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Gefaehrliches Schweigen

Gefaehrliches Schweigen

Titel: Gefaehrliches Schweigen
Autoren: Ritta Jacobsson
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die Schule zu.
    Die Frühlingsstimmung wurde von einer lärmenden Gruppe Neuntklässler gestört. Mit Elias an der Spitze liefen sie auf dem Fußweg ungefähr zehn Meter vor uns her.
    Natalie, die offenbar wieder gesund war, befand sich auch in der Gruppe, aber ich sagte mir, das müsse ein Zufall sein, zumindest bis Jo mich anstieß.
    „Guck mal!“
    Elias legte den Arm um Natalies Schultern und so umschlungen gingen sie weiter in Richtung Schule.
    Ich traute meinen Augen nicht.
    Der obercoole Elias.
    Und die schüchterne Natalie!
    Jo gingen dieselben Gedanken durch den Kopf.
    „Schätze, sie traut sich nicht, sich zu wehren.“
    Ich nickte.
    „Der glaubt, er kann sich alles erlauben“, fuhr Jo düster fort.
    Elias ließ Natalie plötzlich los und die Gruppe zog weiter auf die Schule zu, während Natalie ihre Schritte verlangsamte.
    Wir hatten sie bald eingeholt.
    „An Jo hat er sich auch rangemacht“, bemerkte ich tröstend.
    Natalie wandte sich mir halb zu.
    Geschockt starrte ich sie an.
    Sie war leichenblass. Die Adern schimmerten durch ihre fast durchsichtige Haut und ihre Wangen wirkten eingefallen wie bei einem Totenschädel.
    Aber ihre Stimmung war umso heftiger und der Blick, der meinem begegnete, funkelte schwarz und feindselig.
    „Wovon redest du?“
    „Ich meine Elias. Der ist doch ein echter Kotzbrocken!“
    „Behalt deine Gedanken gefälligst für dich!“
    Damit spurtete sie auf den Eingang los.
    „Shit! Was ist denn in die gefahren?“
    „Vielleicht ist sie in Elias verknallt“, vermutete Jo.
    „Oje, und dann komme ich und nenne ihn Kotzbrocken!“
    „Man muss die Dinge beim Namen nennen, das hast du selbst gesagt“, stellte Jo fest.
    „Trotzdem irgendwie komisch. Dann hätte sie doch wie auf Wolken schweben müssen. Sie sah aber nicht gerade glücklich aus.“
    „Sie will es vielleicht geheim halten.“
    „Mhm. Weißt du, warum sie nicht in der Schule war?“
    „Keine Ahnung. Irgend so eine Magen-Darm-Geschichte vielleicht. Sie sah blass aus.“
    Ich nickte nachdenklich. Wenn das der Fall war, hoffte ich, davon verschont zu bleiben.
    Natalie hatte nämlich wie ein Gespenst ausgesehen.
    Simon hatte gelogen. Das weckte meine Neugier. Gleichzeitig war mir klar, dass ich noch mehr Fakten brauchte, um die Wahrheit aus ihm herauszuholen. Die beste Möglichkeit, weiterzukommen, wäre, Hannamaria noch einmal auszuhorchen.
    Die Gelegenheit ergab sich schon nach dem Mittagessen ganz von selbst. Als Jo und ich den Speisesaal verließen, stand Hannamaria vor Per Lundström und schien sich mit ihm zu streiten.
    Hannamarias Freundinnen Ebba und Faduma, beide bis hinter die Ohren geschminkt, saßen noch im Speisesaal und steckten ihre Köpfe mit den gesträhnten schwarzen Mähnen eng zusammen. Die Gelegenheit für ein Schwätzchen mit Hannamaria war perfekt, ich brauchte bloß zu warten, bis sie ihre Auseinandersetzung mit dem Lehrer beendet hatte.
    „Warte kurz“, flüsterte ich Jo zu.
    Wir blieben zwei Meter entfernt stehen. Bald hörte ich, um was es ging. Hannamaria hatte einen Zahnarzttermin, wollte aber nicht alleine dorthin. Aber Lundström erlaubte nicht, dass Ebba oder Faduma sie begleiteten. Die beiden hatten schon viel zu oft gefehlt.
    „Ich hasse den Zahnarzt!“, motzte Hannamaria. „Dann geh ich eben nicht hin und das ist dann Ihre Schuld. Meine Mutter wird stinksauer und sorgt dafür, dass Sie rausfliegen, Sie Diktator, Sie!“
    Etwas Schlimmeres hätte sie nicht sagen können. Per Lundström mit seinem krausen kupferroten Haar und ebensolchem Bart sieht aus wie ein freundlicher Waldschrat. Meistens trägt er ausgebeulte Cordhosen, einen schwarzen Rolli und Strickweste. Die roten Flecken an seinem Hals verrieten, dass er gekränkt war.
    Schnell trat ich ein paar Schritte vor.
    „Ich kann mitkommen.“
    Beide drehten sich erstaunt zu mir um. Ich bin nicht unbedingt als barmherzige Samariterin bekannt. Und definitiv nicht als eine von Hannamarias Freundinnen.
    Jo warf mir saure Blicke zu.
    Aber Hannamaria strahlte.
    „Super!“, seufzte sie, bevor sie sich wieder Per Lundström zuwandte. „Oder wollen Sie es Svea auch verbieten?“
    „Svea ist pünktlich und fleißig“, sagte Per Lundström. „Im Unterschied zu gewissen anderen.“
    „Wann fahren wir?“, fragte ich schnell, bevor Hannamaria wieder anfangen konnte herumzumotzen.
    „Jetzt.“
    Ich grinste entschuldigend zu Jo hinüber und zog mit Hannamaria los. Sie fuhr sich durch ihre blondierten Strähnen und sandte mir
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