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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke
Autoren: Matt Ruff
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einen Neger aus dem Maschinenpark; des weiteren werden heute hohe Methan- und sonstige Toxikakonzentrationen gemeldet, also ver-geßt nicht, eure Sauerstoffflaschen aufzufüllen. Das wär's, Leute. Auf die Barkassen, viel Glück, und haltet da draußen die Augen auf. Und hütet eure Zunge.«
Das Vormittagsprogramm
    Eine höfliche körperlose Stimme sprach von Harry Gants Handgelenk aus: »Viertel nach acht, Sir.«
    Gant streifte seinen Ärmel hoch und entblößte ein armbanduhrgroßes Dick-Tracy-Gesicht. Er strich mit dem Daumen über Tracys Kinnkerbe und sagte: »Bist du's, Toby?«
    »Ja, Sir, Mr. Gant. Ms. Domingo hat mich geschickt. Zeit, herunterzukommen, Sir.«
    »Was steht heute morgen auf dem Programm, Toby?«
    »Um neun halten Sie eine Ansprache in der >Gant Medientechnischen Hochschule für überdurchschnittlich begabte jugendliche Einwanderen. Anschließend haben Sie ein Rri-senmanagement-Meeting mit der Abteilung für Öffentliche Meinung, es geht dabei um den Piraten Philo Dufresne. Und natürlich das Negerproblem.«
    »Ah ja«, sagte Gant, »das. Toby?«
    »Ja, Sir?«
    »Gibt es heute irgendwas Besonderes, woran ich denken sollte? Ich meine nicht Geschäftliches; sieh in meiner persönlichen Datei nach.«
    »Ja, Sir.« Auf der Terrasse des 208. Stockwerks kratzte sich der Automatische Diener mit einem dunkelhäutigen Finger den Kopf. Dann sagte er: »Sie denken vielleicht an Ihren Hochzeitstag, Mr. Gant. Das heißt, heute wäre Ihr Hochzeitstag, wenn Sie noch immer -«
    »Stimmt«, sagte Gant und schnippte mit den Fingern. »Der Tag vor Halloween, komisch, daß ich das vergessen konnte.«
    »Die ehemalige Ms. Gant«, fügte Toby hinzu, »hat nächsten Monat außerdem Geburtstag. Ihren einundvierzigsten. Und Sie werden nächste Woche dreiundvierzig.«
    »Stimmt, stimmt. Okay, Toby, du gehst zu Ms. Domingo und sagst ihr, ich bin gleich unten. Sag ihr auch, daß ich für diese Schulgeschichte um neun sechs Mobile Fernseher als Multi-media-Support brauche. Das ist alles.«
    »Ja, Sir«, sagte der Diener und legte auf. Gant blieb noch eine Weile in seinem Adlerhorst. Gute alte Joan, dachte er mit einer Spur von Wehmut und ohne jeden Groll. Das letzte, was er über seine Exfrau gehört hatte, war, daß sie irgendeiner proletarischen Tätigkeit nachging und ein Obdachlosenheim in der Bowery leitete. Ein dürftiger Gebrauch ihrer Talente ... Aber er lächelte trotzdem, denn der Gedanke an Joan ließ ihn an die Vergangenheit im allgemeinen denken, und der Gedanke an die Vergangenheit im allgemeinen ließ ihn an sich selbst denken, an die amerikanische Bilderbuchkarriere, die sein Leben darstellte.
    Harry Dennis Gant, geboren 1980 auf dem Rücksitz eines auf einem Rastplatz am Jersey Turnpike verreckten Toyotas. Mutter gelernte Bauarbeiterin, Vater Lehrer, beide zum Zeitpunkt von Harrys Geburt erwerbs- und obdachlos, der schrottreife Toyota ihr letzter verbliebener Besitz. Und was hatte er bei diesen bescheidenen Anfängen - der modernen Entsprechung, wie Harry Gant sich gern vorstellte, einer Geburt in einer einfachen Blockhütte - in knapp dreiundvierzig Jahren nicht aus sich gemacht! Was hatte er in der Welt nicht alles geschaffen - und sein Leben war noch nicht einmal zur Hälfte vorbei, noch nicht einmal zur Hälfte.
    Eigenliebe und Vaterlandsliebe entfachten im Ofen von tlarry Gants Seele ein Feuer, das ihn für den neuen Tag vorwärmLe. Er war froh, am Leben zu sein; froh, imstande zu sein, den hochbegabten Jugendlichen, zu denen er in einer Stunde sprechen würde, eine so wunderbare Gabe - die Gabe der Inspiration - zu überbringen. Er nickte der riesigen Stadt, die unter ihm ausgebreitet lag, respektvoll zu, öffnete die Falltür im Fußboden der Kanzel und machte sich an den Abstieg.
Ein Wort zum Negerproblem
    Das Negerproblem, mit dem Gant Industries zu kämpfen hatte, darf nicht mit dem Afroamerikanerproblem verwechselt werden, das ganz einfach darin bestand, daß es keine Afroamerikaner mehr gab - noch, was das angeht, Schwarzafrikaner; zumindest keine, die man zum Essen hätte einladen können. Kurz nach der Jahrhundertwende hatte ein neuzeitlicher - die Bezeichnung voll und ganz verdienender - Schwärzer Tod, dessen Herkunft und Ätiologie noch vollkommen unbekannt waren, über Nacht bundesweit Ghettos in Geisterstädte verwandelt, Nigeria und drei Dutzend weitere schwarzafrikanische Staaten entvölkert und die paar Handvoll Uberlebenden in immer entlegenere geheime Reservate getrieben. Der
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