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Gefaehrliche Versuchung

Gefaehrliche Versuchung

Titel: Gefaehrliche Versuchung
Autoren: Eileen Dreyer
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Mitternacht.«
    Kate hätte beinahe laut aufgestöhnt. Noch mindestens fünf Stunden.
    »Danke.« Was sollte sie noch sagen? Barbara konnte an der Dunkelheit nichts ändern.
    »Irgendetwas stimmt nicht«, sagte Schroeder ohne Einleitung, als sie Harry in der Küche entdeckte, wo er gerade Tee kochte.
    »Hier stimmt einiges nicht«, erwiderte Harry, ohne aufzublicken. »Haben Sie sie durchsucht?«
    »Sie hat sich nicht von der Stelle gerührt. Sie konnte die Kerze kaum lange genug aus den Augen lassen, um mich anzusehen. Es schien, als wäre diese Kerze das Einzige, was sie sehen konnte. Hat sie Schwierigkeiten, eingesperrt zu sein? Oder Angst im Dunkeln?«
    Den Topf in der einen und den Blechbecher in der anderen Hand, sah Harry auf. »Woher soll ich das wissen?«
    »Sie meinten doch, Sie würden sie kennen.«
    Harry neigte den Kopf. »Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie jemals still gesessen hätte.«
    Schroeder nahm sich eine Tasse und wischte sie mit ihrem Rock sauber. »Ich sage Ihnen, dass etwas nicht stimmt. Können wir nicht zumindest das Fenster öffnen?«
    »Damit sie fliehen kann?«
    »Das Zimmer liegt im dritten Stock, Major. Sie ist kein Vogel.«
    Er schenkte Schroeder Tee ein, ehe er sich selbst etwas nahm. »Sie ist eine Hexe. Wir würden am nächsten Morgen aufwachen und feststellen, dass sie mitsamt ihrem Gepäck und unseren Pferden weg ist. Nein.«
    »Dann geben Sie ihr wenigstens noch Kerzen.«
    »Sie kann Kerzen haben. Sie kann einen ganzen Kerzenleuchter haben. Sobald sie sich auszieht.«
    »Sie meinen, sobald ich ihre Kleider durchsucht habe.«
    Abrupt hob er den Kopf. »Wenn wir den Vers finden.«
    »Und wenn wir den Vers nicht finden?«
    Er widmete sich wieder seinem Tee. »Dann hat sie das Stück Papier mit dem Gedicht gegessen, und wir müssen uns einen Plan überlegen, wie wir sie dazu bringen, es uns zu verraten.«
    »Sind Sie sich so sicher?«
    »Sie kennen sie nicht.«
    »Sie kennen sie anscheinend auch nicht. Nicht wenn Sie nicht wissen, warum sie die Kerze anstarrt, als wäre sie das Fenster in einem Gefängnis.«
    Harry stellte den Topf so heftig ab, dass das Wasser über den schmutzigen Tisch spritzte. »Schroeder, werden Sie nicht sentimental. Sie ist eine Duchess, keine Märchenprinzessin. Und jetzt, bitte: Durchsuchen Sie sie.«
    Kate war sich nicht sicher, wie viel Zeit vergangen war. Die Kerze war inzwischen zu einem kleinen See aus Wachs zusammengeschmolzen. Kate spielte ernsthaft mit dem Gedanken, die Fensterläden mit bloßen Händen aufzubrechen. Sie brauchte mehr Licht. Die Wände schienen immer näher zu rücken, die Dunkelheit verstärkte sich, und sie wollte sich nicht dem stellen, was sich in der Finsternis verbarg. Und das war einiges, wie sie nach der Zeit, in der sie in Brüssel verwundete Soldaten gepflegt hatte, wusste. Die Albträume warteten auf sie.
    Sie war so fixiert auf die immer kleiner werdende Flamme, dass sie nicht einmal hörte, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Plötzlich bemerkte sie, dass es im Zimmer heller geworden war.
    »Ich bin kein Ungeheuer«, sagte Harry, der in der Tür stand.
    Sie war sich nicht sicher, was er ihr damit sagen wollte. Sie war sich nicht sicher, ob sie etwas erwidern konnte. Schweiß hatte sich unter ihren Achseln und zwischen ihren Brüsten gesammelt und verstärkte das Jucken nur noch.
    Harry kam herein. Seine Schritte hallten auf dem Boden wider. »Was für ein Spielchen spielst du, Kate?«
    »Du bist derjenige, der hier Spielchen spielt, Harry. Warum erzählst du es mir nicht?«
    Eigentlich war ihr klar, dass sie ihn nicht reizen sollte, aber sie konnte nicht anders. Früher einmal hatten sie wie Duellanten mit Worten gekämpft, als sie von Astrologie bis zur Architektur über alles diskutiert hatten. Ihr Lachen war so scharf wie ihr Verstand gewesen. Doch seit langer Zeit waren die verbalen Spitzen und kunstvollen Angriffe von früher nur noch gehässig und giftig.
    »Bitte, Kate«, sagte er und klang beinahe aufrichtig, »ich habe keine andere Wahl.«
    Er trat so nahe an sie heran, dass sie die frische Luft und den Duft von Leder wahrnehmen konnte. Fast hätte sie vor Wonne die Augen geschlossen. Es war der Duft von Freiheit, Sommer und Hoffnung. Sie wandte den Blick von ihrer Kerze ab und betrachtete die scharf geschnittenen Züge seines Gesichts.
    Erst jetzt fiel ihr auf, dass er furchtbar aussah: angespannt, müde und gezeichnet, als würde eine schwere Last auf seinen Schultern liegen.
    »Jeder
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