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Gegner des Systems

Gegner des Systems

Titel: Gegner des Systems
Autoren: William Jon Watkins
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Kameraden, die tot auf der anderen Straßenseite lagen, und vier weitere an der Ecke, was sich möglicherweise alles auf den Mann zurückführen ließ, der hier vor ihnen stand. Das Feuer war auf jeden Fall von der Straßenseite gekommen, auf der sein Haus stand. Der Zutritt zu diesem Haus allerdings war ihnen untersagt, und dieses Dilemma hielt sie auf. Mit einer Situation, die für sie ungewohnt war oder die einen möglichen Widerspruch von Befehlen und Vorgehensweisen beinhaltete, wurden sie nicht fertig. Es würde für sie eine Qual sein, bis sie die Situation so oder so aufgelöst hatten.
    Der Sonderstatus, den Welsh genoß, war für sie eine große Belastung. Er stellte einen Widerspruch in sonst starren Kategorien dar, und dieses Problem war für sie schwieriger als alles andere zu lösen. Er war wahrscheinlich in den Mord an einer ganzen Anzahl von Truppenangehörigen verwickelt und war trotzdem so etwas wie eine hochgestellte Persönlichkeit; seine Identifizierung zumindest auf dem Computerterminal war noch immer mit dem Zusatz Alpha-Gelb versehen, was bedeutete, daß er zwar subversiv sein könnte, aber als politisches Problem zu heiß war, als daß man auf der lokalen Ebene damit fertig werden konnte.
    Die Alpha-Einstufung selbst war es wahrscheinlich, die die Rehabs davon abgehalten hatte, schießend hereinzukommen. Sie bedeutete, daß er erst nach Bestätigung durch den Oberbefehlshaber angeklagt werden konnte –, ein Privileg, das nur zwei- oder dreihundert Menschen im Land genossen. Ein Alpha-Prioritäts-Vorsatz, selbst gelb codiert, was möglicherweise ‚subversiv und unter ständiger Überwachung‘ bedeutete, war etwas, was ein gewöhnlicher Truppenangehöriger nicht mehr als ein- oder zweimal in seinem Leben antraf.
    Es löste bei den Troupiers einen Konflikt von ungeheuren Ausmaßen aus; nachdem sie unter tödlichem Beschuß gestanden hatten, sagten ihnen ihre natürlichen Neigungen und Impulse, alles in Sichtweite umzubringen. Auf der anderen Seite bedeutete es den Tod für sie, jemanden mit einer Alpha-Priorität ohne Befehl zu terminieren. Dieses Paradox war zuviel für die beiden. Sie standen eine volle Minute vor Welsh in wutschäumender Ohnmacht.
    Es würde sehr schwierig werden, mit ihnen fest genug umzugehen, um sie aus dem Haus zu bekommen, ohne dabei jedoch die Gewalttätigkeit auszulösen, die bis jetzt nur durch eine ausgedehnte Konditionierung im Zaum gehalten wurde. Welsh wußte, daß dazu ein hochfahrender Ton am besten geeignet war, aber er mußte sich dabei sehr vorsehen, für diese Männer nicht zu bedrohlich zu erscheinen, weil sie erst vor so kurzer Zeit in Lebensgefahr geschwebt hatten. Sie arbeiteten und dachten noch rein emotional, und daher waren sie völlig unberechenbar.
    Welsh breitete seine Hände aus und neigte seinen Kopf in einer Geste von Wohlwollen und Harmlosigkeit. Er verringerte die Höhe seines sowieso kleinen Körpers und zeigte einen Ausdruck von Ratlosigkeit. Er hatte vorgehabt, sie höflich zu fragen, was sie in seinem Haus taten, wobei er ,sein Haus’ gerade genug betonte, um damit anzudeuten, daß sie sich an einem Ort befanden, wo sie keine Autorität hatten, und sogar in direktem Widerspruch zu Anweisungen von der Regierung handelten.
    Er hatte jedoch das Maß der versöhnenden Geste übertrieben. Der größere der beiden Troupiers nahm die zurückgenommene Bedrohlichkeit seiner Haltung als unausgesprochene Legitimierung des Eindringens in das Haus an. Er sah in Welsh den üblichen Gesetzesbrecher, der so sehr in seine eigene Schuld verstrickt war, daß er alles hinnehmen würde.
    „An die Wand!“ knurrte er, ergriff Welsh an der linken Schulter und wirbelte ihn herum. Welsh protestierte nicht; je länger er sie im vorderen Teil des Hauses aufhalten konnte, desto länger hätten seine Besucher Zeit zur Flucht und desto länger hätte Light Zeit, sich zu erholen, falls er später fliehen mußte.
    Er fühlte die Pistolenmündung im Genick. Dabei rechnete er sich seine Chancen aus, alle beide zu erwischen. Sie standen nahe genug bei ihm, daß er sie beide erwischen konnte, bevor sie schießen würden –, und sobald sie ihn untersucht hatten, würden sie sich entspannen. Er konnte seine Pose ohne Schwierigkeiten noch weiter reduzieren, noch harmloser aussehen und sie so für seinen Angriff aufbauen. Sie waren offensichtlich daran gewöhnt, jeden einzuschüchtern, in dessen Haus sie kamen, und der größere der beiden hatte ganz klar ein Naturtalent
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