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Fünf Brüder wie wir

Fünf Brüder wie wir

Titel: Fünf Brüder wie wir
Autoren: Ravensburger
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und zuckte sofort wieder zurück.
    „Seltsamer Geruch.“ Mama schnupperte ebenfalls und verzog das Gesicht. „Hat einer von euch vielleicht zufällig eine tote Katze in der Hosentasche?“
    „Das kommt von draußen“, sagte Jean Eins. „Puh!“
    „Nur die Jodluft“, meinte Papa mit einem verlegenen kleinen Lachen. „Ist am Anfang ein wenig heftig, aber regt den Kreislauf an!“
    Als wir durch den Regen zum Haus rannten, fanden wir des Rätsels Lösung. Rings um das Haus von Herrn Le Bihan erstreckten sich, so weit das Auge reichte, stinkende, weiß gesprenkelte Felder, die durch Mäuerchen voneinander abgetrennt waren …
    Eine Blumenkohlplantage. Hektar um Hektar nichts als Blumenkohlköpfe, in denen sich das Mondlicht spiegelte!
    „Ein reizendes Häuschen mit Blick aufs Meer, wie?“, sagte Mama ungläubig und zog ihr Halstuch bis über die Nase hoch.
    „Kopf hoch, Liebling“, sagte Papa, der mit dem Schloss an der Haustür kämpfte. „Morgen ist auch ein Tag. Wenn der Wind aus Osten bläst, ist es bestimmt erträglich. Und außerdem sind wir in der Bretagne, oder? Da lernen wir die Spezialitäten der Region jetzt gleich kennen.“
    Das Ferienhaus zu beziehen war eine verflixte Angelegenheit.
    Während Papa nach dem Sicherungskasten suchte, um den Strom anzustellen, tobten Jean Drei und Jean Vier durch die Dunkelheit und buhuhuuten wie Gespenster, was Jean Fünf solche Angst einjagte, dass er deswegen die Treppe herunterfiel, woraufhin Jean Sechs zu schreien anfing und gar nicht mehr aufhören wollte.
    Mama tappte in der finsteren Küche herum. „Ich werde ihm sein Fläschchen machen“, sagte sie.
    Als sie die Herdknöpfe gefunden hatte, hörte man das ausströmende Gas zischen.
    Die Streichhölzer waren feucht, Mama probierte es mehrmals vergeblich und als sie es endlich geschafft hatte, eines anzuzünden, gab es eine große blaue Flamme, danach ein lautes Bumm! und dann war es wieder stockfinster.
    Papa rannte wie ein Irrer die Treppe aus dem Keller hoch, die Haare voller Spinnweben. Zum Glück war die Propangasflasche fast leer gewesen und Mama war nichts passiert, aber warm machen konnte man auf dem Herd nichts mehr.
    „Die Sicherungen müssen kaputt sein, das kann schon mal vorkommen“, sagte Papa. „Jedenfalls haben wir heute Abend keinen Strom.“
    „Kein Gas, kein Strom, Blumenkohl, wohin man blickt, eine Propangasflasche, die direkt vor mir explodiert“, fasste Mama die Lage zusammen. „Ich hätte Herrn Le Bihan seinen Diaprojektor verschlucken lassen sollen.“
    Jean Sechs musste sein Fläschchen kalt trinken. Von der Fahrt waren noch ein paar Sandwiches und zerbröselte Kartoffelchips übrig, damit veranstalteten wir bei Kerzenlicht ein Picknick im Wohnzimmer. Wir hatten überall Schüsseln und Töpfe aufstellen müssen, weil das Dach undicht war. Die Regentropfen fielen mit leisem Pling! und Dong! und Flop! in die Behälter. Jean Eins sagte, das sei ja eine kleine Nachtmusik mit Nachttöpfen, aber Mama konnte über seinen Witz gar nicht lachen.
    Dann musste Jean Drei aufs Klo und als er wiederkam, rief er: „Ich hab das Meer gesehen! Ich hab das Meer gesehen!“
    „Na also“, triumphierte Papa. „Ich wusste doch, dass man sich auf Herrn Le Bihan verlassen kann.“
    „Wenn man auf die Badewanne steigt“, rief Jean Drei, „kann man durch die Dachluke einen Zipfel vom Meer sehen!“
    „Ich glaube, es ist jetzt höchste Zeit, schlafen zu gehen“, sagte Papa mit einem Hüsteln. „Bei Tag sieht alles anders aus. Glaubst du nicht auch, Liebling?“
    Mama antwortete nicht.
    Sie nahm Jean Sechs und eine Kerze und ging ins Schlafzimmer.
    „Morgen ist auch ein Tag“, wiederholte Papa. „Eure Mutter hasst Camping, weil sie nie bei den Pfadfindern war. Sobald wir warmes Wasser haben, wird das alles vergessen sein, glaubt mir.“
    Bis auf Jean Sechs schliefen wir alle unterm Dach, wo der Speicher zu einem Schlaflager ausgebaut war.
    Papa half uns, die Betten herzurichten. Die alten Decken rochen ziemlich moderig.
    „In Anbetracht der Umstände“, sagte er, „befreie ich euch heute vom Zähneputzen. Gute Nacht, Jungs … Die Kerze nehm ich mit. Nicht dass einer von euch das Haus von Herrn Le Bihan in Brand setzt, das fehlte gerade noch.“
    Er wirkte etwas müde und enttäuscht, deshalb umarmten wir ihn und sagten, das sei ein tolles Ferienhaus, viel besser als bei Oma Jeannette, und beim Modergeruch der Decken würde man vom Blumenkohl fast nichts mehr merken.
    „Bravo,
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