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Geheimnisse der Lebenskraft Chi

Titel: Geheimnisse der Lebenskraft Chi
Autoren: Peter Meech
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schreiben?« Ich bejahe, und er trägt mir auf, alles genau zu notieren, damit ich die Dinge richtig wiedergeben kann.
    Seine Aufmerksamkeit löst sich von mir, und jetzt spricht er über meinen Kopf hinweg. Gleich darauf steckt der Bruder sein lächelndes Gesicht zur Tür herein. Ich erhebe mich, und diesmal klopft mir der Bruder mit seiner riesigen Hand auf den Rücken und gibt mit Fistelstimme seinen Namen bekannt:
Alan. Er tänzelt mit seinem Sportlerschritt den mit einem Läufer ausgelegten Gang hinunter, ich eher schleppend hinter ihm her. Er führt mich in einen Untersuchungsraum.
    Auf seine Anweisung ziehe ich Schuhe und Socken aus, leere die Inhalte meiner Taschen auf ein Metalltischchen und lege mich auf die Liege. Gleich darauf kommt Dr. Chow herein und betrachtet missbilligend meine nach außen fallenden Füße.
    »Nur tote Leute liegen so. Sie nicht tot … noch nicht.« Er richtet meine Füße gerade und fährt fort: »So kann Energie leichter fließen.« Er wickelt meine Hosenbeine und Hemdsärmel hoch. Der blitzende Strauß von Nadeln in seiner Hand lässt mein Herz einen Schlag aussetzen, und er sagt mit besänftigender Stimme: »Tief durchatmen.«
    In Sekundenschnelle sticht er etliche haarfeine Nadeln die Beine und Arme entlang und am Nacken ein. Ich frage, wie viele Akupunkturpunkte es am menschlichen Körper gibt, und er sagt über tausend, und jedes Jahr werden neue entdeckt. Ich erwähne, dass die Nadeln doch ein wenig unangenehm sind, und er grinst herablassend. Bei westlichen Patienten, sagt er, sticht er die Nadeln »nur ein bisschen« ein.
    An allen Nadeln außer denen unterhalb meiner Handgelenke werden Drähte festgemacht, und dann schaltet er einen kleinen Apparat an, der elektrische Impulse in meinen Körper schickt. Meine Beine sind das nicht gewohnt und zucken heftig. Dr. Chow bricht in helles Gelächter aus, was sogleich Alan auf den Plan ruft.
    »Vielleicht ist der Strom zu stark«, sage ich.
    »Nein, ist gut so«, erwidert Dr. Chow, von Heiterkeit geschüttelt, was bei Alan eine derartige Lachsalve auslöst, dass er
sich rückwärts entfernen muss, um sich wieder zu fassen. Dr. Chow breitet lächelnd ein Laken über mich, bis ans Kinn, damit es mir nicht kalt wird. »Braucht Ausruhen«, sagt er. Ich schließe die Augen. Er macht das Deckenlicht aus und schließt leise die Tür hinter sich.
    Nach und nach gewöhnen sich meine Beine an die Strompulse und zucken nur noch ganz leicht, aber an Ausruhen ist nicht zu denken. Nach einer halben Stunde kommt der Doktor zur Tür herein, schaltet die Maschine ab, zieht die Nadeln und fährt mit einem glimmenden Stäbchen beißend riechender Kräuter über die gestochenen Stellen. »Moxibustion machen«, erläutert er.
    »Was ist Moxibustion?«
    »Na, was ich mache.«
    Wieder im Sprechzimmer tastet er erneut meine Pulse. Alle Organsysteme haben sich ein wenig erholt, doch mit meiner Gesundheit sieht es längst noch nicht rosig aus. Als ich mich anschicke, die Praxis zu verlassen, eilt Alan mit zwei Tüten Kräutern herbei. Dazu gibt es verwickelte Zubereitungsanleitungen. Es muss offenbar ein Sud gekocht und wieder gekocht und noch einmal gekocht werden, wobei jedes Mal unterschiedliche Mengen Wasser nachgegossen werden müssen. Mir schwirrt der Kopf, und ich bitte um Wiederholung. Alan schnaubt und gibt mir lieber die Kurzfassung: »Kochen! Trinken! Noch mal!«
    Am Abend koche ich die Kräuter, was nicht nur die Küche, sondern das ganze Haus mit üblen Dämpfen erfüllt. Ich hebe eine Schale von diesem Hexengebräu an die Lippen, auf das Schlimmste gefasst, aber schon vor dem ersten Schluck kommt mich das Würgen an. Gut zwanzig Minuten brauche ich, um
das erste Schälchen dieses dunklen Absuds zu mir zu nehmen, zwischendurch immer wieder große Löffel Häagen-Dazs mit Kaffeegeschmack.
    Beim nächsten Praxisbesuch beklage ich mich über den grauenhaften Geschmack der Kräuter, und Dr. Chow sagt, weil Peter Meech so krank sei, müsse Peter Meech den vierten Grad trinken, eben die Kräuter mit dem scheußlichsten Geschmack, die selbst Asiaten nur im Notfall zu sich nehmen. Er hat eben erst herausgefunden, dass ich nicht Meech Peter, sondern Peter Meech heiße, und übt fleißig, aber mit den Pronomen hat er es anscheinend auch nicht so, jedenfalls prustet er als Nächstes heraus: »Wenn Peter Meech erste Mal Praxis kommen, sie Angst vor Akupunktur gehabt!«Vergnügt haut er dabei auf den Tisch. Auf dem Tisch steht eine lange Holzschale, in der
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