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Gefaehrliche Schatten

Gefaehrliche Schatten

Titel: Gefaehrliche Schatten
Autoren: Bryan Chick
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Fingerspitzen in die Hosentaschen geschoben.
    Noah fiel nichts anderes ein als die Wahrheit. «Wir sind vielleicht von außerhalb, aber wir werden nicht aufgeben, bis das hier erledigt ist, bis die Yetis gefunden sind und DeGraff aufgehalten wurde. Wenn DeGraff ins Innere gelangt, dann sind wir alle in Schwierigkeiten, nicht bloß ihr. Auch wir im Außerhalb. Unsere Familien und unsere Freunde. Findet ihr nicht, dass uns das ein Recht darauf gibt zu verstehen, was hier passiert?»
    Die Gesichter der Descender verhärteten sich nur noch mehr.
    «Passt auf», sagte Noah. «Ich habe Mist gebaut. Aber …» Er fing noch einmal neu an. «Warum konntet ihr uns nicht einfach von den Grotten erzählen? Und warum könnt ihr uns nicht einfach erklären, wer ihr seid? Diese Jacken … und Stiefel … die haben doch ganz offensichtlich einen Zweck. Und diese Samtflicken … die sind doch aus genau dem gleichen Stoff wie die Vorhänge, oder?» Noah streckte den Arm aus, um den Samt auf Sams Schultern zu berühren, doch der wich zurück.
    «Descender», fuhr Noah fort. «Ich habe das Wort im Wörterbuch nachgeschlagen. Ein Descender ist der Teil eines Buchstabens, der unter dem Hauptkörper verläuft. Versteht ihr, wovon ich rede? Im Buchstaben y zum Beispiel ist der Descender der Schwanz, der unterhalb der Mittellinie verläuft. Der aus zwei sich kreuzenden Linien entsteht.»
    Hanna hörte auf zu kauen, und Solana blickte nervös zur Seite. Ella, Richie und Megan starrten Noah an und warteten darauf, dass er fortfuhr.
    «Die Definition bezieht sich natürlich auf die Linien auf einem Stück Papier», fuhr Noah fort, «aber könnten sie vielleicht auch etwas anderes meinen? Vielleicht eine Verteidigungslinie, wie die, von der Tameron gesprochen hat? Eine Linie aus Tieren und eine Linie aus Menschen, die den geheimen Zoo bewachen.»
    Tameron machte einen Schritt vor. «Junge, bist du verrückt? Wir sind keine Buchstaben – wir sind Menschen. Meinst du wirklich, du kannst einfach in einem Wörterbuch nachgucken …»
    «Wenn ihr uns immer nur stückweise Informationen gebt, dann müssen wir diese Bruchstücke eben selbst zusammensetzen!», entgegnete Noah. Um ihn herum fielen die Blätter herab. «Es wäre sehr viel einfacher, wenn ihr uns stattdessen einfach mal alles sagen würdet.»
    Keine Antwort.
    Noah trat einen Schritt vor. «Wisst ihr, was ich glaube? Ich glaube, dass die Magie dieses Ortes euch irgendwie verändert hat.»
    Megan legte ihrem Bruder sanft die Hand auf die Schulter.
    «Komm, Noah», flüsterte sie. «Jetzt drehst du ein bisschen durch, findest du nicht?»
    Noah schüttelte die Hand seiner Schwester ab und sah Sam direkt in die Augen. «Dann sag mir doch ins Gesicht, dass ich mir das alles bloß einbilde.»
    Sam starrte zurück. Niemand von beiden wollte als Erster den Blick senken. Die anderen Scouts standen schweigend daneben.
    «Noah», sagte Megan, «lass doch. Jetzt ist nicht die Zeit oder …»
    «Wann ist denn die richtige Zeit dafür? Wenn die Yetis den Zoo auseinandernehmen? Wenn DeGraff mittendrin steht? Wann ist denn eine gute Zeit für uns, um zu erfahren, mit wem wir es hier zu tun haben?»
    Sam trat einen Schritt auf Noah zu. «Glaubst du, dass wir einfach herumstehen und zulassen, dass ihr uns zerstört?»
    «Euch zerstört ?»
    Megan drängte sich zwischen Sam und Noah. «Jetzt beruhig dich doch, Noah», sagte sie. «Das wird sonst …»
    Noah wich zur Seite und begann, auf und ab zu gehen. Sein Gesicht war rot vor Wut, und sein Herz raste. Megan hatte recht: Er musste sich beruhigen.
    Er ging zum Rand der Veranda. Dort stützte er sich mit dem Rücken zu den anderen auf das Geländer und starrte hinaus in den Giraffenwald. Überall im Sektor reckten die Tiere ihre langen Hälse in die Luft und starrten zu ihnen hinüber.
    «Hört mal», sagte Megan zu Sam, «vielleicht sollten wir nicht …»
    Das waren die letzten Worte, die Noah hörte. All seine Aufmerksamkeit wurde plötzlich von einem starken Schmerz abgelenkt, der sich in sein linkes Bein bohrte. Unter dem Steg, auf dem Noah stand, funkelten die gelben Augen eines Yetis herauf.
    Das Monster zog an Noahs Bein und zerrte ihn von der Veranda herunter. Noah spürte, wie er durch die Luft segelte und dann hart auf dem Boden aufschlug. Vor seinen Augen tanzten Sterne. Benommen rollte er auf den Rücken. Der Yeti stürzte sich mit ausgefahrenen Krallen auf ihn.
    All das geschah so schnell, dass Noah noch nicht einmal Zeit hatte zu
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