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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt
Autoren: Stacia Kane
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bildete eine schimmernde Lache um die Leiche, formte ein verwirrendes Muster aus rot umrandeten Fußspuren und war um die geborstenen Trümmer des Hundeschädels verschmiert. Scheiße! Kein Psychopomp. Ob er noch einen hatte?
    Der Älteste Griffin war blutüberströmt, ebenso Dana, deren Augen weit offen standen. Aber Chess war nicht die Einzige, die entschlossen war, etwas zu unternehmen. Danas Augen waren finster und von wilder Entschlossenheit erfüllt. Der Älteste Griffin sprühte förmlich vor Macht und Stärke.
    Chess erwiderte Danas Blick und deutete mit dem Kopf auf den Beutel. Dana nickte und trat einen Schritt vor.
    »Bei meiner Macht befehle ich dir, dich ruhig zu verhalten«, sagte sie, wobei sie jedes einzelne Wort laut und deutlich aussprach. »Ich befehle dir, an deine Ruhestätte zurückzukehren.«
    Als der Geist sich zu ihr umdrehte, wich Dana zurück, um ihn abzulenken. Chess schlich sich nach links hinüber, während sie versuchte, nicht die Aufmerksamkeit des Geistes zu erregen. Sie musste diesen Beutel in die Finger bekommen, oder sie würden alle draufgehen. Vielleicht würden sie sowieso sterben, dabei wollte sie  verdammt sein, wenn sie nicht wenigstens versuchen würde, sie zu retten. Das Leben mochte zwar ein Haufen Scheiße sein, aber die Stadt der Toten war noch viel schlimmer — ihrer Meinung nach jedenfalls -, und sie hatte nicht die geringste Absicht, sich dahin scheuchen zu lassen. Nicht heute.
    Ihre Füße in den steifen Schuhen rutschten in dem zähflüssigen Blut aus; der Gestank hing als kupfriger Hauch im Kräutergeruch in der Luft. Wie lange würden die noch brennen, und gab es irgendwo noch mehr?
    Der Geist steuerte auf Dana zu, die immer weiterredete und einen Strom von Machtworten ausstieß. Als er das Messer mit einer halb festen Hand packte, rann Blut die Klinge entlang und lief auf seine durchscheinende Haut. Betrachtete man es durch seine Gestalt hindurch, sah es aus wie schwarze Tinte.
    Sie warf einen Blick zu den Geistern von Murray und dem Henker hinüber. Inzwischen hatten sie sich beinahe verfestigt und erwachten zappelnd zum Leben, wie Maden, die die Köpfe aus einem verfaulenden Steak steckten. Chess — und allen anderen im Raum - blieb nicht mehr viel Zeit.
    Dana schrie. Der Geist warf sich auf sie. Der Älteste Griffin sprang an ihre Seite und kam ihr zu Hilfe, als der Geist versuchte, Dana die Kehle aufzuschlitzen.
    Chess stürzte sich auf den Beutel. Erst mal frische Kräuter — sie schnappte sich die Tütchen und warf sie auf das ersterbende Feuer in der Räucherschale. Der Rauch verdickte sich. Und jetzt noch ein weiterer Psychopomp, bitte, er musste doch einen Ersatz dabeihaben. Sie warf den Beutelinhalt achtlos beiseite, während ihre Nackenhaare sich so sehr sträubten, dass sie praktisch ausfielen. Sie hörte nicht viel, was war da los? Waren Dana und der Älteste Griffin tot? Oh Scheiße ...
    Erleichterung durchströmte sie, als sich ihre Hand um etwas Festes schloss. Ein weiterer Schädel. Dank sei den Göttern, die es nicht gab, er hatte einen Ersatzschädel. Sie zerrte ihn heraus, riss an dem Seidentuch, in das er eingeschlagen war, und stellte ihn auf, ohne ihn sich genauer anzusehen.
    Hinter ihr ertönte ein Brüllen. Der Geist hatte sie entdeckt. Dana und der Älteste Griffin versuchten, ihn in Schach zu halten, aber er machte sich substanzlos und stürzte sich durch die
    Guillotine hindurch auf sie. Sie wich aus. »Ich rufe die Todesboten der Stadt der Toten«, brachte sie noch hervor, als sie bei dem Versuch, in Reichweite des Schädels, aber außerhalb der Geisterklauen zu bleiben, ins Straucheln kam. »Ich rufe euch mit meiner Macht!«
    Der Schädel klapperte. Chess presste noch mehr Kraft hervor und gab alles, was sie hatte - keine leichte Aufgabe, wenn man zugleich versuchte, nicht als Energiesnack für einen Amok laufenden Toten zu enden.
    Und da war noch ein Problem. Keine Kennzeichnung. Niemand hatte mit diesem Geist gerechnet, also trug er auch kein Zeichen auf dem Körper; daher bestand die Gefahr, dass der Hund nach seinem Erscheinen nicht erkannte, welchen Geist er mitnehmen sollte. Das war Chess vor ein paar Monaten schon einmal passiert, und damals hatte sich der Hund dann auf sie gestürzt. Das grauenhafte Gefühl, dass ihre Seele aus dem Körper gezerrt wurde wie eine Banane aus der Schale, würde sie niemals vergessen.
    Ganz zu schweigen von zwei weiteren Geistern, die kaum anderthalb Meter entfernt von ihr Gestalt annahmen,
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