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Geheimnis der Leidenschaft

Titel: Geheimnis der Leidenschaft
Autoren: Elizabeth Lowell
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und füllte sich mit dem gedämpften Donnern des Regens. Sie wachte auf und stellte fest, dass es nicht Regen war, der sie aufgeweckt hatte, sondern Lastwagen.
    Sie rannte zum Fenster und starrte hinaus. Ein Konvoi von Rindertransporten fuhr in den Hof der Ranch. Über dem Dröhnen der Dieselmotoren hörte man das Brüllen der jungen Stiere.
    Rio?
    Wieder traf Hope dieser Gedanke wie ein Blitz.
    Sie zog sich an, so schnell sie konnte, schlüpfte in die Stiefel, während sie gleichzeitig die Arme in die Ärmel ihrer Jacke steckte. Als sie auf den Hof rannte, war die Sonne über dem Eagle Peak nicht breiter als ein leuchtender Fingernagel.
    Ein breitschultriger Mann kletterte aus der Kabine des ersten Wagens. Seine Bewegungen waren steif wie bei jemandem, der lange Zeit unterwegs gewesen war.
    »Sind Sie Hope?«, fragte er.
    Sie blickte in sein rötliches, vom Wind gegerbtes Gesicht. »Ja.«
    »Mein Name ist Martin«, sagte er und streckte ihr die Hand entgegen.
    Hope schüttelte ihm die Hand und hatte das Gefühl, als würde sie noch schlafen und träumen. Die Geräusche und der Geruch nach Rindern wurden mit dem Wind der Morgendämmerung herangeweht. Sie hatte diesen erdigen Geruch und das klagende Brüllen der Rinder vermisst. Sehnsüchtig warf sie ihnen einen Blick zu.
    »Ja, Sie sind Hope, das ist sicher«, sagte Martin und lächelte. »Er hat mir gesagt: >Sieh dich um nach einer Frau mit Träumen in den Augen.<«
    Hopes Augen weiteten sich und enthüllten haselnussbraune Tiefen, in denen goldene Fünkchen und auch Schatten wohnten. »Rio hat Sie geschickt?«
    »Sicher. Wo soll ich die Kälber abladen?«
    »Aber ich habe gar nichts bestellt ...« Ihre Stimme brach. Sie schluckte und versuchte es noch einmal. »Mr. Martin ...«
    »Einfach nur Martin, Ma’am.«
    »Martin«, sagte sie mit einer leichten Verzweiflung in der Stimme. Ihr fiel keine sanfte Art ein, wie sie dem Fremden sagen sollte, dass er den ganzen Weg umsonst gemacht hatte. Sie hatte keine Rinder bestellt, weil sie nicht genug Geld hatte, um sie zu bezahlen. Noch nicht. Nicht, bis sie ein paar Ernten eingebracht und verkauft hatte. »Es tut mir Leid. Ich kann es mir nicht leisten, Ihre Rinder zu kaufen.«
    Martin schüttelte den Kopf. »Von Geld war keine Rede, Ma’am. Hat Rio Ihnen denn nicht gesagt, dass wir kommen?«
    Schweigend schüttelte sie den Kopf.
    »Ja, das sieht Rio ähnlich. Er war sehr nervös, als ich mit ihm gesprochen habe. Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der so ruhelos war. Er ist vier Monate zu früh gekommen und hatte kaum Zeit, eine Tasse Kaffee zu trinken. Er hat mir nur
    Ihren Namen genannt und mir gesagt, dass ich alles, was ich ihm schulde, hierher bringen soll.«
    »Hierher?« Hope schüttelte den Kopf und rang nach Atem. Sie hatte das Gefühl, in der strahlenden Morgendämmerung und dem Gebrüll der Rinder zu ertrinken. »Woher kommen Sie denn?«
    »Aus Montana, oben an der kanadischen Grenze. Und ich will Ihnen nicht verschweigen, dass es eine ziemliche Arbeit war, diese Jährlingsstiere während eines Sturms von der Herde zu trennen und sie durch den schlimmsten Frühling, den ich seit Jahrzehnten erlebt habe, hierher zu bringen.« Er lächelte plötzlich, und in seinen dunklen Augen blitzte die Fröhlichkeit. »Nicht, dass es mir etwas ausgemacht hätte, kein bisschen. Wenn Rio gesagt hätte, ich sollte die Rinder nach Hawaii bringen, dann hätte ich sie aufgeladen und wäre nach Westen gefahren, bis mein Hut auf dem Wasser geschwommen wäre.«
    Sie starrte ihn einfach nur an.
    Martin blickte zu den Weiden auf der anderen Seite des Hauses. »Ist der Zaun auf der größeren Weide dort drüben stark genug, um ein paar Jährlinge zu halten?«
    Hope schloss die Augen und zwang sich, zu atmen. Der erdige Geruch der Rinder war für sie schöner als der Duft von Rosen.
    »Ja«, sagte sie und öffnete die Augen wieder. »Folgen Sie mir.«
    Sie wandte sich um und ging auf das große Tor zu, das auf die Weide führte. Sie wusste nicht, woher sie das Futter für all die Rinder bekommen sollte - es mussten Hunderte sein, und sogar jetzt noch bog ein weiterer Wagen auf den Hof der Ranch ein. Obwohl der Winter mild gewesen war, hatte es nicht viel geregnet, und es gab wenig natürliches Futter für die Rinder.
    Und dann begriff sie, dass sie Heu kaufen konnte mit dem
    Geld, das sie eigentlich für das Saatgut hatte ausgeben wollen. Vor Erleichterung wurde ihr ganz schwindlig. Sie schüttelte das Schwindelgefühl ab, denn sie
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