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Geheimcode F

Geheimcode F

Titel: Geheimcode F
Autoren: Ulrike Juergen u Swennen Klauss
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war wie ich... So ein Blödsinn, da war das Wirtschaftswunder schon voll im Gang und Vater wahrscheinlich einer der Langhaarigen, die sich gegen das sogenannte Establishment stark machten. Ein Aufwiegler, ein Protestierer! Bei dieser Vorstellung mußte Tobias grinsen. »Die Zeiten haben sich eben geändert, Daddy... seit du jung warst...!« Diese kleine Spitze konnte er sich trotzdem nicht verkneifen. Es war auch zu schön, wie leicht Vater in Raserei gebracht werden konnte. Und Mutter war auf das Thema »Alter« überhaupt allergisch. Sie fuhr auch gleich bissig dazwischen: »Ich glaube, ich bin hier nicht richtig verstanden worden. Ihr sollt endlich Ruhe geben.«
    »Entschuldige, Dora«, murmelte Vater, den sie eigentlich gar nicht gemeint hatte.
    Wieder donnerte ein Schnellzug am Fenster vorbei. »Habt ihr gesehen, wie flott der war?« fragte Großvater, der gerade ins Abteil zurückgekommen war, überflüssigerweise. »Schade, daß wir wegen Tarzan in diese Bimmelbahn umsteigen mußten. Andererseits sieht man auf diese Art etwas von der Landschaft.«
    »So toll ist die auch wieder nicht«, brummte Tobias. »Das kannst du gar nicht feststellen. Dazu müßtest du aussteigen und die Gegend auf dich wirken lassen.« Opa lächelte verschmitzt. »Gar nicht schlecht, die Idee... Warum eigentlich nicht?«
    »Warum was nicht?« fragte Rica und hielt ihrem Großvater die Kamera vors Gesicht.
    »Aussteigen!«
    »Sag mal, bist du krank?« stöhnte Rica. Mißtrauisch betrachtete sie Opa. Der hatte Ideen...
    »Vielleicht muß Tarzan etwas... hm, Größeres«, gab Dora zu bedenken. Der Gedanke an einen Zwischenstopp schien ihr nicht sehr angenehm zu sein.
    »Glaub mir, Schwiegertochter«, dozierte Opa. »Ein einziger Baum, und er wäre der glücklichste Hund auf der ganzen Welt.«
    »Kommt denn nicht bald der nächste Bahnhof?« Rica konnte sich an die letzte Ortschaft schon gar nicht mehr erinnern. Der Wahrscheinlichkeitsrechnung nach müßte bald...
    »Da, schau dir diesen Blick an!« Tarzan litt wirklich, kein Hund der Welt konnte sich so verstellen! Wie auf Kommando begannen alle, ihn zu tätscheln und zu streicheln, Vater wollte sogar seinen letzten Kräcker spendieren, und Rica versprach ihm einen dicken Knochen, wenn er nur noch etwas durchhielte. Tarzan ließen diese freundlichen Versuche, ihn über sein Leid hinwegzutrösten, freilich unberührt. Er brauchte schlicht und einfach einen Baum. Und haßte jeden einzelnen Ruck, den dieser verdammte Zug machte.
    »Kann doch nicht mehr lange dauern«, stellte Rica mit Überzeugung fest.
    »Das Tierchen muß aber jetzt«, stöhnte Opa und verdrehte dabei die Augen, daß einem schlecht werden konnte. In Tobias’ Gesicht zuckte es verräterisch, und er warf seinem Großvater einen aufmunternden Blick zu. Zwischen den beiden gab es kein Verstellen, und wieder mal hatte man ein und dieselbe Wellenlänge. »Sag mal, Opa, was ist eigentlich umweltfreundlicher, Atomstrom oder Kohle?« griff Tobias listig die Diskussion von vorhin wieder auf, damit Großvater Ruhland Zeit hatte, seinen Auftritt vorzubereiten.
    »So, jetzt hab ich aber genug! Du kannst jederzeit aussteigen, mein Junge, und viel Glück bei deinem Individualurlaub«, schrie Vater ihn an.
    » Aaaaah , meine Steine«, brüllte plötzlich Opa.
    »Um Gottes willen, Vater, wo haben wir denn die...« Eine hektische Suche nach Opas rettenden Tabletten begann.
    »Auch das noch!« stöhnte Dora und suchte mit. »Tobias«, flüsterte Opa schwach und streckte die Hand nach dem Enkel aus. »Ich halte das nicht mehr aus, Tobias...«
    Tobias und Vater Ruhland waren fast gleichzeitig an der Notbremse. Sie sahen einander kurz und fest in die Augen. Keiner hob als erster die Hand zur Entscheidung. High-noon . Die Zeit schien stehenzubleiben. »Zieht doch endlich«, stöhnte Opa und stieß einen seiner schrecklichen Schmerzensschreie aus.
    » Aaaaah !«

    »Schau hin, Marie-Antoinette. Eine winzig kleine Ursache steht am Beginn jeder Katastrophe!« Der Landstreicher deutete auf einen Punkt am Horizont, der langsam größer wurde und sich als näher kommender Zug entpuppte.
    Marie-Antoinette schien sich für Zusammenhänge dieser Art nicht sonderlich zu interessieren. Sie schnüffelte weiter herum und war sichtlich bestrebt, das Erdloch hinter Gerards rechtem Bein zu vertiefen. Der Mann mit dem unmöglichen alten Vogelscheuchenhut und dem dunklen, fast bodenlangen Mantel, der schon in den Roaring Sixties ein echter Oldie gewesen sein
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