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Gebrauchsanleitung für Weihnachten

Gebrauchsanleitung für Weihnachten

Titel: Gebrauchsanleitung für Weihnachten
Autoren: Daniel Glattauer
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mit Übelkeit verbunden. (»Wenn ich an Weihnachten denke, wird mir schlecht.«)
    Therapieansatz: Nicht an Weihnachten denken. Zugegeben, das ist schwierig, denn ab November erinnert nichts mehr nirgendwo nicht an Weihnachten. Einzig der Weihnachtspunsch hat eine Doppelfunktion. Einerseits ist er der Inbegriff der weihnachtlichen Vergeistigung, andererseits bietet er die Möglichkeit, Weihnachten zu vergessen, wenn man genug von ihm erwischt. Aber auch seine Wirkung lässt einmal nach. Die Heilungschancen des von der Krise Befallenen sindalso gering. Sogar Philosophen sind im Streit: Könnte man selbst bei konsequenter Ausschaltung aller weihnachtsspezifischen Sinneseindrücke über Weihnachten hinwegdenken? Wo denkt man da hin? Und, vor allem: Wie kommt man dorthin?

Die Weihnachtskrise
    Stellt sich oft nach gelungener oder abgeklungener Vorweihnachtskrisenbewältigung ein. Das Problem: Weihnachten erweist sich als schlimmer, als man gedacht hätte. Der Betroffene fühlt sich wie vom Christkind bestellt, aber von den Schwiegereltern heimgesucht. Der Schatten seiner selbst, als der er sich wahrnimmt, steht seinerseits im Schatten des Christbaums. Das Büro – oft letztes Asyl – hat über die Feiertage geschlossen,die Vierschanzentournee der Skispringer noch nicht begonnen. Sogar zur weihnachtlichen Lethargie fehlt der Antrieb.
    Therapieansatz: Drei- bis fünfmal täglich zwanzig bis dreißig Weihnachtskekse, zerkaut oder im G anzen. In heiklen Situationen in Alkohol aufgelöst.

Die Nachweihnachtskrise
    Die vergleichsweise angenehmste aller Weihnachtskrisen. Ist man sich ihrer einmal bewusst, ist sie so gut wie ausgestanden. Oft erschöpft sie sich in der rhetorischen Frage des Betroffenen: »Was waren das denn für Weihnachten?« Man leidet unter dem Gefühl, dass einem wieder einmal nichts geschenkt wurde. Zumindest nichts, was sich umtauschen ließe, wie zum Beispiel derengste Personenkreis. So startet man das neue Jahr immunschwach, mit Niedrigenergie und wenig Lust am familiären oder gar geselligen Leben.
    Therapieansatz: Fasching. In härteren Fällen: Fastenzeit.

Die Lebenskrise
    Wenn die Vorweihnachtskrise in die Weihnachtskrise übergeht, die dann von der Nachweihnachtskrise abgelöst wird, und man sich zwischen Nachweihnachtskrise und der nächsten Vorweihnachtskrise in einem Sommerloch befindet, dann spricht man von einer Lebenskrise. Sofern man überhaupt noch spricht.
    Therapieansatz: Malediven. Astronautenausbildung, Reinkarnation.
    Jenseits allgemeiner und allgemein verständlicher Weihnachtskrisen gibt es jede Menge anlassbezogener Möglichkeiten, Streit zu entfachen, anzufeuern, köcheln oder ausufern zu lassen. Hier einige Klassiker.

Der Doppelbelastungsstreit
    Die streitsuchende Person, zumeist weiblichen Geschlechts, behauptet, sämtliche mit Weihnachten verbundenen manuellen und organisatorischen Tätigkeiten (bezogen auf eine Woche und drei bis zehn Personen) müssten von ihr verrichtet werden. Sie behauptet es allerdings zu einem Zeitpunkt, da die Arbeit so gut wie erledigt ist. Deshalb sind dem Angesprochenen (bzw. Angeschrienen) die Hände gebunden. Sein Argument, man könne sich viel Arbeit sparen, indemman sie nicht sehe, bringt den Streit zum Eskalieren.

Der Verpackungsstreit
    So schön wie im verschachtelten, umhüllten, festlich verschnürten und mit Schleife versehenen Zustand präsentieren sich die meisten Gegenstände nie wieder. Auf der Verpackung lastet deshalb enormer Druck, Weihnachtspapier bietet eine immense Angriffsfläche. Hier nur eine der zahlreichen Streitmöglichkeiten – die Daumenprobe: Sie packt Geschenke ein. Er steht daneben und schüttelt den Kopf. Sie bittet ihn unfreundlich, als Symbol für die Willensbereitschaft, am Weihnachtsfest mitzuwirken, seinen Daumen auf einen ersten Geschenkbandknoten zu legen, damit sie einen zweiten knüpfen kann.
    Variante 1 .) Sie zieht kräftig zu. Er schreit auf, verflucht die Festtage und zweifelt am Sinn einer (phasenweise) monogamen Lebensgemeinschaft, zu deren emotionalen Höhepunkten das Verpacken von Geschenken zählt.
    Variante 2 .) Er nimmt seinen Daumen zu früh weg, so dass sich der Knoten lockert. Ihr fallen spontan drei Männer ein, die den Daumen für sie drei Tage auf der von ihr zugewiesenen Stelle gelassen hätten. Unmittelbar danach leitet sie einen Satz mit den Worten »Du bist ja nicht einmal fähig« ein. Mehr braucht sie nicht zu sagen, den Rest erledigt Weihnachten.

Der Karpfenstreit
    Der gebackene
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