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Geisterlicht: Roman (German Edition)

Geisterlicht: Roman (German Edition)

Titel: Geisterlicht: Roman (German Edition)
Autoren: Elaine Winter
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nicht heute, dann morgen oder übermorgen.

Dreiundzwanzigstes Kapitel
    Fiona stieg aus dem uralten grasgrünen Mini, den sie sich von ihrem ersten Gehalt gekauft hatte. Seit einigen Wochen arbeitete sie nun als Teilzeitsekretärin bei einem ortsansässigen Anwalt. Sie verdiente zwar nicht sonderlich viel, hatte aber dafür das gute Gefühl, unabhängig zu sein.
    Nach ihrem Abenteuer im eisigen Wasser des Loch Sinclair war es für Aidan und Fiona selbstverständlich gewesen, dass sie zusammengehörten. Fiona teilte ihrem Vater mit, sie werde nicht mehr in sein Büro zurückkehren. Er nahm ihre Kündigung mit bemerkenswerter Haltung an und erklärte, er freue sich sehr, dass sie sich verliebt habe.
    Anschließend besorgte sie sich mit Hilfe ihrer neu erworbenen Künste die Stellung bei Mr Fraser. Seine langjährige Sekretärin verspürte plötzlich das dringende Bedürfnis, in den Ruhestand zu treten, um mehr Zeit für ihre Enkelkinder zu haben. Und am selben Tag hörte Mr Fraser durch einen seltsamen Zufall, dass die Deutsche, die neuerdings auf Sinclair Castle lebte, nicht nur perfekt englisch sprach, sondern auch schon mehrere Jahre in einer ähnlichen Position gearbeitet hatte. Er besorgte sich die Nummer des erst wenige Tage zuvor auf der Burg installierten Telefonanschlusses und rief Fiona an, die wiederum nicht sonderlich erstaunt war und sein Angebot gerne annahm. Sie wusste, dass Aidan ein wohlhabener Mann war, der sorglos bis an sein Lebensende hätte von seinem Erbe leben können. Doch der Gedanke, sich so rasch von ihm abhängig zu machen, gefiel ihr nicht, auch wenn er immer wieder beteuerte, dass er mit Freuden all seinen Besitz mit ihr teilte.
    »Vielleicht kommt mal eine Zeit, in der ich nicht mehr arbeiten kann oder will, doch jetzt mache ich es gern«, erklärte sie ihm während solcher Gespräche, schmiegte sich in seine Arme und genoss das Gefühl, zu ihm zu gehören. Mittlerweile ahnte sie, dass sie ihren Job wahrscheinlich früher wieder aufgeben würde, als sie zu Anfang gedacht hatte.
    Damit Aidan während ihrer Arbeitsstunden seinen Wagen zur Verfügung hatte, kaufte sie sich für wenig Geld ein altes Auto. Niemand wollte den grasgrünen Mini haben, weil er nur gelegentlich ansprang und die Reparatur mehr gekostet hätte, als der Wagen noch wert war. Fiona hatte jedoch keinerlei Probleme, das kleine Auto in Gang zu bringen, und erschien jeden Morgen pünktlich zur Arbeit.
    An diesem Nachmittag war sie zum Haus ihrer Schwester gefahren. Nun stand sie vor der Tür, legte den Kopf in den Nacken und schaute hinauf zu dem Fenster, vor dem Dawns Schreibtisch stand. Um diese Zeit pflegte ihre Schwester die Arbeiten ihrer Schüler zu korrigieren und den Unterricht für den nächsten Tag vorzubereiten.
    »Dawn?«
    Fiona hob ein Erdklümpchen auf und warf es gegen die Fensterscheibe im ersten Stock. »Ich weiß, dass du da bist.« Sie hatte hinter der Gardine eine Bewegung wahrgenommen, und außerdem gelang es Dawn nicht permanent, ihre Gedanken und Gefühle vor Fiona abzuschirmen. Da sie das nun schon seit mehr als zwei Monaten tat, wurde sie in manchen Momenten nachlässig, denn es war anstrengend, ständig eine undurchdringliche Wand aufrechtzuerhalten.
    Auf ihr Rufen erhielt Fiona keine Antwort. Im Baum vor der Haustür saß Lillybeth und starrte mit schiefgelegtem Kopf zu ihr herunter. Die Räbin schien unglücklich über das Zerwürfnis zwischen den Schwestern zu sein. Dennoch blieb sie Fiona gegenüber stumm, denn natürlich galt ihre Treue ihrer Herrin.
    »Ich habe etwas für dich, das ich dir geben möchte, Dawn. Und wir müssen miteinander reden. Bitte!« Vor Anstrengung ballte Fiona die Fäuste, weil sie sich so sehr bemühte, ihre Gefühle zu Dawn hinaufzusenden. Ihre Schwester musste doch wissen, dass sie sie liebte und niemals vorgehabt hatte, sie zu verletzen!
    Oben rührte sich nichts, aber im Nachbarhaus öffnete sich ein Fenster, und Mrs Connor schob ihren grau gelockten Kopf in die Novemberluft hinaus.
    »Guten Tag, Mrs Connor.« Mit harmloser Miene winkte Fiona der alten Frau zu.
    »Sie will Sie nich’ seh’n, also hör’n Sie auf, solchen Lärm zu machen«, brummte die Nachbarn.
    »Oh, Mrs Connor, schauen Sie, Ihr Kätzchen!« Fiona deutete auf den roten Kater, der soeben durch die offene Haustür ins Freie trat und gemächlich davonspazierte.
    »Aber die Tür war doch eben noch zu! Bleib hier, Sam! Komm zu Frauchen!«, flötete Mrs Connor mit schriller Stimme, verschwand vom
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