Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gegner des Systems

Gegner des Systems

Titel: Gegner des Systems
Autoren: William Jon Watkins
Vom Netzwerk:
schloß die Tür hinter sich. Der zweite Mann trug einen zwei Tage alten Bart, aber seine Haare waren noch länger als die des ersten Mannes. Seine sowieso schon dünne Gestalt wurde durch den Kontrast zu seinem riesigen Begleiter noch dünner gemacht. Seine Augen traten leicht hervor, eine natürliche Erscheinung, die dadurch noch verstärkt wurde, daß er mit aller Kraft auf einer Hundepfeife pfiff, deren Ultraschall-Geräusch offensichtlich dazu dienen sollte, das Abhörgerät in dem Telefon in der Küche unbrauchbar zu machen.
    In der einen Hand trug er einen länglichen Kasten, der vielleicht fünfundzwanzig Zentimeter lang war und den Welsh sofort als Laser erkannte. Als der zweite Mann die Tür hinter sich schloß, konnte Welsh gerade noch den Anflug eines Schattens erkennen, der am Rand des Balkons entlangglitt. Der erste Mann nickte in diese Richtung und lachte breit, als hätte er die fliehende Gestalt gerade erklärt und vorgestellt.
    Der größere Mann trat zurück in die Tür und machte eine Kopfbewegung in Richtung der Straßenlaternen. Bevor er die Tür wieder schloß, konnte man zwei leise, reißende Geräusche hören, und dann gingen die Straßenlaternen in beiden Richtungen eine nach der anderen aus. Der Mann drehte sich herum, und sein schon vorher breites Grinsen wurde noch breiter. Er trat schnell aus der Eingangstür und schloß sie hinter sich mit einem kurzen Schlenkern seines Absatzes, ohne sich umzusehen.
    Der dünnere Mann sah sich in dem Zimmer um, als er eintrat. Bei den wahrscheinlichen Verstecken für Kameras verweilte sein Blick kurz, glitt bei den Plätzen, wo keine waren, weiter und hielt bei jeder der versteckten Kameras in dem Zimmer an. Welsh wußte von drei Kameras; der Mann fand sie alle drei und dazu noch eine vierte, als hätte er sie selbst eingebaut.
    Während er weiter in seine Hundepfeife blies, untersuchte er kurz alle vier und nickte vor Befriedigung über das Werk, das die grünen Lichtstrahlen getan hatten. Er tätschelte auf den Laser und lächelte, während er zur Küche hinüberging, wo er nach dem Telefon an der Wand griff. Als er sah, daß die Abdeckung heruntergenommen worden war, schaute er genauer hin, wandte sich wieder zum Wohnzimmer hin, gab lächelnd seine Zustimmung und nahm die Hundepfeife aus dem Mund. Er nickte dem großen Mann zu, und dieser begann zu sprechen.
    „Ich heiße Brendan. Und das hier ist Light.“ Er nickte zum Balkon hin. „Das war Stark. Wir kommen von Amorphus.“ Er sagte nichts mehr, als würde er ein erkennendes Nicken von Welsh erwarten.
    Der Name sagte ihm nichts. Brendan kam Welsh irgendwie bekannt vor. Er schien sich daran zu erinnern, ihn erst kürzlich gesehen zu haben, aber er konnte sich nicht mehr erinnern, wo das gewesen war. Die Männer waren beide noch jung, vielleicht dreiundzwanzig oder vierundzwanzig, aber es war unwahrscheinlich, daß sie Studenten an der Universität waren. Für ein ungefährdetes Auftreten in der Öffentlichkeit war ihr Haar zu lang, und er fragte sich, wie sie der Rehabilitationstruppe lange genug entkommen waren, um es wachsen zu lassen. Statt anzuhalten, hätte man aus jedem Truppenwagen, der auf der Straße an ihnen vorbeigefahren wäre, aus dem Fenster heraus auf sie geschossen und das Verhör posthum abgehalten.
    „Eine ausgezeichnete Vorlesung hast du heute gehalten. Bis dahin waren wir uns über dich nicht sicher. Wir brauchen jemanden wie dich bei Amorphus, und ich denke, es dauert nicht mehr lange, dann brauchst du uns auch.“
    Welsh drehte seinen Kopf zu Brendan: „Was ist das? Was ist Amorphus?“
    Light gab ihm die Antwort. Seine Stimme war erstaunlich tief und sanft. „Während der letzten Säuberung sind eine Menge von uns in den Untergrund gegangen, und seitdem schlagen wir zurück. Meistens geben wir Flüchtlingen wie uns einen Platz, an dem sie leben können, retten ein paar Leute vor den Rehabs, wenn wir es schaffen, und tun unser Bestes, um die Umweltverschmutzer aufzuhalten. Manchmal rehabilitieren wir selbst ein wenig, aber die Truppe ist ein hartnäckiger Patient.“
    Es hatte schon immer Gerüchte über einen Untergrund gegeben, aber niemand hatte wirklich daran geglaubt. Es war schwierig, sich vorzustellen, daß jemand auf Dauer den Rehabs entkommen konnte. Welsh fragte sich, ob das nicht die ersten Schritte in einem komplizierten Plan waren.
    Light sprach weiter: „Die meiste Zeit halten wir uns eigentlich versteckt und warten darauf, daß die Regierung unter ihrem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher