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Galaxis Science Fiction Bd. 09

Galaxis Science Fiction Bd. 09

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 09
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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bewohnten Höhlen lauerte, die in den zerschlagenen Klippen der Stadt übriggeblieben waren.
    Deshalb war Cottrell Garvin, während er sich jetzt zu dem einzigen Platze flüchtete, in dem es für ihn Frieden gab – der Unantastbarkeit seines Hauses –, nur vier Generationen von der alten Zivilisation entfernt und von dem warmen Schein des Lichts, das in lauen Sommernächten durch die Fenster der Bauernhäuser schien, aber nur drei Generationen von dem verängstigten, die Zähne fletschenden, jagenden und plündernden Organismus, der in einer Ecke seiner Parkettfußbodenhöhle kauerte und den Drücker seiner Waffe befingerte.
    Er stellte seinen Karabiner in dem Gewehrständer der Familie im vorderen Wohnzimmer ab und durchwanderte dann die anderen Räume des Erdgeschosses. Während er überall die Alarmanlage überprüfte, blieb er ab und zu stehen und dachte an das, was er eben erlebt hatte. Die unglaubliche Kompliziertheit des Problems bedrückte ihn, denn nirgends zeigte sich ihm eine klare Fläche, wo er ansetzen und es mit Hilfe seiner Gedanken zergliedern konnte.
    Natürlich hatte er im Grunde den Fehler bei sich selbst zu suchen, denn er hatte vorsätzlich die Integrität Hollands verletzt, indem er seiner Tochter nachspioniert hatte. Es lag jedoch an den feineren Verästlungen des Problems, daß alle Klarheit verschwand.
    Mr. Holland waren seine nächtlichen Streifzüge aufgefallen, und heute nacht, anstatt ihm eine direkte Forderung zu übermitteln, hatte er ihm aufgelauert. Nachdem er Cott aufgeklärt hatte, daß er Bescheid wußte, war er jedoch nicht seinen Verpflichtungen als Gentleman nachgekommen, sondern hatte sich sogar noch über seine – Cottrells – Erwartungen in dieser Hinsicht lächerlich gemacht.
    Er hatte auf diese Weise nicht nur Cott und dessen Familie, sondern auch seine eigene Tochter gekränkt.
    Trotzdem – ob nun Mr. Holland ein Gentleman war oder nicht – Cott hatte sich jedenfalls eines schwerwiegenden Vergehens schuldig gemacht. Für Cott war nun das, was bis jetzt nur eine nagende, heimliche Schande gewesen war, an das Licht der Öffentlichkeit gezerrt und unheilvoll und ekelhaft geworden.
    Und schlimmer noch, Mr. Holland hatte sich geweigert, dieses Problem für ihn in der hergebrachten Weise zu lösen.
    Endlich ging Cott auf Zehenspitzen hinunter zu den Schlafräumen. Er war sich nicht ganz klar, wie groß eigentlich seine Schuld war und deshalb auch seine Schmach, aber er wußte, er würde diese Nacht keinen Schlaf finden.
    Er lag auf seinem Bett und kämpfte gegen den Teil seiner Gedanken, die ihm das lockende Bild von Barbara Holland vor Augen führen wollten.
    ER kämpfte, aber vergebens. Das Bild, das ihm die Erinnerung dieser Nacht zeigte, war so lebendig wie die anderen, die sein Gedächtnis daneben aufbewahrte, angefangen von dem ersten Anblick vor fünf Jahren, als er bei seiner Heimkehr von der Grundausbildung an ihrem Fenster vorbeigekommen war. Und obwohl er sie fast täglich im Dorfe sah, hatten diese besonderen Bilder doch etwas Kostbares, denn in ihnen zeigte sieh nicht die kalte und schickliche Unnahbarkeit, mit der sie sich umgab, wenn sie nicht allein war.
    Und wiederum war da das schreckliche Problem mit Barbaras Vater. Der Mann war in der wilden Unmoral und Sittenlosigkeit der Schmutzigen Jahre aufgewachsen. Offensichtlich konnte er an dem, was Cott getan hatte, nichts Verwerfliches finden. Er hatte vermutlich genug Verstand, um – Gott sei Dank – keinem Dritten davon zu erzählen, aber was würde er zu Barbara sagen in einem ungeschickten Versuch, die – wie er es ausdrücken würde – zwei Kinder zusammenzubringen?
    Die Dämmerung kam, und Cott begrüßte dankbar das Ende der Nacht.
    Als Haupt der Familie seit seines Vaters Tod in der Ehrenaffäre vor zwei Jahren gehörte es zu Cotts Pflichten, die Arbeiten eines jeden Tages einzuteilen, wenn sie von der normalen Farmroutine abwichen. Heute, da die Frühjahrsaussaat beendet war und es noch einige Wochen hin war bis zu den Arbeiten des Sommers, war einer dieser Tage ohne vorherbestimmten Plan. Er überlegte fast eine Stunde, womit der Tag wohl für den Haushalt ausgefüllt werden könnte, und fiel schließlich auf eine Lösung zurück, zu der auch sein Vater oft seine Zuflucht genommen hatte.
    Wenn es nichts anderes zu tun gab, konnte man Drill abhalten.
    Aus Rücksicht auf das Alter seiner Großmutter wartete er bis acht Uhr, bevor er die Alarmsirene betätigte. Aber weder das dumpfe Zuschlagen der
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