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Gefuehlsecht

Gefuehlsecht

Titel: Gefuehlsecht
Autoren: Andrea Russo
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Da hast du doch noch bei mir gewohnt. Und Jürgen, mach dir keine Sorgen. Ich wollte dir nur noch sagen, dass ich auch sehr beschäftigt war. Und ich hätte dich sowieso nicht geheiratet. Außerdem bin ich altmodisch. Ich wünsche mir einen Heiratsantrag, bei dem mein Zukünftiger vor mir kniet. So wie sich das gehört. Ich wünsche dir alles Gute, ehrlich.« Und zu den Pocken ein paar Furunkel an ganz anderer Stelle. Ich lasse Jürgen gar nicht erst zu Wort kommen. Aber wahrscheinlich hat er eh die Sprache verloren, also rede ich munter weiter.
    »Geht es dir denn gut? Warum warst du denn so eingespannt? Du siehst wirklich blass aus. Das ist sogar meiner Mutter aufgefallen.« Betont mitleidig schaue ich Jürgen direkt in die Augen. Mann, kann ich liebevoll lächeln.
    Da tönt es schrill aus dem Gang mit den Getreideprodukten: »Hase? Haaase, wo bist du?«
    Jürgen wird auf der Stelle knallrot, und zwar bis unter die Haarspitzen. Ich habe Nataschas Stimme noch nie gehört. Aber sie muss zu ihr gehören, so grell und schrill wie sie sich anhört. Das geschieht Jürgen recht. Zuckersüß lächle ich ihn an und sage: »Boah, stell dir mal vor, du hättest eine Frau mit einer solch unangenehmen Stimme.«
    Und schon steht Natascha vor uns, schaut ungläubig von einem zum anderen.
    Ich bleibe erstaunlich cool. Nur jetzt keine Blöße zeigen. »Hallo, Natascha, du auch hier? Na, so ein Zufall! Wohnst du hier etwa auch in der Nähe?«, frage ich unschuldig.
    »Nein, aber meine Eltern.« Das ist zu viel! Ihre Eltern haben also ihr Haus in der Nähe. Und ich Doofe gehe ausgerechnet hier einkaufen. Wahrscheinlich hat sie Mama und Papa gerade ihr Häschen vorgestellt. Aber nein, die kennen ihn ja bestimmt bereits.
    »Ich geh dann mal zur Fleischtheke. Kommst du gleich nach«, fiepst Natascha und schmachtet ihren Hasen, der vier Jahre lang einfach nur mein Jürgen war, hinreißend an. Meine Hand schließt sich zur Faust und will mitten in ihr hübsches Gesicht. Wow, ist die abgebrüht. Sie scheint sich kein bisschen unwohl zu fühlen. Oder ist sie einfach nur naiv?
    Jürgen hingegen bringt es nicht mehr fertig, mir in die Augen zu gucken. Ich kann gerade noch »Na dann …« sagen, doch er ist schon auf dem Weg zu den Wurstwaren. Das »… hoppele ihr mal schnell hinterher« hört er leider nicht mehr. Eigentlich hätte ich ihn ja jetzt fragen können, was passiert wäre, wenn ich Ja gesagt hätte. Hätte er mich wirklich geheiratet? Aber das ist mir auf einmal egal. Ich will es gar nicht so genau wissen. Und wahrscheinlich würde er sowieso nur wieder lügen.
    Ich schiele am Regal vorbei zu ihnen herüber. War es das nun gewesen? Irgendwas muss doch noch kommen! Jürgen steht mit Natascha an der Theke. Den Einkaufswagen hat er vergessen mitzunehmen. Sehr untypisch für ihn. Ich beschließe, ihm nie zu verzeihen. Und Buddha bin ich auch nicht. Ein pinkfarbener Einkaufskorb steht einladend in ihrem Wagen. Trüffelöl ist eh nicht mein Ding, viel zu nobel. Unauffällig schmuggele ich die edle Flasche in den Korb, unter Jürgens Jacke, die ganz obenauf liegt.
    Zügig schiebe ich meinen Einkaufswagen zur Kasse. Der Kassierer lächelt mich nett an und sagt: »Sie können den Eistee demnächst auch hinten auf die Klappe stellen, dann haben Sie vorne im Wagen mehr Platz.«
    »Ich weiß! Aber dann könnte es passieren, dass ich vergesse, ihn zu bezahlen. Und das will ich natürlich nicht«, sage ich lächelnd. »Übrigens kommt gleich ein Pärchen mit einem pinkfarbenen Einkaufskorb. Sie sollten mal hineinsehen. Ich will mich ja eigentlich nicht einmischen, aber die haben sich eben sehr merkwürdig verhalten. Besonders die Frau. Aber ich kann mich natürlich auch irren.«
    Immer noch vor mich hingrinsend packe ich meine Einkäufe in den Kofferraum und bringe den Einkaufswagen zurück in den Laden. Gerade als ich wieder zur Tür raus will, höre ich eine laute, schrille Stimme: »Das war ich nicht! Wie kannst du das nur von mir denken? So was würde ich nie tun. Das war bestimmt deine durchgeknallte Ex!«
    Ja, da hat sie Recht. Aber durchgeknallt bin ich noch lange nicht. Immerhin werde ich mal Richterin. Und wenn Natascha dann noch mal beim Klauen erwischt wird, erwartet sie eine fette Haftstrafe! Womöglich lebenslänglich.
    Fröhlich steige ich in mein Auto, strecke mir im Rückspiegel die Zunge raus und mache mich auf den Weg nach Hause, in meine Wohnung.



34
    Und, worauf wartest du noch?
     
    Meine Einkäufe sind verstaut, ich habe
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