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Geisterblues

Geisterblues

Titel: Geisterblues
Autoren: Katie MacAlister
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meine Kinnlade fast auf meine Füße geknallt wäre, als Mr Laufeyiarson mir einen Riesen für Tesla bot. Eintausend Dollar! Für ein Pferd! Für mein Pferd! Irgendetwas lief hier völlig falsch.
    »Sie wollen mir tausend
Dollar
für Tesla geben?«, vergewisserte ich mich in der Annahme, dass er mir tausend Mäuse in irgendeiner anderen Währung offerierte, sodass es zwar nach viel klang, in Wahrheit aber nicht mehr als zehn Dollar war.
    Mr Laufeyiarson nickte. »Ja, eintausend amerikanische Dollar.«
    Vielleicht meinte er ein anderes Pferd? Konnte es sein, dass er Bruno mit Tesla verwechselte? Bruno musste ein Vermögen wert sein; er beherrschte alle möglichen Figuren und besonderen Tricks, aber Tesla? Er war einfach nur ein alter Klepper, der die Leute gern nach Leckerlis abschnüffelte und mir gelegentlich erlaubte, ihn in gemächlichem Tempo um eine Koppel zu reiten. »Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten Mr Laufeyiarson, aber sind Sie ganz sicher, dass Sie Tesla meinen und nicht Bruno? Er ist ein Andalusier und sehr wertvoll –«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, der Andalusier ist ein Wallach. Ich interessiere mich für den Lipizzaner-Hengst.«
    Ich guckte verwirrt zu Ben rüber. Er stand mit vor der Brust verschränkten Armen neben mir und beobachtete mich mit seinen eichenhellen Augen, in denen hübsche goldene Sprenkel funkelten. »Nun … das ist wirklich freundlich von Ihnen, Mr Laufeyiarson, aber ich denke nicht, dass ich Tesla verkaufen könnte. Ich habe einem Mädchen in Ungarn versprochen, mich um ihn zu kümmern.«
    »Ich verstehe. Sie haben bereits ein anderes Angebot bekommen, ja? Ich halte mit. Wie viel verlangen Sie?« Er brachte eine dicke Lederbrieftasche zum Vorschein. Mir traten schier die Augen aus dem Kopf angesichts des prallen Geldbündels, das er hineingestopft hatte. »Ich habe fünfzehnhundert in bar dabei, aber sollte das Angebot höher liegen –«
    »Nein!«, japste ich und hielt abwehrend die Hand hoch, als er die Scheine herauszufischen begann. »Es gibt kein anderes Angebot, ganz ehrlich. Ich will Tesla einfach nicht verkaufen.«
    Er guckte mich mit verständnisloser Miene an, dann verschwand der Ausdruck, als er die Augen auf Ben richtete. Er sagte etwas in einer Sprache, die nicht Englisch war. Erstaunen flackerte über Bens Züge, ehe er in derselben Sprache antwortete. Wenige Sekunden später musterte Mr Laufeyiarson mich abschätzend und nickte schließlich. »Ich verstehe. Es betrübt mich, dass Sie meinem Wunsch nicht entsprechen können. Sollten Sie es sich doch noch anders überlegen, können Sie mich jederzeit kontaktieren.«
    Ich spähte auf die Visitenkarte, die er mir im Gehen in die Hand drückte, und konnte mir einfach keinen Reim darauf machen, was hier los war. Was hatte Ben zu ihm gesagt, und wieso nahm der Typ an, ich könnte es mir doch noch anders überlegen? Zeit für ein paar Antworten.
    »Raus mit der Sprache. Was hat das alles zu bedeuten?«
    »Was meinst du mit ›alles‹?« Anstatt auf meine Antwort zu warten, nahm Ben mich bei der Hand, zog mich in Richtung der Wohnwagen und blieb erst stehen, als die Schatten uns verschluckten.
    »Ich meine damit, wie ihr beide euch angeguckt und in dieser typisch männlichen Geheimsprache kommuniziert habt, woraufhin Mr Laufeyiarson dann einfach gegangen ist. He! Du kannst mich nicht wieder küssen!«
    »Ich kann nicht? Wieso nicht?« Ben zog mich in seine Arme, und da ich nun mal die Königin der Unentschlossenheit bin, ließ ich es mir gefallen. Ein Teil von mir – der romantische – wollte sich an ihn schmiegen und diesen wundervollen Ben-Duft einatmen, der sich halb aus dem Geruch seiner Lederjacke und halb aus den Aromen der waldigen Natur zusammensetzte. Doch der andere Teil – der vernunftbegabte – erinnerte sich daran, dass Ben sich drei Wochen lang ohne eine Erklärung oder auch nur eine Verabschiedung verdünnisiert hatte.
    »Weil du deinen Begrüßungskuss bereits bekommen hast und es jetzt Zeit wird, dass du mir ein paar Dinge erklärst, wie zum Beispiel, wo du gewesen bist und warum du dich einfach aus dem Staub gemacht hast, ohne mir oder Imogen etwas davon zu sagen, wer dieser Mr Laufeyiarson ist und wieso irgendjemand eintausend Dollar für einen alten grauen Gaul blechen will.«
    »Tesla ist ein Lipizzaner. Ich habe dir gesagt, dass er wertvoll ist«, antwortete Ben, ohne auf die wichtigeren Fragen einzugehen. Aber zumindest ließ er mich los, sodass ich ein bisschen auf Distanz zu ihm gehen
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