Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt
Autoren: Len Deighton
Vom Netzwerk:
völliger Dunkelheit, außer wenn die Scheinwerfer vorüberfahrender Wagen in dem Augenblick, da sie um die Kurve bogen und bergab zu fahren begannen, darüber hinstrichen.
    Fiona versuchte, den Wagen anzulassen, aber die Kugel, die den Scheinwerfer zerschmettert hatte, mußte noch irgendwas anderes beschädigt haben, denn der Anlasser heulte zwar auf, doch sprang der Motor nicht an. In der Stille des Waldes hörte ich sie vor sich hin fluchen, leise und sanft. Verzweiflung war

    - 321 -
    in ihrer Stimme.
    Und in diesem Augenblick sah ich den anderen. Er schlich sich sehr langsam an der Absperrung entlang. Ich nahm ihn nur für einen Augenblick wahr, aber ich sah, daß er einen Trenchcoat trug und die Sorte wasserdichten Hut, den die Amerikaner zum Golfspielen aufsetzen. Ich konnte mir denken, wer es war, Thurkettle.
    Lange sah und hörte ich dann nichts außer den Geräuschen und Lichtern des Verkehrs auf der Autobahn. Dann vernahm ich die rufende Stimme des Mannes: »Sollen wir vielleicht die ganze Nacht hier warten, Samson?« Es war Thurkettles Stimme. Ich blieb still. Thurkettle rief wieder: »Sie können die Frau nehmen und den Ford und abhauen. Nehmen Sie Ihren Gorilla auch mit. Ich will keinen von euch.« Ich erwiderte nichts.
    »Können Sie mich hören?« sagte er. »Ich bin auf Ihrer Seite.
    Hauen Sie ab. Ich habe noch mehr zu tun.« Ich rief: »Fiona!
    Kannst du mich hören?« Sie sah sich um, entdeckte mich aber nicht. »Geh zu dem Ford, laß den Motor an und fahr ein oder zwei Meter vor. Schalte dann in den Leerlauf.« Fiona ging los und schleuderte beide Schuhe von den Füßen, ehe sie dann weiter durch den Schlamm patschte. Ängstlich und zögernd, denn der verstauchte Knöchel tat weh. Endlich stieg sie in den Wagen und ließ den Motor an. Nachdem sie sich kurz mit der Schaltung vertraut gemacht hatte, fuhr sie langsam ein Stück vorwärts und legte dann den Leerlauf ein.
    »Jetzt schulden Sie mir was, Bernie«, rief Thurkettle.
    »Grüßen Sie den Grafen Zeppelin von mir«, sagte ich. Noch war ich ihm einen Schritt voraus. Ich wußte, wo er war, aber er hatte mich noch nicht geortet. Ich kletterte zu Boden und schätzte, wie viele Schritte ich zur anderen Seite unseres Wagens machen mußte. Wenn Thurkettle zu schießen anfing, bot mir der Wagen Deckung. Ich wartete ein paar Minuten, damit Thurkettle schon mal anfinge, sich umzusehen und sich

    - 322 -
    zu fragen, ob ich nicht schon davongekommen sei. Dann rannte ich zu unserem Wagen hinüber. Ein schwerer Lastzug kroch eben in diesem Augenblick um die Kurve, und seine Scheinwerfer packten mich. Ich lief weiter und warf mich in den Schlamm, als ich das Heck des Ford Transit erreichte. Ich blieb einen Augenblick lang dort liegen, um Atem zu schöpfen.
    Es fielen keine Schüsse. Ich bewegte mich zum vorderen Teil des Wagens und legte eine Hand an die Scheibe, um Fionas Aufmerksamkeit zu erregen. »Kannst du ihn sehen?« flüsterte ich. »Er ist hinter dem Wartburg.«
    »Ist er einer von deinen Leuten?«
    »Ich weiß nichts von ihm.«
    »Ist er denn nicht mit euch gekommen?« fragte ich sie.
    »Nein. Er kam auf einem Motorrad.«
    »Kannst du fahren?«
    »Ja, natürlich«, sagte sie. Ihre Stimme war fest und entschlossen. »Wir werden uns hier absetzen und ihn machen lassen. Rutsche tief in den Sitz für den Fall, daß er schießt. Ich werde einsteigen. Wenn ich sage: ›Los!‹, fahr los. Nicht zu schnell, sonst würgst du den Motor ab.«
    Ich fingerte mit der Hand an der Türfassung entlang, bis ich den Lichtschalter fand, auf den ich dann drückte, um zu verhindern, daß sich die Innenbeleuchtung einschaltete. Dann öffnete ich die Tür und stieg ein. »Los«, sagte ich leise. Fiona gab Gas, und wir rumpelten vorwärts über unebenes Gelände.
    Es fielen keine Schüsse.
    In der Dunkelheit rumpelte der Wagen über ein paar Bretter, und dann rollten wir über eine hohe Kante auf die Autobahn.
    Es war sehr dunkel. Kein Verkehr weit und breit in Sicht. Wir fuhren nach Westen. Als wir ungefähr eine halbe Meile weit gekommen waren, sahen wir hinter uns einen großen Lichtball.
    »Mein Gott!« sagte Fiona. »Was mag das sein?«
    »Da geht dein Wartburg in Flammen auf, wenn ich mich nicht sehr irre.«

    - 323 -
    »In Flammen?«
    »Irgend jemand zerstört das Beweismaterial.«
    »Beweismaterial für was?«
    »Laß uns nicht zurückfahren und danach fragen.« Das Feuer loderte sehr heftig. Man sah die Flammen noch aus vielen Meilen Entfernung. Dann, als wir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher