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Gefaehrliche Versuchung

Gefaehrliche Versuchung

Titel: Gefaehrliche Versuchung
Autoren: Eileen Dreyer
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den Wänden schälte, wo es modrig roch und dunkel war. Harry konnte noch immer nicht glauben, dass Diccans Onkel hier bis vor vier Jahren gelebt hatte. Es musste Jahrzehnte gedauert haben, um dieses Haus so verkommen zu lassen.
    Das Äußere des Gebäudes hatte er sich nur kurz angesehen. Es war ähnlich wenig vielversprechend. Das Haus war eine Sammlung von nicht zusammenpassenden Flügeln, die an ein mittelalterliches Kloster angefügt worden waren. Honigfarbener Sandstein traf auf roten Ziegelstein und – vollkommen unverständlicherweise – grauen Schiefer: All das war wie der Mantel eines Bettlers zusammengestückelt worden. Dennoch gab es eine gute Grundlage. Es machte Harry wütend, dass das Haus so heruntergewirtschaftet worden war.
    Wenn er am Morgen etwas Zeit hätte, würde er vielleicht seinen Skizzenblock nehmen und sich den Ort näher ansehen. Wahrscheinlich würde man es niemals »schön« nennen können, aber mit ein bisschen Hilfe könnte man es zumindest wieder herrichten. Und sicherlich wäre es nicht das Schlechteste, wenn Harry noch etwas anderes zu tun hätte, als sich nur auf seine Gefangene zu konzentrieren.
    Er dachte an die Furie in dem Schlafzimmer und seufzte. Er hatte das Gefühl, dass er sehr viel Zeit damit verbringen würde, eine kleine Duchess an Klugheit zu übertreffen.
    »Sir?«
    Harry wurde aus seinen Grübeleien gerissen. Mudges sorgenvolle Miene fing an, ihn zu ärgern. »Wie viele der Schlafzimmer oben sind trocken?«, fragte er. Er nahm Mudge die Kerze aus der Hand und ging zum Kamin.
    Mudge seufzte. »Eines.«
    In dem hatten sie Kate untergebracht. »Dann schaffe Bettzeug in jedes trockene Zimmer im Erdgeschoss. Hattest du Glück mit Vorräten oder Bediensteten?«
    »Nein, Sir.« Mudges Stimme klang traurig. »In der Vorratskammer gibt es nichts außer Mäusen und Staub. Phillips ist draußen und versucht, in den Ställen weiterzukommen.«
    Harry kniete sich hin und schob die Kerze in den schwarzen Schlund, der sich unter dem schmutzigen Kaminsims aus Marmor auftat. »Wir haben schon an schlimmeren Orten übernachtet.« Die Kerze flackerte und ging aus.
    »Da herrschte aber auch Krieg«, erwiderte der Junge. »Sir.«
    Harry konnte sich ein schiefes Lächeln nicht verkneifen. »Ich nehme nicht an, dass du einen Kaminkehrer kennst?«
    Mit einem gequälten Seufzen stapfte Mudge zur Tür, um sich darum zu kümmern.
    Harry stellte die Kerze auf den Schreibtisch und zog sein Taschentuch hervor, um sich die Hände abzuwischen, bevor er sich einen der wenigen intakten Stühle nahm. »Schroeder hat Geld«, sagte er zu dem Jungen. »Finde heraus, wo die Stadt ist, und besorge Lebensmittelvorräte. Wenn man dich fragt, erzähle den Leuten, dass wir darüber nachdenken, das Anwesen als Jagdhütte zu erwerben.«
    Mudge war bereits aus dem Zimmer verschwunden. »Ja, Sir«, wehte es aus der Dunkelheit zu Harry herüber.
    »Schroeder ist da«, erklang in dem Moment eine weibliche Stimme mit deutschem Akzent.
    Harry sah auf und erblickte eine vollbusige blonde Frau, die in sein neues Arbeitszimmer kam.
    Die Hände vor dem Bauch gefaltet wie der Inbegriff einer Schlossherrin, lächelte die eintönig gekleidete Schönheit. »Ich muss zugeben, dass mir meine letzte Anstellung besser gefallen hat.«
    Harry, der gerade die Kerze wieder anzündete, blickte auf. »Sie werden die Zofe einer Duchess sein.«
    »In Anbetracht der Tatsache, wer die Duchess ist, denke ich, dass ich lieber Aborte in Chelsea putzen würde.«
    »Sind Sie damit fertig, ihr Gepäck zu durchsuchen?«
    Sie holte ihr Taschentuch hervor, um den klapprigen Stuhl abzuwischen, der vor Harrys Schreibtisch stand, und nahm dann Platz, als wäre sie in einem Salon. »Nichts … nun ja, es sei denn, für Sie sind ein Vorrat an anstößiger Kleidung, genug Federn, um eine Matratze damit auszustopfen, und einige sehr technische Traktate über die Vermehrung von Tulpenzwiebeln von Interesse. Ich nehme nicht an, dass es bei der Verschwörung, in die sie verstrickt ist, um die Übernahme des Welt-Tulpen-Marktes geht. Wenn das so wäre, dann hätten wir unseren Mann … unsere Frau. Unsere Duchess.«
    »Tulpen?«, wiederholte Harry, als würde es ausgesprochen sinnvoll klingen.
    Barbara zuckte nur mit den Schultern. »Außerdem habe ich noch das hier gefunden«, fuhr sie fort und warf ein unberührtes weißes Taschentuch auf den Schreibtisch. »Ihnen wird auffallen, dass es mit Napoleons Zeichen bestickt ist.«
    Einen Moment lang raste sein
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