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Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Titel: Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
Autoren: Audrey Braun
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hat Oliver sich bei irgendeiner jugendlichen Dummheit verletzt. Jonathon hat ihn bewusstlos vorgefunden. Aber warum sollte Jonathon morgens um diese Zeit in Olivers Zimmer gehen, da schläft er doch ohnehin immer noch? Und selbst wenn er ihn bewusstlos vorgefunden hat, wäre Jonathon nicht sofort mit ihm ins Krankenhaus gefahren?
    »Wo sind wir?«, frage ich. »Ich erkenne hier überhaupt nichts mehr.«
    »Es ist eine Abkürzung. Ich bin außen herumgefahren, damit ich nicht so viel halten muss.« Er wischt sich den Schweiß von der Stirn, während er immer wieder einen Blick in den Rückspiegel wirft.
    Ich drehe mich um. Ein schmutzig weißer Wagen, genau wie der, in dem wir sitzen, folgt uns mit dem gleichen halsbrecherischen Tempo. Es sitzen drei, vielleicht vier Männer darin.
    Mir wird heiß. Plötzlich erinnere ich mich daran, wie Oliver sich einmal von meiner Hand losgerissen hat und mitten auf die 23. Avenue gerannt ist. Er war zwei Jahre alt und überzeugt, es sei ein tolles Spiel. Ich habe geschrien, dass er stehen bleiben soll. Er hat gelacht und ist direkt dem Verkehr entgegengelaufen. Lautes Hupen und quietschende Bremsen hatten ihn schließlich veranlasst, stehen zu bleiben. Er hatte sich lächelnd umgedreht, hocherfreut über all die Aufmerksamkeit. Ich war außer mir. Am Arm zerrte ich ihn auf den Bürgersteig und schlug ihn heftig dreimal auf den Po, was ich noch nie zuvor getanhatte. Er heulte und ich packte seine Schultern und schrie ihn an: Das war nicht witzig! Du hättest sterben können! Weißt du, was das bedeutet? Natürlich wusste er es nicht, aber ich brauchte zwanzig Minuten, um die Situation wirklich zu begreifen, um mich zu beruhigen, die Panik abzubauen und meinem Verstand Gelegenheit zu geben, wieder das Ruder zu übernehmen. Es ist ihm nichts passiert, es ist ihm nichts passiert, es ist ihm nichts passiert.
    Ich kurbele das Fenster herunter und sage mir, dass hier jeder so fährt. Ich rede mir ein, wenn irgendetwas mit Oliver nicht in Ordnung wäre, würde ich das tief in meinem Innern spüren, so wie Mütter das eben tun. Doch tatsächlich habe ich ein ganz schlechtes Gefühl. Allerdings in dem Sinne, dass Oliver mich niemals wiedersehen wird, wenn ich nicht sofort dieses Auto verlasse.
    »Halten Sie an.«
    »Wie?«
    »Halten Sie an!«
    »Wieso? Wollen Sie denn nicht nach Hause?« Der verwirrte Ausdruck in seinem Gesicht lässt mich meinen Entschluss fast vergessen.
    »Sofort!«
    Er tritt voll auf die Bremse und ich stütze mich am Armaturenbrett ab, um nicht nach vorn geworfen zu werden.
    »Tut mir leid«, sagt er. »Ich kenne dieses Auto nicht besonders gut.« Er fährt rechts ran und hält. Ein ausgemergelter Hund springt aus dem Weg. »Was ist denn los?«, will Benicio wissen.
    Ich antworte nicht.
    »Ich denke nicht, dass Sie …« Wieder wirft er einen Blick in den Rückspiegel.
    Ich drehe mich um. Der weiße Wagen ist verschwunden.
    Benicio rutscht auf seinem Sitz herum. »Sie joggen offensichtlich regelmäßig. Sind Sie schnell?«
    Ich sehe ihn aus schmalen Augen an. Was zum Teufel soll das denn heißen? Ich öffne die Tür. Mir wird klar, dass ich nicht weiß, wie ich von hier zu unserem Apartment komme.
    »Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht fahren soll?«
    Ich springe aus dem Wagen.
    »Okay«, sagt er. »Nehmen Sie die Straße da vorn rechts, dann folgen Sie ihr bis hinunter zum Meer und biegen auf der Badillo Street links ab. Auf der linken Seite sehen Sie dann das Apartment haus.«
    Plötzlich komme ich mir albern vor, weil ich so misstrauisch bin, doch gleichzeitig habe ich Angst, wieder einzusteigen. Ich zögere, meine Nase füllt sich mit dem Gestank von Abgasen, Hundepisse und Müllhaufen, die in der Hitze vor sich hin rotten. Fliegen umsurren das Auto.
    Gerade will ich die Tür zuschlagen, als hinter mir plötzlich Bewegung entsteht. Bremsen quietschen, Autotüren fliegen auf, Schritte kommen über das Kopfsteinpflaster gelaufen, jemand brüllt Anweisungen auf Spanisch. Im Augenwinkel sehe ich das weiße Auto und dann die Männer, die darin gesessen haben.
    Ich habe keine Zeit mehr wegzulaufen. Eine fleischige Hand, die nach Zwiebeln und Erde riecht, wird über meinen Mund gepresst, meine Arme auf den Rücken gedreht. Ein anderer Mann presst mir einen süßlich riechenden Lappen auf die Nase. Nein!Ich schreie, bringe aber keinen Laut heraus. Alles passiert so schnell. Nein! Ich kämpfe, ringe instinktiv nach Atem, ohne zu begreifen, dass es genau das ist, was sie
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