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Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Titel: Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
Autoren: Audrey Braun
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alles durch den Kopf gehen lassen.
    »Wenn das alles hier vorbei ist«, sage ich schließlich, »möchte ich einen Hund haben.«
    »Was für einen Hund?«
    »Einen brünetten Hund. Du weißt schon welchen.«
    »Ja. Ja, ich weiß schon.«
    Gegen Mittag küssen wir uns unter die Dusche und schließlich aus dem Zimmer. Meinen Rucksack habe ich immer dabei. Unter freiem Himmel scheint Jonathon überall zu sein, seine kleinen wütenden Augen bohren sich durch das Grün der Bäume. Ich spüre sie im Nacken, während Benicio und ich zum Hagen-Haus schlendern.
    Unterwegs erzähle ich ihm, wie unheimlich meine Ähnlichkeit mit Annaliese ist. Ich erzähle ihm von Petra und den Tagebüchern, von dem Viagra, das Annaliese vor hundert Jahren erfunden hat, von dem Gefühl, das ich habe, wenn ich am Schreibtisch meiner Urgroßmutter sitze. Und dann beobachte ich den Ausdruck auf Benicios Gesicht, als er die Bilder meiner Familie betrachtet. Er drückt meine Hand und ich sehe, wie mein Glück auch sein Herz erfüllt.
    Als wir zurückkommen, ist es kühler geworden, und in der Pension duftet es nach Feuerholz und warmem Essen.
    Zusammen mit den Freymanns trinken wir Wein und essen Eintopf, doch alles scheint sich irgendwie im Hintergrund abzuspielen, hinter meiner Erwartung, dass Jonathon nur Stunden, wenn nicht Sekunden davon entfernt ist, durch die Tür zu kommen. Ich übersetze die Geschichte der Freymanns für Benicio, wie es dazu gekommen ist, dass die beiden wieder alleine zusammenleben. Sie hatten zwei andere Zwillinge geheiratet und alle vier haben Jahrzehnte in diesem Haus gewohnt,fünfzig Jahre, um genau zu sein, die Pension geführt, einander in der Nebensaison Gesellschaft geleistet. Vor einigen Jahren ist dann die Frau von Herrn Freymann an einer Herzkrankheit gestorben. Und kein Jahr später starb dann ihr Bruder, Frau Freymanns Mann, mit dem sie fünfzig Jahre verheiratet gewesen war, an derselben Krankheit.
    Die beiden müssen den Ausdruck des Bedauerns in unseren Gesichtern sehen.
    »Wir sind nicht verzweifelt«, sagt Herr Freymann zu mir. Und er erklärt, dass sie beide dankbar sind, so viele Jahre so wundervolle Freunde und Ehepartner gehabt zu haben. Das können nicht viele von sich behaupten. Und sie sind dankbar, dass sie immer noch einander haben.
    »Das Leben geht weiter«, sagt Frau Freymann mit einem Lächeln.
    * * *
    Ich erwache von einem dumpfen Geräusch, als sei irgendwo im Haus etwas Großes und Weiches von einem Schrank auf den Boden gefallen. Ich greife nach Benicio. Er sitzt bereits aufrecht, springt aus dem Bett und streift seine Kleidung über.
    »Was war das?«, flüstere ich.
    »Zieh dich an.«
    Ich schlüpfe in meine Sachen und spähe aus dem Fenster. Ein bleicher Halbmond scheint vom wolkigen Himmel. Von hier aus kann ich die Einfahrt vor dem Haus nicht richtig einsehen. Es ist unmöglich zu erkennen, ob ein Wagen angekommen ist.
    Das nächste Haus ist Hunderte von Metern entfernt. Wir befinden uns im zweiten Stock. Ich bin sicher, dass ich mir den Fuß breche, wenn ich aus dem Fenster springe.
    »Wie spät ist es?«, frage ich.
    Benicio nimmt die Uhr vom Nachttisch. »Halb sechs morgens.«
    Ich bin immer noch erschöpft von unserem Sex, die Reste des Jetlags brennen in meinen Augen. Wie eine Droge, ein Beruhi gungs mittel, kurz bevor es mich ohnmächtig werden lässt.
    »Du glaubst nicht, dass einer von den Freymanns im Badezimmer war und dann irgendetwas hat fallen lassen, oder?«, flüstere ich.
    »Nein.«
    »Ich auch nicht.«
    Ich suche im Dunkeln nach meinem Rucksack.
    »Was tust du?«
    Ich ziehe eine schwarze Pistole mit einer orangefarbenen Mündung heraus.
    »Was ist das?«
    Schritte kommen den Flur entlang auf uns zu. Die Schuhe haben Absätze, man versucht nicht einmal, leise zu sein. Es wird an der Türklinke gerüttelt. Jemand schlägt gegen die Tür.
    In einem anderen Raum schreit eine Frau.
    Wieder wird gegen die Tür geschlagen.
    Benicio dreht sich ruckartig zu mir um.
    Wer immer dort draußen ist, steht immer noch auf der anderen Seite der Tür.
    »Was wollen Sie?«, rufe ich plötzlich in die Dunkelheit.
    Benicio wirft mir einen Blick zu. Er schüttelt den Kopf.
    »Was ist das für ein Feigling, der draußen vor der Tür wartet und nichts sagt?«, brülle ich.
    Die Schritte entfernen sich den Flur hinunter. Dann kehren sie schnell zurück, diesmal zusammen mit Schritten, die barfuß zu sein scheinen. Die Schreie der Frau klingen jetzt erstickt, direkt auf der anderen Seite der
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