Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fuer Elise

Fuer Elise

Titel: Fuer Elise
Autoren: Nina Melchior
Vom Netzwerk:
Schublade am Tisch kramte, wo er bis heute tatsächlich lag.
    Elise drehte das Metallstück in der Hand. Es fühlte sich schwer an. Zu schwer für ein kleines Stück Eisen. Ihr war fast, als hielte sie die Last, die sie sich gerade auf die Schultern lud, direkt in Händen. Sie wollte ihn einfach fallen lassen, dem Impuls von Flucht nachgeben und fortrennen. Aber etwas hielt sie davon ab und mit einer gewissen Kraftanstrengung hob sie den Schlüssel vor das Schloss der Holztür und verharrte in der Bewegung.
    Das war der letzte Schritt zu beweisen, wie ernst es ihr diesmal war. Dass sie sich dem stellte, auf was ihr Vater sie ein Leben lang vorbereiten wollte.
    Mit einer schnellen Bewegung steckte sie den Schlüssel ins Schlüsselloch. Beim ersten Mal drehte er sich ganz leicht. Dann aber hakte etwas im Inneren. Sie gebrauchte die ganze Kraft ihrer rechten Hand, um ihn noch einmal zu drehen, aber es ging zu schwer. Elise rüttelte an der Tür. Ihr lahmer Arm baumelte dabei an ihrer Körperseite.
    D as Schloss klemmte.
    Wie um sich zu vergewissern, dass sie es wirklich versucht hatte, drückte sie noch ein Mal mit dem Zeigefinger sanft gegen die Seite des Schlüssels und plötzlich, als hätte jemand auf der anderen Seite nachgeholfen, schnappte das Schloss aus seiner Verankerung und die Tür öffnete sich einen Spalt breit.
    Elise presste die Lippen zusammen, umfasste den Schlüssel erneut und lehnte sich mit dem Körpergewicht nach hinten. Die Tür schwang ihr nun regelrecht entgegen, als bestünde sie nicht aus massivem Holz, sondern nur aus einer Schicht hauchdünnen Aluminiums.
    Die ersten Stufen einer Treppe aus unbearbeitetem Stein zeigten eine Schwärze, die Elise in ihrem Leben erst einmal gesehen hatte. Diese heftige Erinnerung brachte sie fast ins Wanken. Das Grauen, das sie vorhin nur erahnt hatte, schien jetzt den ganzen Raum zu erfüllen. Die Höhlenluft roch nach alten Lumpen und Moder.
    Widerwillig atmete Elise weiter, als sie unter den Türbogen trat. Ihr Rücken musste noch im hellen Schein des Labors liegen, doch ihre vordere Körperhälfte wurde vom Schatten der Schwärze verschluckt. Dabei stand sie noch immer mit beiden Beinen im Labor. Es war gerade so, als befände sie sich zwischen den Welten aus Licht und Schatten. Sie fühlte die schleichende Bedrohung jetzt deutlich und erinnerte sich lebhaft an die Gefühle aus ihrer Kindheit, als wäre sie wieder acht Jahre alt.
    Die Finsternis schien vielmehr aus der Höhle heraus, anstatt das Licht hinein.
Wie um besseren Halt zu finden, stellte sich Elise breitbeinig unter den Türrahmen.
    Ein lautes Flattern erschreckte sie so sehr, dass der Rückstoß des Adrenalins in ihren Venen sie beinah umzuwerfen drohte. Ihr Brustkorb hob und senkte sich heftig, während sie unter der Haut ihres Halses ihre Hauptschlagader pochen fühlte.
    Die Vampirfledermäuse ihres Vaters lebten!
    Er hatte sie vor Jahren in Texas gefangen und unter großem Aufwand und Kosten in diese Höhle übersiedelt. Die Tiere waren Vampiren so ähnlich, dass es selbst für den ungläubigsten Laien ein Mysterium darstellte.
    Doch etwas vom Grund ihrer Seele riet ihr diese Höhle nie zu betreten. Die Atmosphäre löste eine Urangst in ihr aus. Ein Instinkt drängte sie die Tür zu schließen. Die Höhle dagegen lockte sie...
    Aber da war da noch etwas. Ihr Verstand arbeitete völlig klar, fast ungeschützt. So als könne jemand oder etwas auf ihre Gedanken zugreifen. Sie schien ihre eigene Verwirrung beinah von einer anderen Ebene aus zu betrachten, fühlte ihren Atem überdeutlich in ihre Lungen ein- und ausströmen und die Kälte legte sich als zentimeterdicker Film auf ihre Haut.
    Hatte sie noch die Möglichkeit, die Tür wieder zu schließen?
    Wie eine Höhenängstige, die am Rande des Abgrunds glaubt springen zu müssen, stand sie da und wusste nicht, ob sie in der Dunkelheit versinken wollte.
    Ein erneutes Flattern, weiter entfernt, riss Elise zurück.
    Sie musste Michael erreichen!
    Aber der Gedanke an ihn kam ihr unwirklich vor, als wäre er Kontinente entfernt und fühlte sich doch so … sicher an. Elise bewegte sich nicht. Eine Lähmung hatte ihren Körper ergriffen und in dieser parallelen Wirklichkeit dort hinten, griff etwas nach ihrem Verstand.
    Innerlich schrie sie sich zu, die Tür zu schließen. Doch als sie bemerkte, dass sie sich nicht von der Stelle bewegte, obwohl ihr Gehirn den Befehl dazu längst gegeben hatte, bekam die Angst kleine Hände. Sie durchdrangen den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher