierten Assistenten, denen man ihre Verstimmung anmerkte. Das Verteidigungs-Ressort war ironischerweise das am wenigsten verläßliche - Gorodin neigte am ehesten dazu, seine Position zu überdenken und ins Lager der Expansionisten überzuwechseln, wenn er Gründe fand, die halbwegs dafür sprachen. Gorodin war so einer, Zentrist nur aus dem Grund, weil er die neuen Militärtransporter der Excelsior-Klasse im nahen Weltraum
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