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GEHEIMNISSE DER NACHT

GEHEIMNISSE DER NACHT

Titel: GEHEIMNISSE DER NACHT
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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ausgehöhlt. Ihre Lippen waren schmal und aufgesprungen. Sie sah wie eine alte Frau aus.
    Maxine bezahlte den Fahrer, stieg aus dem Taxi, ging um den Wagen herum, um die Tür ihrer Schwester zu öffnen, und nahm sie behutsam in den Arm. Im selben Moment kam schon David aus dem Haus, und als Maxine zur Seite trat, hob er Morgan hoch und trug sie leichthändig ins Haus, die Treppe hinauf, und schon Augenblicke später steckte sie in ihrem eigenen Bett. Maxine machte einen Zwischenstopp im Arbeitszimmer, um eine der kleineren Holzkohlezeichnungen von Dante von der Wand zu nehmen. Sie nahm das Bild mit nach oben. Als sie ins Schlafzimmer kam, legte sie es in die Hände ihrer Schwester und bemerkte, wie eine Andeutung des früheren Lebenslichts in den Augen der sterbenden Frau aufleuchtete.
    „Halt durch, Morgan. Wenn du spürst, dass du entgleitest, sieh dir Dantes Gesicht an und sag dir, dass er bald kommt. Ich bringe ihn selbst zu dir. Versprochen.“
    Ein leichtes Nicken. Ein erleichtertes Seufzen. Ein einziges, geflüstertes Wort. „Schnell.“
    Maxine blickte zuerst zu Lydia, die schon im Schlafzimmer von Morgan gewesen war, dann zu David. „Bleibt bei ihr.“
    „Natürlich werden wir das. Pass auf dich auf, Max.“ Ihre Mutter umarmte Maxine kurz.
    Die Tochter erwiderte die Umarmung. „Sag es ihr. Es ist vielleicht deine letzte Chance“, flüsterte sie ihr ins Ohr.
    Sarafina lag auf dem kühlen, feuchten Boden über den Klippen auf der Seite. Ihre Hände waren hinter ihrem Rücken gefesselt, ihre Knöchel mit Isolierband zusammengebunden. Sie lag ruhig da, bewegungslos, mit geschlossenen Augen und wirren Haaren. Sie hatte sich Dreck über ihr Kleid und ihre Arme gerieben und auch ein wenig in ihr Gesicht in der Hoffnung, in der Dunkelheit überzeugender zu wirken.
    Lou konnte nicht anders, als die Frau ein wenig zu bewundern. Mutig. Andererseits hatte sie auch allen Grund dazu. Sie war stärker als zehn ausgewachsene Männer. Dennoch war es ein Risiko. Sie musste sich wirklich viel aus Dante machen.
    „Mir ist immer noch nicht klar, in welcher Beziehung Sie zu Dante stehen“, sagte Lou leise. Er stand neben ihrer regungslosen Gestalt auf den Klippen, beobachtete die Umgebung und horchte nach Stiles. „Sie haben gesagt, Sie sind seine Mutter, Schwester und Tante. Wie zum Henker soll das funktionieren?“
    Sie öffnete ihre Augen und sah zu ihm auf, ohne ihren Kopf zu bewegen. „Schwester, weil alle Vampire Geschwister sind. Wir kommen von einer gemeinsamen Quelle, wir teilen das gleiche Blut. Das gleiche Antigen, das uns einzigartig macht. Mutter, weil ich diejenige war, die ihn von einem dem Tode nahen Sterblichen zu einer mächtigen, unsterblichen Kreatur gemacht habe. Ich habe ihm das Leben geschenkt.“
    Lou nickte langsam. „Und Tante?“
    „Auf dem üblichen Weg. Urgroßtante, wenn Sie es genau wissen wollen. Ich war die Schwester seiner Urgroßmutter.“
    Wieder nickte er. „Dann haben Sie ihn verwandelt, weil –“
    „Sch! Sie kommen.“ Sie schloss die Augen wieder. „Er weiß, dass die Handschellen allein mich nicht halten können, Sterblicher. Er wird versuchen, mich zu betäuben, wie er es bei Dante getan hat. Das dürfen wir nicht zulassen.“
    Lou strengte Augen und Ohren an, aber er konnte nicht das Geringste sehen oder hören. Andererseits funktionierten ihre Sinne wohl auf einer Art höheren Ebene. Auf jeden Fall stand ihre Genauigkeit außer Frage. Nachdem sie mit ihm aus dem zweiten Stock des Krankenhauses gesprungen war, nahm er sowieso an, dass es kaum etwas gab, was sie nicht konnte.
    Endlich erreichte das Geräusch von Schritten im Gras auch seine menschlichen Ohren, und er konzentrierte sich auf die Richtung, aus der sie kamen. Stiles’ Gestalt tauchte aus der Dunkelheit auf. Er war wachsam, sah sich genau um, bewegte sich langsam. Er näherte sich der gefallenen Sarafina, wie, so nahm Lou an, er sich einem schlafenden Tiger nähern würde.
    „Sie ist bewusstlos“, versicherte Lou ihm. „Der Sturz hat sie ziemlich stark verletzt.“
    „Das hat die Rothaarige am Telefon schon gesagt“, meinte Stiles. Er zog eine Spritze aus der Tasche, hielt sie vor sein Gesicht und prüfte den Inhalt, dann trat er einen weiteren zögernden Schritt vor. Und noch einen. Langsam streckte er die Hand nach ihr aus, zuckte dann aber wieder zurück.
    „Oh, Himmel noch mal, machen Sie schon“, forderte Lou ihn ungeduldig auf.
    Stiles trat endlich näher, ließ sich auf ein Knie hinab, und
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