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Gabriel Lambert

Gabriel Lambert

Titel: Gabriel Lambert
Autoren: Alexandre Dumas
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seinem Gegner reichte. Olivier nahm ihn bei der Klinge, und es war, als schaute er ihn gar nicht an; man hätte glauben können, er hielte ein Spazierstöckchen in der Hand.
    Herr de Faverne nahm dagegen den seinen am Griff und peitsch-te zwei- oder dreimal die Luft mit der Klinge; dann umwickelte er die Hand mit einem seidenen Taschentuch, um den Degen nicht so leicht verlieren zu können.
    Olivier zog jetzt erst seine Handschuhe aus, hielt es aber für un-nötig, sich der Vorsichtsmaßregeln zu bedienen, die sein Gegner getroff en hatte; ich gewahrte nun seine Hand; sie war weiß und zart wie eine Frauenhand.
    »Nun! Mein Herr«, sagte Herr de Faverne. »Nun?«
    »Ich warte«, antwortete Olivier.
    »Vorwärts, meine Herren«, rief Alfred.
    Die Gegner, die zehn Schritte voneinander entfernt waren, nä-
    herten sich jetzt; ich bemerkte, daß das Gesicht von Olivier immer sanfter wurde und immer mehr lächelte, je näher er seinem Gegner kam.
    Das Gesicht seines Feindes nahm im Gegenteil einen Charakter von Wildheit an, wie ich ihn so ausgeprägt nicht für möglich gehalten hätte; sein Auge schien blutunterlaufen, und seine Gesichtshaut war aschfarben.
    Ich mußte mich nun auch zu Oliviers Meinung bekennen: Dieser Mensch hatte Angst vor dem Duell.
    In dem Augenblick, wo die Degen sich berührten, öff neten sich seine Lippen und zeigten krampfhaft zusammengepreßte Zähne.
    Beide legten sich aus; doch so einfach, so leicht und zierlich die Stellung Oliviers war, so steif und eckig, obgleich in allen Regeln der Kunst, war die seines Gegners.
    Man sah, daß dieser Mensch in einem gewissen Alter fechten gelernt hatte, während der andere seit seiner Kindheit mit Rapieren gespielt hatte.
    Herr de Faverne begann den Angriff : Seine ersten Stöße waren lebhaft, geschlossen, genau; als er aber diese Stöße getan hatte, hielt er inne, als wäre er erstaunt über den Widerstand seines Gegners.
    Olivier hatte in der Tat seine Angriff e mit derselben Leichtigkeit pa-riert, wie er das bei einer Übung im Fechtsaal getan haben dürfte.
    Herr de Faverne wurde noch bleicher, und Oliver lächelte noch mehr.
    Herr de Faverne veränderte seine Auslage, bog die Knie, spreizte die Beine wie die italienischen Fechtmeister und wiederholte dieselben Stöße, jedoch indem er sie mit jenen Schreien begleitete, die, um ihre Gegner zu erschrecken, die Regimentsprofosse auszustoßen pfl egten.
    Doch dieser veränderte Angriff hatte keinen Einfl uß auf Olivier; ohne einen Schritt zurückzuweichen, ohne auch nur einen Fußbreit seinen Standpunkt zu ändern, ohne eine einzige von seinen Bewegungen zu beschleunigen, kreuzte sich sein Degen mit dem seines Gegners, ja, Olivier kam ihm manchmal sogar zuvor, als hätte er gewußt, welche Stöße de Faverne führen wollte.
    Er besaß in der Tat, wie er selbst sagte, eine furchtbare Kaltblütigkeit.
    Der Schweiß der Ohnmacht und der Müdigkeit fl oß von der Stirn de Favernes; Hals- und Armmuskeln schwollen an wie Stricke; seine Hand ermattete sichtbar, und es war sicher, daß sein Degen, wenn er nicht durch das seidene Tuch am Handgelenk befestigt gewesen wäre, bei dem ersten, etwas lebhafteren Angriff seines Gegners aus der Hand fallen würde.
    Olivier dagegen schien mit seinem Degen immer noch zu spielen.
    Wir schauten schweigend diesem furchtbaren Spiel zu, dessen Ausgang sich leicht erraten ließ. Wir waren uns dessen gewiß, daß de Faverne ein verlorener Mann war.
    Nach einem Augenblick wurde ein noch bezeichnenderes Lächeln auf den Lippen Oliviers sichtbar. Er machte ein paar Scheinstöße, dann zuckte ein Blitz in seinen Augen; er fi el weit aus und stieß de Faverne den Degen durch den Leib.
    Statt die in solchen Fällen gewöhnliche Vorsichtsmaßregel zu ge-brauchen, das heißt, statt sich einen Schritt rückwärts zu werfen, senkte Olivier seinen blutigen Degen und wartete.
    Herr de Faverne stieß einen Schrei aus, fuhr mit seiner linken Hand nach der Wunde, schüttelte die rechte Hand, um sie vom Degen zu befreien, der ihn, an sein Handgelenk gebunden, wie eine Keule belastete, wurde völlig leichenblaß, wankte einen Augenblick und fi el ohnmächtig nieder.
    Ohne ihn ganz aus dem Auge zu verlieren, wandte sich Olivier zu Fabien um und sagte mit gewöhnlichem Ton, in dem sich nicht die geringste Aufregung erkennen ließ: »Nun Doktor, das übrige geht, glaube ich, Sie an.«
    Fabien war schon bei dem Verwundeten. Der Degen war ihm nicht nur durch den Leib gedrungen, sondern er hatte
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