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Geisterbucht

Geisterbucht

Titel: Geisterbucht
Autoren: Astrid Vollenbruch
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voller Zeug hat und seinen Schwiegersohn nicht leiden konnte.«
    »Was man ihm wohl nicht verdenken kann.« Mr Mason schob seinen leeren Eisbecher zur Seite. »In seiner Jugend war er Kampfflieger bei der Navy. Er kam viel in Indien, Indonesien und Südostasien herum und war bei einigen harten Einsätzen dabei. Im Vietnamkrieg wurde er abgeschossen und lag wochenlang im Lazarett. Dort lernte er seine spätere Frau kennen, Jessica Tanner, eine englische Krankenschwester. Sie heirateten, ließen sich hier in Glenview nieder und bekamen eine Tochter, Veronica. Nach dem Krieg schlug er sich erst mit Gelegenheitsarbeiten durch und fand schließlich einen Job als Wachmann bei einer größeren Firma. Den behielt er bis zu seiner Pensionierung. Dann geschah ein Unglück, seine Frau und seine Tochter kamen bei einem Autounfall ums Leben. Das warf ihn aus der Bahn. Er war vorher recht gesellig gewesen, aber danach zog er sich völlig in sein Haus zurück und verließ es nur noch, um irgendwelchen Trödel zu kaufen. Das Haus war ihm wohl zu groß und zu leer und er stopfte es mit Dingen voll. Er warf nie etwas weg – vielleicht, weil er Verlust nicht mehr ertragen konnte, aber das ist nur meine private Überlegung.« Er seufzte. »Ich hatte eigentlich gehofft, ich müsste mich nach seinem Tod nicht mehr mit dem Haus befassen.«
    »Sie können es doch ablehnen, Mr Dempster zu helfen«, sagte Peter. »Also ich täte das, nachdem er Sie vorhin so angeblafft hat.«
    »Ja, aber ich bin der Einzige, der sich in dem Haus einigermaßen auskennt.«
    »Ist es denn so groß?«, fragte Bob. »Gibt es Unmengen von Gängen und Zimmern, in denen man sich verlaufen kann?«
    »Nein. Es ist eigentlich ein ganz normales … ach, ihr werdet es ja morgen sehen.«
    »Und wer sind seine Feinde?«, fragte Justus und grub ein besonders großes Stück Schokolade aus seinem Stracciatella-Eis.
    »Das weiß ich leider nicht. Er war zuletzt ein wenig, nun ja, wunderlich. Ich kenne niemanden, der ihm Böses gewollt haben könnte. Dieser Rashura scheint ja ein Feind zu sein, aber darüber weiß ich nichts.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr und stand auf. »So, ich muss leider los, ich habe noch einen Termin. Esst in Ruhe euer Eis auf, ich bezahle es schon. Wir sehen uns dann morgen um elf vor Mr Shrebers Haus – hier ist die Adresse.« Er schrieb ein paar Worte auf eine Visitenkarte und legte sie auf den Tisch.
    Justus nahm sie und steckte sie ein. »Vielen Dank, auch für die Einladung«, sagte er. »Und falls Sie sich entschließen sollten, Mr Dempster bei der Entrümpelung zu unterstützen, kenne ich da durch einen überraschenden Zufall einen ausgezeichneten und sehr zuverlässigen Trödelhändler, der Ihnen ein paar Sachen abnehmen könnte …«
    »Das klingt gut«, sagte Mr Mason. »Vielleicht komme ich darauf zurück. Bis morgen!«
    Er bezahlte das Eis, winkte den Jungen noch einmal zu und ging.
    Justus lehnte sich zurück. »Das dürfte das erste Mal sein, dass wir von einem Toten beauftragt werden«, sagte er. »Er hat etwas versteckt, fürchtete sich vor jemandem namens Rashura und will einen Fehler wiedergutmachen. Ich bin gespannt, was wir herausfinden.«

Das Haus des Sammlers

    Am nächsten Morgen fuhren sie in Bobs Käfer nach Waterside, kurvten eine Weile durch verschlafene Wohnstraßen und hielten schließlich vor dem Haus, in dem der verstorbene Mr Shreber gewohnt hatte. Von außen sah es tatsächlich völlig unspektakulär aus. Es war ein ganz normales zweigeschossiges, gelb gestrichenes Haus mit einem glatt rasierten Vorgarten und einer Garage. Von dem Garten sahen sie nur eine wuchernde Wildnis hinter einem komplett zugewachsenen Zaun.
    Mr Mason stand schon an der Haustür und nickte ihnen kurz zu, als sie ausstiegen und zu ihm hingingen. »Seht euch das an«, sagte er verärgert und zeigte auf das Türschloss. Rings um das Schloss waren tiefe Kratzer zu sehen und die Türzarge war beschädigt, als hätte jemand sie mit einer Brechstange bearbeitet. »So sah sie aus, als ich ankam. Es gibt nur noch Verbrecher!«
    »Wollen Sie die Polizei rufen?«, fragte Bob.
    »Nein – sie haben es ja nicht geschafft, die Tür zu öffnen. Aber es ärgert mich doch.« Er steckte den Schlüssel ins Schloss und wollte ihn umdrehen, doch ohne Erfolg. Ärgerlich ruckelte er den Schlüssel hin und her, versetzte dann der Tür mit der Schulter einen Stoß und schob sie ein Stück weit auf. »Aber selbst wenn sie etwas gestohlen hätten, wäre es mir
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