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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke
Autoren: Matt Ruff
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veröffentlichte. Vergangenen August hatte sogar das Wall Street Journal, und dazu noch in einer Schlagzeile, den Ausdruck gebraucht, womit die Schlacht um die Heraushaltung von »Elektro-Neger« aus dem Wortschatz der Medien endgültig verloren zu sein schien.
    Und das war das Negerproblem. Kein großes Problem, wie Harry Gant als erster eingeräumt hätte: bis dato hatte der Absatz nicht im mindesten darunter gelitten, und die Verbraucher waren mit ihren Dienern so zufrieden wie eh und je - wie immer sie sie auch nennen mochten.
    Aber tatsächlich würde Harry Gant, was Elektro-Neger und deren landfriedenbrechendes Potential anbelangte, noch eine ganze Menge dazulernen müssen.
Abschiedsgeschenke
    Joan hängte sich den Rosenkranz zusammen mit ihren Hundemarken um den Hals. Trotzdem sie sich schon vor so langer Zeit von der Kirche losgesagt hatte, bereitete sie sich auf ihr Tagewerk mit einer ernsten Entschlossenheit vor und behandelte ihre Waffen und ihre Ausrüstung mit einer Ehrerbietung, die einem Jesuiten alle Ehre gemacht hätte. Diese frühmorgendliche Übung entlockte Prohaska, für den die Kanalarbeit ein Job wie jeder andere war - wenngleich einer, der eine sehr hohe Gefahrenzulage einbrachte -, stets die eine oder andere frotzelnde Bemerkung..
    »Na, bereit für eine weitere Woche im Kampf gegen die Mächte des Bösen?« fragte er und deutete dabei auf das Kruzifix. »Das ist doch eine tote Religion.«
    »Ich weiß«, sagte Joan und zog den Reißverschluß des Synthe-tik-Bodysuits hoch, von dem sie hoffte, daß er sie im Falle eines unfreiwilligen Bades vor Chemikalien und Mikroorganismen schützen würde. »Und welchem Glauben hängst du momentan so an, Lenny?«
    »Panverehrung.« Er zeigte ihr einen versteinerten Holzspan. »Ökologisch-politisch korrekte heidnische Baumpower.«
    Joan lachte. »Baumpower. Die wird dir sicher helfen, wenn du bis zum Hals in der Scheiße steckst! Außerdem, hattest du mir nicht gesagt, Teddy May wär Katholik gewesen?«
    »Klar. In der guten alten Zeit, als man Alligatoren noch mit Kleinkalibergewehr und Rattengift zu Leibe rückte.«
    »Na, dann nenn mich eben eine Traditionalistin.« Sie nahm eine Sauerstoffflasche aus der Aufladevorrichtung und schnallte sie sich auf den Rücken. Hinter ihr wies Hartower einen widerwilligen Eddie ein.
    »Handgranaten gehören hier an den Gürtel, so«, sagte er gerade. »Die rührst du nicht an, außer es geht wirklich um Leben und Tod, kapiert? Als nächstes -«
    »Moment«, sagte Eddie, »nur'n Moment. Mit der abgesägten Schrotflinte kann ich schon umgehen, aber mit dem übrigen Kram ... müßt ich nicht irgend so'n Trainingskurs machen? So ne Art Grundausbildung?«
    »Das Zoologische Dezernat kann sich keine Trainingskurse leisten. Ein Viertel der Mittel, die wir vom HQ kriegen, wird für Ausrüstung und Munition ausgegeben, und die restlichen drei Viertel gehen für Versicherungsprämien drauf. Sieh's doch einfach so: Sollte der Fall eintreten, daß du endgültig in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wirst, weil du mit irgend etwas nicht richtig umgehen konntest, kriegt deine Familie eine Wahnsinnsentschädigung ...«
    Joan ging zum Ausgabeschalter, um den Empfang von vier kompletten Ausrüstungen zu quittieren. »Brauch auch'n Schlüssel für einen Diener«, sagte sie und schob ihren Gewerkschaftsausweis in einen Scanner. Der schmallippige junge Mann am Schalter reichte ihr wortlos den Schlüssel; er studierte an der Columbia University Kunstgeschichte und jobbte nebenbei, um sich die Miete zu verdienen, und er hielt jeden, der die Kanalisation als seinen Lebensberuf erwählt hatte, für übergeschnappt. Besser, kein Gespräch mit so jemandem anfangen.
    Die Automatischen Diener des Dezernats waren am hinteren Ende des Gerätelagers untergebracht, hinter den Ersatzteilen für die Patrouillenboote. Joan fand denjenigen, zu dem der Schlüssel gehörte, und öffnete das Kryptonitschloß, das ihn an der Wand befestigt hielt. Es war eine ältere Version des AS204, zu einer Zeit konstruiert, als Gants Ingenieure das Gelenkproblem noch nicht hundertprozentig im Griff hatten; beim Versuch, ein natürliches Spektrum von Bewegungsabläufen zu imitieren, unterliefen dem Ding bisweilen Fehlleistungen. Wenn es zum Beispiel den Ellbogen falsch herum abknickte, wurde einem vom bloßen Zusehen ganz anders. Seine von jahrelangem Dienst in einer unfreundlichen Unterwelt überbeanspruchte Außenhülle ähnelte eher abgewetztem Leder als menschlicher
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