Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898)
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
sterben heut
    Und eure Speise sein.
     
    Verräter war er. Er hat seine Hand
    In das Blut des Yorks getaucht,
    Nicht eher hab' ich Rast und Ruh,
    Bis seines gen Himmel raucht.«
     
    Da sprach Ritter Canning: »Mein König und Herr,
    Vergieße nicht Bawdins Blut,
    Was immer er dir Böses tat,
    Ihm galt es brav und gut.
     
    Dem Lankasterkönig hat er gedient
    Offen und sonder Scheu,
    König Edward, an deinen Feinden auch
    Ehre Mut und Treu.
     
    Laß Gnade walten, nur Gnad' allein
    Machet des Siegs dich wert,
    Den Oelzweig und die Palme nimm,
    Nicht aber das Racheschwert.
     
    Gedenke, wir Menschen allzumal
    Sind nur an Sünde groß,
    Ein einziger auf Sankt Petri Stuhl
    Ist schuld- und fleckenlos.
     
    Vergib!
das
festiget dir aufs Haupt
    Die kaum gewonnene Kron' ...«
    Umsonst, die rostigen Angeln drehn
    Sich schrill im Tower schon.
     
    Und bei Tagesfrüh', in des Kerkers Tor
    Der Sheriff die Botschaft trug,
    Und ein Stündlein, und zum Richtplatz hin
    Bewegte sich der Zug.
     
    Der Zug war so: der Richter vorn
    In seines Amts Geschmeid',
    Hell glitzerte das Quastengold
    An seinem Scharlachkleid.
     
    Zwölf Augustiner kamen dann
    In härenem Gewand,
    Mit Rosenkranz und Geißelstrick
    In recht- und linker Hand.
     
    Bußpsalmen sangen finster sie,
    Und finster die Wolken ziehn,
    Und dazwischen schrillte Glöckleinklang
    Vom Turme Sankt Marien.
     
    Den Mönchen folgte, festen Schritts,
    Ein Bogenschützenhauf,
    Die Sennen waren all gespannt,
    Die Pfeile lagen auf.
     
    Wohl mochte versteckt lankastrisch Volk
    Den Ritter noch befrein,
    Es mochte Charles Bawdins letzter Gang
    Der seiner Feinde sein.
     
    Dann kam er selbst: zwei Rappen vorn
    In schwarzer Decken Putz,
    Auf ihren Köpfen bewegte sich
    Ein Straußenfederstutz.
     
    Und wieder dann kam festen Schritts
    Ein Bogenschützenhauf,
    Die Sennen waren all gespannt,
    Die Pfeile lagen auf.
     
    Zwölf Augustiner wieder dann
    Mit Psalmenmelodien –
    Und immer noch scholl Glöckleinklang
    Vom Turme Sankt Marien.
     
    Und nun zum Schlusse, straßenbreit
    Des Volkes dicht Gedräng,
    Von allen Dächern folgte man
    Dem traurigen Gepräng.
     
    Zuletzt an Christi Kreuz vorbei
    Bewegte sich der Zug,
    Hernieder schaute still das Lamm,
    Das unsre Sünden trug.
     
    Charles Bawdin aber betete leis:
    »Heiland, erbarm dich mein
    Und wasch auch meine Seele heut
    Von aller Sünde rein.«
     
    Und die Thems' entlang und das Schloß vorbei,
    Und nun waren sie zur Stell':
    Verhangen schwarz war das Schafott,
    Das Beil, es blitzte hell.
     
    Rings Stille. Da sprach Charles Bawdin laut:
    »Blutacker bleibt dies Land,
    Solange Schwert und Zepter bleibt
    In dieses Edwards Hand.
     
    Vergehn vor Gram wird manches Weib
    Und manche junge Braut,
    Eh' dieses Land den ersten Strahl
    Des Friedens wieder schaut.«
     
    Und rasch an Priesters Seite dann
    Hin kniet' er aufs Schafott,
    Und betend still die Seele sein
    Empfahl er seinem Gott.
     
    Hin floß sein Blut. Laut weinend stand
    Das Volk im Kreis umher,
    Wieviel auch roten Blutes floß,
    Der Tränen flossen mehr.
     
    Der Henker dann, mit scharfer Axt,
    Vierteilte Bawdins Rumpf,
    Und jeder Teil ward aufgesteckt
    Auf einen Lanzenstumpf.
     
    Der eine tät als Wetterfahn'
    Auf dem Tower-Turm sich drehn,
    Ein zweiter war als Gitterschmuck
    Vor Edwards Schloß zu sehn.
     
    Der dritt' und vierte, samt dem Haupt,
    Bei fahlem Mittagsschein
    Von dreien Toren blickten die
    Weit in das Land hinein.
     
    Da wurden sie, bei Tag und Nacht,
    Umkrächzet und umkreist,
    Das Raben- und das Krähenvolk
    Hat alles aufgespeist.
     
    Das war das End' von Bawdins Treu
    Und seiner Ehren Ziel ...
    Gott schenk' dem König, unsrem Herrn,
    So treuer Diener viel.
     

Der Aufstand in Northumberland
     
1. Percy und die Nortons
    Graf Percy ging in den Garten sein,
    Sein junges Gemahl geleitet ihn,
    Er spricht: »Mir singt ein Vogel ins Ohr,
    Du mußt fechten, Percy, oder fliehn.«
     
    Lady Percy spricht: »Verhüte das Gott!
    O sei nicht so stolz, o sei nicht so scheu:
    Nach London geh, an der Königin Hof,
    Und beug' ihr dein Knie und leist' ihr die Treu.«
     
    »Zu spät, zu spät, liebe Lady mein,
    Es ist nicht mehr, wie sonst es war,
    Meine Feinde gelten bei Hofe jetzt,
    Ich kann nicht gehn, mir droht Gefahr.«
     
    »Und doch, und doch – sonst reut es dich noch!
    Leg ab deine Scheu, leg ab deinen Trutz,
    Nimm all deine besten Mannen mit,
    So hast du Schirm, und so hast du Schutz.«
     
    »Zu spät, zu spät, liebe Lady mein,
    Der Hof ist klug, ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher