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Ganz oder Kowalski

Ganz oder Kowalski

Titel: Ganz oder Kowalski
Autoren: Shannon Stacey
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gekommen war. „Vermutlich liegt es daran, dass ich kaum geschlafen habe. Nachdem ich den letzten Monat über mitten im Nirgendwo war, muss ich mich erst daran gewöhnen, über einer Bar in der Stadt zu wohnen.“
    Urplötzlich schlug sie ihm mit dem verdammten Holzlöffel auf den Hinterkopf. Er rieb sich über die schmerzende Stelle. Wahrscheinlich würde er eine Beule bekommen. „Aua!“
    „Sieh mich an, Sean Michael Kowalski.“ Eingeschüchtert blickte er in ihre ungefähre Richtung. Sie packte sein Kinn und hob sein Gesicht an, sodass ihm nichts übrig blieb, als sie anzusehen. „Sieh mir in die Augen, junger Mann, und wage es ja nicht, mich anzulügen. Liebst du Emma?“
    „Ja“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Sofort ließ sie ihn wieder los, und er fuhr sich über das Kinn. „Tja, das ist doch ein Anfang. Und ich vermute, dass du ihr das nicht gesagt hast, ehe du deine Sachen gepackt hast und ausgezogen bist.“
    „Ich weiß nicht, was ich tun soll. Und ich bekomme auch keinerlei Mitgefühl.“
    „Wenn du auf der Suche nach Mitgefühl bist …“
    „Ich weiß. Das steht zwischen Mist und Mittelohrentzündung im Wörterbuch.“ Das hatten sie alle schon oft gehört. Sehr oft. „Die Brownies schmecken übrigens köstlich.“
    Seine Tante zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben ihn. „Was macht dich glücklich, Sean?“
    Emma. Emma machte ihn glücklich. „Ich hatte noch keine Gelegenheit, mir zu überlegen, was mich glücklich machen könnte. Ich wollte … irgendetwas machen. Vielleicht reisen. Einen Ort finden, den ich mein Zuhause nennen kann. Und, ja, ich liebe Emma. Aber sie ist so … verwurzelt. Sie hat das Haus und ihre Firma. Das ist ihr Leben. Ich möchte mein Leben leben.“
    „Ihr wart einen Monat lang zusammen. Und du warst glücklich. Streite das nicht ab, sonst setzt es wieder was mit dem Holzlöffel. Und nachdem ihr nun nicht mehr zusammenlebt, bist du unglücklich.“
    „Sie hat mich nicht gebeten, bei ihr zu bleiben.“ Da. Jetzt war es raus.
    „Hast du ihr denn einen Grund gegeben, zu glauben, dass du bleiben würdest?“
    Er spürte, dass er unwillkürlich die Kiefer aufeinandergepresst hatte, und zwang sich dazu, sich zu entspannen. „Das hätte sie wissen müssen.“
    Tante Mary beugte sich vor und legte ihre Hände auf seine. „Und wieso hast du nicht gemerkt, wie sie dich angesehen hat? Wie hast du sie auf der Abschiedsparty anblicken können, ohne zu sehen, wie ihr das Herz brach?“
    „Ich … Sie war traurig, weil ihre Großmutter abgereist ist.“
    „Ihr zwei seid so sehr damit beschäftigt, wegen eurer albernen Abmachung eure Gefühle voreinander zu verstecken, dass ihr euch gegenseitig gar nicht mehr richtig wahrnehmt.“ Sie stand auf, ging zur Anrichte und zog den Barhocker hervor, auf den sie sich immer dann setzte, wenn ihre Füße schmerzten. „Ich bin zu alt, um mich herunterzubeugen, und ihr Jungs seid zu groß, also komm her, und setz dich hierhin.“
    Er tat, um was sie ihn gebeten hatte, und sie stellte sich zwischen seine Knie. Überrascht stellte er fest, dass er so die richtige Größe hatte, dass sie die Arme um ihn legen konnte. Seufzend schlang er seinerseits die Arme um ihre Taille und legte den Kopf an ihre Schulter.
    Sie gab ihm einen Kuss aufs Haar und streichelte ihm den Rücken. „Wenn du in einem Jahr auf einem Bahngleis feststecken würdest und ein Zug käme angerast, was würdest du bereuen? Dass du nicht mit dem Auto zum Grand Canyon gefahren bist? Oder dass du das Jahr nicht mit Emma verbracht hast?“
    Er lachte kurz auf. „Glaub mir, Emma ist der Zug.“
    „Das ist Liebe, mein Junge.“ Sie drückte ihn fest, und er spürte, wie etwas von der Traurigkeit, die ihn im Griff gehabt hatte, sich in Luft auflöste. „Denk darüber nach.“
    Er nahm sich noch ein paar Minuten, um sich mithilfe eines weiteren Brownies zu sammeln und zu stärken. Dann gab er seiner Tante einen Abschiedskuss. „Sag Onkel Leo, dass ich ihn ein andermal im Schuppen besuchen komme, ja?“
    In Jasper‘s Bar & Grille war nicht viel los, als er einige Zeit später ankam. Kevin war nirgendwo zu entdecken, also setzte er sich an die Bar und bat Paulie um ein Bier.
    Er starrte in die goldene Flüssigkeit und schwenkte sie in seinem Glas, doch auch das brachte ihm keine Antwort.
    Mist . Er kannte die Antwort. Wenn er kurz davorstehen würde, wie ein Käfer auf der Vorderscheibe eines außer Kontrolle geratenen Güterzugs zu
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