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Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Titel: Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)
Autoren: Eva Gruberová , Helmut Zeller
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mussten warten, bis er jemanden an unseren Tisch gebracht hatte.» Laura Schwarcz schärfte ihren Kindern ein, die Lebensmittel vor den Türen abzulegen und sofort zu gehen. Sie wollte den Armen jedes Gefühl von Demütigung ersparen.

    Miriam (hält ihren Neffen im Arm) mit ihren Verwandten während der Sommerferien auf dem Familiengut. Links von ihr sitzt ihre Schwester Lilly, Vel’ký Lel, 1940
    Vierzehn Kinder zog das tiefgläubige Ehepaar Schwarcz in der jüdischen Tradition auf. Miriam war die Jüngste der fünf Mädchen und neun Jungen. Neben der schulischen und beruflichen Ausbildung hielt Jenö Schwarcz seine Söhne zum religiösen Studium an. Alle neun Söhne, die wie ihr Vater Landwirte wurden, besuchten eine Jeshiva-Schule, in der sie sich dem Thorastudium widmeten und über die jüdischen Gebote diskutierten. Die Jeshivas in der Südslowakei erfreuten sich eines so guten Rufs, dass sogar Studenten aus den weit entfernten ungarischen Städten den Unterricht besuchten. Die Familie war orthodox, aber auch modern eingestellt. Miriams Mutter trug natürlich eine Perücke, wenn sie das Haus verließ, sie ließ sich ihre Haare aber nicht abschneiden. Ihre Töchter sollten einen Beruf erlernen, denn obwohl sie sich wie ihre Mutter später der Kindererziehung und dem Haushalt widmen sollten, wusste man ja nie, ob sie nicht doch einmal eine gute Ausbildung brauchen konnten. «Unsere Mutter wollte aus uns keine Prinzessinnen machen.» Die Eltern planten, Miriam zum Studieren nach Budapest zu schicken. Aber die antijüdischen Gesetze verhinderten das. Auf gute Sprachkenntnisse legte das Ehepaar Schwarcz besonderen Wert. Neben Ungarisch, ihrer Muttersprache, sollten die Kinder auch Deutsch sprechen. Ein jüdisches «Fräulein» aus Frankfurt am Main nahm die Erziehung Miriams und ihrer Geschwister in die Hand. Gleich nachdem sich die junge Frau im Dienstbotenzimmer des Hauses in Komárno eingerichtet hatte, begann für die Kinder ein Leben nach strikten Regeln. Die Gouvernante holte Miriam und ihre Schwester Lilly jeden Tag von der Schule ab, machte mit den Mädchen Hausaufgaben und lehrte sie danach Deutsch. In strengem Tonfall brachte sie den Kindern bei, wie man sich bei Tisch benimmt oder dass junge Damen auf Spaziergängen weiße Handschuhe zu tragen haben. Unnachgiebig verfolgte sie jeden Fehler. Miriam fiel es schwer, ihr Wohlgefallen zu gewinnen, vor allem, weil sie die ständigen Ermahnungen der Frau, die einen starken hessischen Dialekt sprach, oft gar nicht verstand. Das musste ein Ende finden. Sie und Lilly lagen ihren Eltern so lange in den Ohren, bis die Gouvernante mit vielen guten Wünschen nach Deutschland zurückgeschickt wurde. So kam die französische Hauslehrerin Babette zur Familie Schwarcz, und die Kinder lernten jetzt Französisch statt Deutsch. Schon bei ihrer Ankunft war Miriam von der jungen Frau aus Paris begeistert. Babette war eine Schönheit. Das fiel aber auch Miriams Bruder Alex auf, der zum Verdruss seiner Eltern in eine richtige Schwärmerei für die junge Französin verfiel. So musste Miriam schon bald von Babette Abschied nehmen.

    Jenö und Laura Schwarcz, 1935

    Miriam (sitzt im Wagen) mit ihrer Schwester Lilly vor dem Elternhaus in Komárno, 1939

    Miriam Schwarcz, 20 Jahre alt, Budapest, 1942
    Nach und nach heirateten alle Kinder, nur Miriam und Jacob wohnten noch zu Hause. An jüdischen Feiertagen aber, das war zur Tradition geworden, versammelten sich die Söhne und Töchter mit ihren Familien im Haus der Eltern. Der Tisch, an dem sie saßen, war so lang, dass Jenö Schwarcz jedes Mal aufstehen und zum anderen Ende der Tafel gehen musste, wenn er mit seinen Enkeln sprechen oder sie auch mal rügen wollte, weil sie wieder mal zu laut waren und die Erwachsenen in ihren Gesprächen störten. Wie alle ihre Geschwister besuchte Miriam regelmäßig die Synagoge. Sie zog sich dafür immer hübsch an, und wenn sie sich sicher war, dass ihre Mutter es nicht sah, schielte sie verstohlen vom Frauenbalkon auf die jungen Männer hinunter. Aber Miriam zog auch die Blicke auf sich. Sie liebte Mode und trug immer elegante Kleider, die sie auf Besuch bei ihrer Schwester Aranka in Budapest kaufte. Alles war handgemacht. Vanin, ein damals prominenter jüdischer Schuster aus Russland, hatte Miriam kalbslederne Stiefel gefertigt und ihre Initialen in das Leder geprägt. Sogar auf den Straßen Budapests sprachen Passanten sie wegen ihrer Stiefel an. Doch was Bekanntschaften mit jungen Männern
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