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Gefangen in der Schreckenskammer

Gefangen in der Schreckenskammer

Titel: Gefangen in der Schreckenskammer
Autoren: Stefan Wolf
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offen.
    Der Vorraum — ein Wartezimmer — war mit
bequemen Polstermöbeln ausgestattet. Auf dem Tisch lagen Journale.
    Erstaunt hörten sie das Gebrüll.
    Es kam aus dem hinteren Raum, dem
Praxisraum, wo Tickel seine ratsuchenden Patienten seelisch auseinandernahm und
dann wieder zusammensetzte.
    Die Tür war geschlossen.
    Aber Lambsters schrille Stimme
entwickelte eine unvermutete Lautstärke.
    Angelika zögerte. Fragend sah sie
Glockner an.
    Ohne ein Wort, aber mit ausgebreiteten
Armen schob er alle in den Vorraum. Hinter sich schloß er lautlos die Tür.

20. Zeitlicher Fehler
     
    Tickel grinste. Er hatte das Formular
ausgefüllt, das für seine Versicherungs-Gesellschaft bestimmt war.
    Der kurze Bericht enthielt Angaben über
den Einbruch in seine Praxis. Als Verlust hatte er die Brillantkette
aufgeführt. Wert 10 000 DM.
    Somit, dachte er, kostet mich Angelikas
Geschenk keinen Pfennig. Wozu bin ich versichert — gegen Einbruch, Diebstahl
und überhaupt alles? Sollen die endlich mal zahlen!
    Er hob den Kopf, als jemand ins
Vorzimmer stürmte.
    Krachend fiel die Eingangstür zu —
sprang aber gleich wieder auf, wie er hörte. Irgendwas mit dem Schloß stimmte
nicht. Schlampige Reparatur!
    Lambster kam herein. Er hatte nicht
geklopft. In seinem Teiggesicht stand ein Ausdruck, den Tickel nicht sofort
deuten konnte.
    Aha! dachte er. Er kommt spät, aber er
kommt. Ausweinen will er sich, der Widerling. Weil’s da einen bösen Erpresser
gibt, der ihm an den Geldbeutel geht.
    Vorhin, Punkt 12 Uhr mittags, hatte er
— wie vereinbart — den Filmvorführer abermals angerufen. Mit verstellter Stimme
und drohendem Ton. Ob die 100 000 DM bereitstünden — hatte er sich
vergewissert. Lambster hatte weinerlich bestätigt und Weisung erhalten, auf den
nächsten Anruf zu warten.
    Grätschbeinig baute sich Lambster vor
dem Schreibtisch auf.
    Nanu? Dieser tückische Blick! Der
vorgereckte Kopf! Eine drohende Gebärde.
    „Tag, mein lieber Lambster!“ lächelte
Tickel. „Nehmen Sie doch Platz!“
    Ein böses Grinsen überzog Lambsters
Teiggesicht. Im nächsten Moment schwemmte ihm die Wut eine rote Woge unter die
Haut.
    „Ich bin nicht Ihr lieber Lambster!“
brüllte er. „Ich werde Sie umbringen, Sie verdammter Hund!“
    Tickel erstarrte. „Wie bitte? Was ist
los?“
    Der Filmvorführer zog die Hand aus der
Tasche. Ein riesenhafter Revolver wurde auf Tickel gerichtet.
    „Erpresser!“ schrie Lambster. „Elender
Erpresser! Scheinheiliger Lump! Aber ich habe Sie durchschaut.“

    Tickels Herzschlag setzte aus. Das
Lächeln fiel aus seinem Gesicht.
    Um Himmels willen! Was habe ich falsch
gemacht? Wieso kommt mir dieser Dummkopf auf die Schliche?
    „Wie bitte? Was meinen Sie, Lambster?
Ich verstehe kein Wort. Bitte, bleiben Sie ganz ruhig. Zusammen werden wir Ihr
Problem bestimmt lösen. Erst legen Sie doch mal dieses scheußliche Ding weg!“
    „Durchschaut!“ brüllte Lambster. „Durchschaut
habe ich Sie! 100 000 Mark wollen Sie mir abknüpfen. Aber Sie sind gestolpert,
Tickel. Verraten haben Sie sich. Ein Fehler ist Ihnen passiert. Hahahah! Der
bricht Ihnen jetzt das Genick.“
    „Was ist denn los? Ich verstehe immer
noch nicht, wovon Sie reden. Wir...“
    „Dann hören Sie mal zu, Sie falscher
Hund! Gestern abend wurde in Ihre Praxis eingebrochen, nicht wahr? Sie haben es
mir erzählt, als ich nachts bei Ihnen war. Sogar eine Brillantkette — wie
schrecklich — wurde Ihnen geklaut. Tja, und ich erzählte Ihnen in meiner Not,
was ich abends getan hatte. Meine Schießwut! Daß ich im Mozart-Park den Köter
erschossen habe. Und wie ich das Mädchen erschreckte, indem ich mit einem
Meisterschuß den Baum traf — dicht neben ihr. Das alles hörten Sie, brühwarm.
Und dann, Tickel! Wie geht’s weiter? Heh?“
    Der Psychologe schwieg. Kalter Schweiß
trat ihm auf die Stirn.
    „Kaum bin ich wieder zu Hause“, fuhr
Lambster fort, „werde ich von dem Erpresser angerufen. Er sagt, der Kerl, daß
er in Ihre Praxis eingebrochen ist und die Krankengeschichten gelesen hat. Tja,
und womit setzt er mich unter Druck? Einen Hundemörder nennt er mich. Daß sich
die Bullen freuen würden, wenn sie mich kriegen. Weil ich auf das Mädchen
geschossen habe.“
    Verflucht! Tickel konnte kaum atmen. Warum
war ihm das passiert? Ein so grober Fehler!
    „Jetzt begreifen Sie, wie?“ Lambster
beugte sich vor. „Vom Hund und dem Mädchen steht kein Wort in meiner
Krankengeschichte. Kann gar nicht! Denn Sie hatten es gerade erst
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