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Gegensätze ziehen sich aus

Titel: Gegensätze ziehen sich aus
Autoren: Kerstin Gier
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Universum, Magische Alltags-Rituale zur Verbesserung des Karmas, Transzendenz durch Schamanismus, Erfolgreich durch Selbstbetrug und so weiter und so fort. »Die Fähigkeit, alles in rosarotem Licht zu sehen?«
    Anton besaß diese Fähigkeit. Er war offensichtlich felsenfest davon überzeugt, dass sich die Probleme mit Emily von ganz allein geben würden.
    »Sie muss sich nur erst an die neue Situation gewöhnen«, meinte er. »In ein paar Wochen seid ihr beste Freundinnen. Sie wird dich dann genauso gern mögen wie du sie.«
    Das Problem war, das ich Emily leider kein bisschen mochte. Ich versuchte es, aber es gelang mir einfach nicht. Natürlich konnte ich das Anton unmöglich sagen.
    »Nein«, sagte Trudi und strahlte mich an. Offensichtlich hattesie beschlossen, mich nicht länger auf die Folter zu spannen. »Es sind - Schuhe!«
    »Schuhe? Mit irgendwelchen Magnetsohlen, die die Erdstrahlen absorbieren?«
    »Quatsch«, sagte Trudi. »Einfach schicke Schuhe. Schuhe machen Frauen glücklich.«
    »Ach.« Unwillkürlich sah ich hinab auf meine neuen schwarzen Slipper mit der verschnörkelten silbernen Schnalle. Ich hatte schon vier Paar schwarze Schuhe, aber dieses hier hatte mich aus dem Schaufenster heraus so freundlich angelacht ...
    »Es ist wahr«, sagte Trudi. »Durch tolle Schuhe wird jede Frau zu einem vollkommenen Menschen, vollkommen und glücklich.«
    Na ja. Das war vielleicht ein bisschen banal, aber es war was Wahres dran. Schickt eine schlecht gelaunte Frau mit einem Zweihundert-Euro-Schein in ein Schuhgeschäft, und sie kommt garantiert gut gelaunt wieder heraus.
    »Wenn man die Welt also wirklich verbessern will, sollte man einen Schuhladen aufmachen«, sagte Trudi.
    »Das ist nicht mal eine schlechte Idee«, sagte ich. »Allein schon wegen der Prozente, die man in seinem eigenen Laden kriegen könnte.«
    Trudi umarmte mich. »Dann ist es also abgemacht: Die Mütter-Mafia eröffnet einen Schuhladen in der Insektensiedlung.«
    »Äh«, sagte ich.
    »Ich habe die Idee, du hast das Geld, und Mimi hat das Knowhow. Anne kann vielleicht nach der Geburt des Babys als Teilzeitverkäuferin einsteigen, wenn sie will.«
    Ich war wie immer vollkommen überrumpelt von Trudis enormem Tempo, aber schlau genug, um nicht sofort einen Haufen Gegenargumente aus der Tasche zu ziehen. Bemerkungen wie»Meinst du nicht, du bist ein wenig voreilig?«, brachten Trudi regelmäßig auf die Palme.
    »Jetzt müssen wir nur noch warten, bis das Universum uns einen passenden Laden schickt«, sagte sie.
    »Ja, genau«, sagte ich. Bis das Universum das tat, würde Trudi längst wieder eine neue, weltbewegende Idee haben, für die sie mich als Investor vorgesehen hatte, da war ich mir ganz sicher. Ich musste aber zugeben, dass ein Schuhladen die bisher beste Idee war, viel besser als ein »Tempel des Lichts«, ein »Bio-Danza-Zentrum« oder eine Praxis für »Chakrenstimmulation durch Edelsteine«.
    Ich hatte übrigens wirklich relativ viel Geld, und das einfach nur, weil ich mich hatte scheiden lassen. Mein Exmann Lorenz war nicht nur ein recht gut verdienender Oberstaatsanwalt, sondern hatte auch noch diverse kinderlose Verwandte sowie seine Eltern beerbt. Zwei der Onkels waren so nett gewesen, mich in ihrem Testament zu berücksichtigen, und Lorenz hatte mit dem vielen Geld an der Börse spekuliert - alles während unserer sogenannten »Zugewinngemeinschaft«. Hatte man selber kein Erbe zu erwarten, weil die sechzig Milchkühe mitsamt dem Hof und den Ferienwohnungen bereits dem kleinen Bruder überschrieben worden waren, war »Zugewinngemeinschaft« das Wort der Stunde, ganz im Gegensatz zu »Gütertrennung«. Ich konnte »Zugewinngemeinschaft« wirklich wärmstens weiterempfehlen, vor allem, wenn der Ehemann was von Aktien verstand. Und Anton konnte ich natürlich auch empfehlen, er war mein Scheidungsanwalt und hatte mir nicht nur die Hälfte des Zugewinns gesichert, sondern auch noch eine stattliche Summe von etwas, das sich »Versorgungsausgleich« nannte. Nelly und Julius, unsere Kinder, hatte ich mitnehmen dürfen, da war mein Exmann viel großzügiger gewesen als mit seinen Investmentfonds. Das mochte darangelegen haben, dass er bereits einige Monate vor unserer Trennung ein umwerfend schönes und auch noch intelligentes Fotomodell namens Paris (sprich: »Pärris«) kennen gelernt hatte und von einem Leben träumte, in dem ein Kleinkind und eine pubertierende Tochter nur störten.
    Natürlich war ich am Boden zerstört
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