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Gefaehrlich begabt

Gefaehrlich begabt

Titel: Gefaehrlich begabt
Autoren: Simone Olmesdahl
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sich nicht mehr lange kontrollieren.
    »Ich werde tun, was ich kann, um deine Frau zu beschützen.« Sie griff nach der Hand des Geistes und versuchte, ihn zu beruhigen. Traurig sah sie ihn an, es gab nichts, was sie für ihn tun konnte. »Geh zurück, Frank. Finde deinen Frieden. Marla wird nicht wollen, dass du zu einem Rachegeist wirst. Du musst zurückgehen.«
    Unschlüssig blickte der Verstorbene sie an, aber ihre Worte trugen Früchte. Frank gab ihre Hand frei und widerstand der Versuchung, Besitz von ihr zu ergreifen. In den Schatten besaß er ohnehin keine Macht, also nickte er ihr zu. »Ich wünsche dir Glück, Eva. Du wirst es gebrauchen können, wenn du dich mit den Fingerless anlegst.« Von der einen auf die andere Sekunde verblasste das Licht um Franks Gestalt und der Geist verschwand rasend schnell in Richtung der Ewigkeit.
    Eva atmete tief durch. Sie musste sich einen Moment sammeln und ihre Gedanken ordnen.
    Mühsam öffnete sie die Augen, um aus der Geisterwelt aufzutauchen. Ihre Lider wogen einen Zentner. Ihr ungutes Bauchgefühl hatte sich also bestätigt, etwas Schlimmes bahnte sich an. Eva musste den Beirat informieren. Sofort. Der RFBM war der Rechtsbeirat für besondere Menschen und für die Einhaltung der Gesetze der magischen Welt zuständig. Schon einmal hatten sie sich den Erbschleichern gestellt und die Familie Fingerless dingfest gemacht. Wie konnten sie nach all den Jahren entkommen?
    Eva griff zum Telefon und wählte mit zittrigen Fingern eine Londoner Nummer. Robert, der Vorsitzende des Beirats, war seit langer Zeit ein guter Freund. Leider neigte er zum Bagatellisieren und nahm nichts ernst, was er nicht mit eigenen Augen gesehen hatte.
    »Ja?«
    »Robert? Hier ist Eva.« Ihre Stimme klang brüchig. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn.
    »Eva Ringer. Wie schön, mal wieder von dir zu hören. Wie geht es dir?« Der englische Akzent des Mannes trat deutlich hervor.
    »Um ehrlich zu sein, nicht so gut. Ich glaube, wir haben ein Problem.«
    »Was bedrückt dein Herz?«
    »Die Fingerless sind zurückgekehrt.« Einen Augenblick glaubte Eva, keine Antwort zu erhalten, denn am anderen Ende der Leitung blieb es stumm. »Robert?«
    Nichts. Robert antwortete nicht, oder vielleicht doch, aber die Leitung war plötzlich tot.
    Eva seufzte. Es war nicht das erste Mal, dass die Leitung mitten im Telefongespräch den Geist aufgab. So langsam, meinte sie, könnten sich die Telefongesellschaften etwas für derartige Probleme einfallen lassen. Aber warum musste sie auch in dieses Kaff ziehen? Eva beugte sich unter den Schreibtisch und überprüfte die Telefonsteckdose. Als sie sich wieder aufrichtete, gefror ihr das Blut in den Adern. Sie stand mit dem Rücken zur Tür, aber sie sah den länglichen Schatten, den die Gestalt von dort aus an die Wand warf.
    »Guten Abend, Eva Ringer.«
    Ein Schauder durchlief Evas Körper und sie hielt kurz die Luft an. Sie ahnte, wem die Stimme gehörte.
    »Du darfst dich herumdrehen, wenn ich mit dir spreche.«
    Evas Knie waren weich und drohten, nachzugeben, die Angst schnürte ihr die Kehle zu.
    »Bitte, sieh mich an.« Die Worte klangen wie ein Befehl.
    Panik vernebelte Evas Sinne und sie konnte sich nicht dazu durchringen, sich umzudrehen. In hockender Position suchte sie den Schutz des Schreibtisches. Gott sei Dank war Anna nicht da.
    »Sieh mich an«, donnerte der Magier. Enorme Kräfte rissen ihr die Beine weg. Eva knallte auf die Knie und in der nächsten Sekunde schlitterte sie über den Boden rasant auf den Mann zu. Seine bloße Willenskraft reichte aus, um ihren Körper gefügig zu machen. Die Haut an Knien und Händen brannte wie Feuer. Hart krachte Eva mit der Flanke gegen den Türrahmen, der Schmerz ging durch bis ins Mark. Ihr Kopf schwirrte und ihr Herz schlug, als wollte es ihr aus der Brust springen.
    »Steh auf«, knurrte der Magier.
    Diesmal ließ sich Eva nicht zweimal bitten. Sie stützte sich an der Wand ab und versuchte, die Beine durchzudrücken. Ein qualvoller Stich durchfuhr ihre rechte Seite, bestimmt hatte sie sich ein paar Rippen gebrochen. Mit geschlossenen Augen drehte sie sich um. Sie wollte ihn nicht ansehen, auch wenn sie sich nicht davor drücken konnte.
    »Weißt du, wen du vor dir hast?«
    Vorsichtig hob Eva die Lider und blickte dem Magier ins Gesicht. Sie kannte es, hatte es als Kind in zigfachen Zeitungsartikeln gesehen. Es mutete unnatürlich schön an. Trotz all der Jahre hatte es sich nicht verändert, der Magier war
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