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Gefaehrliche Versuchung

Gefaehrliche Versuchung

Titel: Gefaehrliche Versuchung
Autoren: Eileen Dreyer
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Eastcourt.
    Als er das Anwesen zum ersten Mal erblickte, wusste er, dass er einen Fehler gemacht hatte. Dadurch wurde alles nur noch schlimmer. Das Haus war genau so, wie Kate es beschrieben hatte: massiv, anheimelnd und schön. Es war ein aus unregelmäßigen Steinen erbautes Haus, mit vielen Giebeln und einem Bauerngarten, der so groß war, dass er beinahe die buttergelbe Fassade ausblendete. Aber was Harry am meisten berührte, war, dass er es kannte.
    Bis auf die Farbe der Steine sah Eastcourt seinem eigenen Zuhause zum Verwechseln ähnlich. Er hatte das Gefühl, dass er, wenn er durch die Eingangstür gehen würde, in die verrückten, chaotischen, vertrauten Räumlichkeiten käme, in denen Kate einst über griechische Philosophen diskutiert und Kekse von seiner Mutter erbettelt hatte. Er erinnerte sich daran, wie Kate erzählt hatte, dass sie in dem Moment, als sie Eastcourt gesehen hatte, wusste, dass es ihr Zuhause war. Er fürchtete, dass er den Grund kannte, und das machte den Rest seiner Zurückhaltung zunichte.
    Diese Frau kann einem das Herz zerreißen , dachte er und bemühte sich, nicht auf der Auffahrt zusammenzubrechen. Wie konnte ein Mann sich nicht in sie verlieben? Wie konnte er nicht erkennen, wie dumm es war zu denken, dass Schweigen besser war als Herausforderung, Humor, Vertrauen und Stärke? Gott, diese Stärke.
    Erst jetzt, als er das Haus sah, das sie aufgebaut hatte, wurde ihm klar, wie eisern ihr Wille war. Geschlagen, verletzt, verlassen, eingeschlossen im Dunkeln – und doch wollte sie noch immer eine Welt schaffen, in der jeder Sonderling und Einzelgänger seinen Platz hatte.
    Und ein unglücklicher ehemaliger Soldat.
    Er liebte sie so sehr. Warum hatte er es nicht zugegeben? Warum hatte er nicht so viel Mut wie Kate und hatte es ihr gesagt?
    Das würde er nachholen. Sobald er sie wiederhatte, würde er es ihr sagen. Und er würde es ihr für den Rest ihres gemeinsamen Lebens immer wieder sagen – wo auch immer sie lebten. Es spielte keine Rolle mehr für ihn, solange er mit Kate zusammen sein konnte.
    Er kehrte nach London zurück. Die Stadt befand sich mitten in einem der größten Skandale des Jahrzehnts. Glynis hatte dafür gesorgt, dass die Geschichte über Kates mutmaßliche Flucht die Runde machte – Kates Feindin hatte ihre Rache bekommen.
    So ging es zwei endlose Wochen weiter. Harry schlief nicht mehr. Wenn er es versuchte, träumte er nur von Kate. Von der jungen Kate mit all der Hoffnung der Welt in ihren Augen – auch wenn sie gewusst hatte, dass das Priesterloch immer auf sie wartete. Von der erwachsenen Kate, die wie glänzender Stahl war, der im Feuer des Schmerzes gehärtet worden war. Von der Kate, die ihre eigenen Albträume damit zum Schweigen gebracht hatte, den Schmerz anderer Menschen zu lindern.
    Tag für Tag bekam er Besuch von den Witwen, finsteren Gestalten aus den Armenvierteln und Veteranen, die Kate mit ihrer anscheinend beiläufigen Hilfe aus ihrer verzweifelten Lage gerettet hatte. Sie hatte ihr berühmt-berüchtigtes Haus zu einem Zufluchtsort gemacht – sogar für einen müden Grenadier, der einst geglaubt hatte, allein die Welt bereisen zu müssen, um seinen Seelenfrieden wiederzufinden.
    Er hatte seinen Frieden beinahe hier in diesem lauten, überraschend seltsamen, erstaunlich bodenständigen Haus mitten in Mayfair wiedergefunden. Aber weil Kate die Notwendigkeit gesehen hatte, sogar ihn zu beschützen, hatte er ihn sich wieder nehmen lassen.
    Den Großteil des Tages verbrachte er mit seiner unermüdlichen Suche. Die wenigen Stunden, die übrig blieben, lag er im Bett und suchte nach ihrem Duft. Das Gesicht in ihrem Kissen vergraben, spielte er die Momente seiner Ehe wieder und wieder im Kopf durch. Und unweigerlich kehrte er jede Nacht auch zu dem Augenblick zurück, in dem sie entdeckt hatte, dass die körperliche Liebe Freude bereiten konnte.
    Das Bild vor seinem inneren Auge war mehr als deutlich: Kate, deren Haut im Kerzenschein perlmuttartig schimmerte, deren Brüste stolz und fest waren, bewegte sich behutsam auf ihm. Ihr Körper war rank und schlank, mit wohlgeformten Linien und üppigen Kurven. Ihr wundervolles Gesicht war erhellt von Erstaunen, von aufkeimender Freude, von überraschtem Lachen, als sie ihn in sich spürte, als sie ihn quälte und wie eine Reiterin in wildem Galopp ritt.
    Und jedes Mal, wenn er diese Szenen vor seinem geistigen Auge noch einmal durchspielte, fiel es ihm schwer zu glauben, dass genug von ihr zu ihm
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