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Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms

Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms

Titel: Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
Autoren: Erica Spindler
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begegneten taten sie so, als wäre sie Luft. Becky Lynn war sich nie sicher, ob sie sie absichtlich übersahen oder ob sie sie nur nicht erkannten, weil sie ihr noch niemals richtig ins Gesicht geschaut hatten.
    Was auch immer dahinter stecken mochte, Becky Lynn war jedenfalls schließlich zu der Erkenntnis gelangt, dass es nicht das Schlechteste war, unsichtbar zu sein. Im Gegenteil, im Grunde genommen war es sogar besser als alles andere, weil ihr dadurch ihre Andersartigkeit weniger zu Bewusstsein kam. Sie fühlte sich einfach … sicherer.
    Als sie den Bahndamm überquert hatte, atmete Becky Lynn tief ein. Die Luft war jenseits der Gleise immer ein bisschen reiner, und es erschien ihr auch um ein paar Grade kühler. Sie beschleunigte ihren Schritt, wobei sie hoffte, früh genug im Frisiersalon zu sein, um noch vor Arbeitsbeginn einen Blick in die neueste Ausgabe von Harper’s Bazaar werfen zu können, die gestern gekommen war.
    Als Becky Lynn aufschaute, sah sie einen feuerroten Jeep mit geöffnetem Verdeck und in eine Staubfahne gehüllt auf sich zurasen. Tommy Fischer und seine Gang, dachte sie erschrocken, und ihr Herzschlag beschleunigte sich. Vielleicht wollten sie ja ihren Bruder abholen. Becky Lynns Blick fiel auf die Baumwollfelder, die die Straße zu beiden Seiten säumten. Die Stauden, an denen dicke weiße Bällchen wie Wattebäusche hingen, waren dicht an dicht gepflanzt, leider jedoch nicht hoch genug, als dass sie sich dahinter hätte verstecken können. Sie stieß einen resignierten Seufzer aus, dann straffte sie die Schultern und setzte ihren Weg fort.
    Sobald die Jungen auf sie aufmerksam geworden waren, begannen sie lauthals zu grölen. „Hi, Becky Lynn“, schrie einer der Jugendlichen übermütig, „wie wär’s mit uns beiden?“ Die Frage wurde von den anderen mit johlendem Beifall und gellenden Pfiffen quittiert. „Wirklich, super siehst du heute wieder aus, Becky Lynn. Der Labrador von meinem Daddy ist schon so lange einsam, er sehnt sich nach Gesellschaft.“
    Die Jungen schütteten sich aus vor Lachen. Becky Lynn ballte die Hände zu Fäusten und ging, den Blick eisern auf die Straße geheftet, weiter. Um nichts in der Welt hätte sie sich anmerken lassen, wie sehr sie die Spötteleien verletzten.
    Als der Jeep mit ihr auf gleicher Höhe war, wendete Tommy und fuhr dann im Schritttempo neben ihr her. „Hi, Baby … schon mal so was gesehen?“ Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte sie voller Entsetzen, dass die beiden Jungen auf dem Rücksitz ihre Jeans aufgemacht hatten und sich nun, von einem gemeinen Lachen begleitet, entblößten. Ricky, der mieseste von allen, sprang mit heruntergelassener Hose auf die Sitzbank, nahm seinen Penis in die Hand und schrie ihr zu: „Zu schade, dass du so kreuzhässlich bist, sonst hättest du ihn mal anfassen dürfen. Wette, das hätte dir irren Spaß gebracht, meinst du nicht auch, Baby?“
    Sie verspürte den Drang davonzurennen, so schnell und so weit sie nur konnte, doch sie kämpfte erfolgreich dagegen an, hob das Kinn und setzte ihren Weg scheinbar ungerührt fort.
    Ricky lehnte sich aus dem Wagen und versuchte sie festzuhalten, wodurch sie sich gezwungen sah, auf das lehmige Feld auszuweichen. Sekunden später gab Tommy Gas, und dann raste der Jeep in eine Staubwolke eingehüllt davon.
    Nun begann Becky Lynn zu rennen. Der spitze Kies stach durch die abgelaufenen Sohlen ihrer Sneakers, doch sie bemerkte es nicht. Panik schnürte ihr die Kehle zu, und sie drohte an ihrer Angst fast zu ersticken. Sie rannte und rannte, bis sie endlich den schützenden Marktplatz von Bend erreicht hatte.
    Dort blieb sie stehen und lehnte sich erschöpft gegen eine Hauswand; ihre Brust hob und senkte sich rasch unter ihren hastigen Atemstößen. Ihr Herz raste. Die flache Hand gegen ihre schmerzende Magengrube gepresst, schloss sie die Augen, Schweiß rann ihr zwischen den Schulterblättern den Rücken hinab. Noch immer stand ihr das Bild der Jungen, die mit ihrem Geschlechtsteil in der Hand auf sie eingrölten, vor Augen. Übelkeit stieg in ihr auf. So etwas war ihr noch nie passiert. Daran, dass die Jungen ihr immer wieder Gemeinheiten hinterherschrien und ihr obszöne Vorschläge unterbreiteten, hatte sich Becky Lynn mittlerweile fast gewöhnt, doch das hier, das war …
    Heute hatten sie ihr wirklich Angst eingejagt.
    Becky Lynn legte wie zum Schutz die Arme um sich. Beruhig dich, jetzt bist du in Sicherheit. Der Sommer neigte sich langsam seinem Ende zu,
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