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Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)

Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)

Titel: Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
Autoren: Hans-Ulrich Grimm
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es eher witzig, wenn jemand sich als »Schokoholic« bekannte. Sie meinen es aber bitterernst.

    »Der ganze Tag dreht sich nur um das Suchtmittel«, sagt Yvonne, kaufmännische Angestellte aus Wien, die sich einer Selbsthilfegruppe im Internet angeschlossen hat: »Es ekelt einen an, alles klebt und kratzt schon im Hals, und im Kiefer spürt man eine Sperre, und dennoch öffnet man den Mund und schiebt den siebten Schokoriegel rein und würgt ihn runter.«
    Gruppenmitglied Maria, Lehrerin aus Bonn, hat sich in jeder Pause »vollgedröhnt« mit Süßigkeiten: »In der Klasse musste ich mich dann setzen, damit es mir nicht schwarz vor Augen wurde.«
    Judith aus Düsseldorf, Gruppenleiterin Beschaffung in einer internationalen Firma, vergleicht Zucker mit Zigaretten: »Dass Rauchen eine Sucht ist, ist unbestritten. Ich reagierte auf Süßigkeiten ganz genauso.« Sie hat das Forum gegründet, das vor allem von Frauen besucht wird: von der Arzthelferin bis zur Floristin, von der Krankenschwester bis zur Diakonin. Die Leiterin eines Jugendzentrums ist dabei, eine Grafikdesignerin, auch Hausfrauen mit Kindern.
    Die Sucht nach dem Süßen scheint ein Massenphänomen zu werden.
    Die Sucht nach dem Süßen ist mehr als die Lust auf ein Eis im Sommer, das Stück Schokolade an dunklen Wintertagen, die Freude am Christstollen zu Weihnachten.
    Lust macht Freude. Wer süchtig ist, leidet an der Lust.
    Das Süße wirkt im Gehirn nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen tatsächlich wie eine Droge, vergleichbar sogar mit Kokain. Und es nutzt einen uralten Mechanismus im Menschen: Das Gehirn vertraut auf die Ungefährlichkeit des Süßen. So ist es aus Urzeiten programmiert. Es ist sogar besonders empfindlich gegenüber den süßen Reizen.
    Die Süchtigen sind nicht mehr Herr ihrer Handlungen. Ihre Steuerungsfähigkeit ist eingeschränkt. Dabei sollten sie ja die mündigen Verbraucher sein, die im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte und aller nötigen Informationen den Supermarkt betreten und dann eine vollkommen rationale Entscheidung treffen.
    So stellen sich das die Politiker vor, die die Gesetze machen. Und die Gerichte, wenn es um Schadensersatz geht. Wenn die Menschen immer dicker und zudem krank werden: selbst schuld. So lautete bisher das Urteil der Ernährungsexperten, der Mediziner, der Öffentlichkeit, auch der Medien. Der mündige Verbraucher soll selbst wissen, was er tut.
    Mündigkeit setzt klaren Verstand voraus, doch den hebelt das Suchtmittel aus. Wenn das Süße die Herrschaft übernimmt, das Gehirn manipuliert, ist keine freie Wahl mehr möglich. Sie haben keine Wahl: Sie müssen.
    Zumal das Angebot ihnen immer weniger Alternativen bietet. Das Angebot wird immer stärker eingeschränkt, die Auswahl verengt. Es kommt aus Supermärkten, Fast-Food-Restaurants, immer die gleichen Marken, und zwar weltweit. Selbst in der Südsee ist es heute einfacher, eine Cola zu bekommen, als eine Kokosnuss. Das Gesunde ist weit weg, nah aber die süße Droge. Sogar an der Kasse in der Tankstelle. Wo die Süßigkeiten gleich neben dem Jägermeister liegen.
    Gefährlich ist die Suchtdebatte für die Zuckerbranche. Sie wird zum Problemfall, sieht sich plötzlich in eine Reihe gestellt mit Schnapsfabriken, Big Tobacco, gar Drogendealern. Und hält dagegen, mit Wissenschaftlern oder zunächst einem Witzchen: »Ich habe noch nie von jemandem gehört, der eine Bank ausgeraubt hat, um einen Schokoriegel oder Eiskrem oder Popcorn zu kaufen«, höhnte Richard Adamson, Pharmakologe und Lobbyist bei der Softdrink-Vereinigung American Beverage Association in der US-Hauptstadt Washington.
    »Zuckersucht ist ein Ernährungsmärchen!«, meldete der Bundesverband der deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) unter Berufung auf einen britischen Professor namens David Benton von der Universität Swansea in Wales. Der hatte 160 Studien ausgewertet und »fand keinerlei Bestätigung«. Benton ist ein rühriger Experte, er arbeitet zusammen mit den Sachverständigen von Ferrero, Coca-Cola, Pepsi-Cola, Südzucker, Kraft, Kellogg in speziellen Sondertruppen (»Task Forces«) etwa zu Kohlenhydraten, organisiert vom International Life Sciences Institute (ILSI), der wichtigsten Lobbytruppe der Nahrungsindustrie (zu ILSI siehe Hans-Ulrich Grimm: »Vom Verzehr wird abgeraten«).
    »Es gibt keine Zuckersucht«, sagte auch der Münchner Professor Hans Hauner zum Frauenmagazin Cosmopolitan. Professor Hauner ist Direktor des »Else Kröner-Fresenius-Zentrums« für
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