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Fuehrungs-Spiel

Fuehrungs-Spiel

Titel: Fuehrungs-Spiel
Autoren: Bernhard Peters , Hans-Dieter Hermann , Moritz Mueller-Wirth
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eine Einheit, bei der wir takti sche Spielformen einübten, Lauf- und Ballwege bei Wettkampf tempo verfeinerten.
    Doch im Zentrum stand ohne Zweifel die Einheit am Vormittag, an ihr kann man am besten zeigen, wie ich mit den Jungs gearbeitet habe. Die ersten 40, 45 Minuten gehörten meistens dem Athletiktrainer. Da ging es darum, koordinative Bewegungsmuster zu erlernen. Zum einen diente das der Ver besserung des Laufstils und damit der Laufgeschwindigkeit, zum anderen sollten bewusst schwierige asymmetrische Bewegungen einstudiert werden. Außerdem mussten jene Muskelpartien, die durch die ja oft einseitig ausgerichtete, meist gebückte Körperhaltung beim Hockey stark strapaziert sind (wie die Rückenpartien), stabilisiert werden. Dann folgten Sprintübun gen in verschiedenen Organisationsformen zur Steigerung des Reaktions- und Beschleunigungsvermögens: 20 bis 40 Meter Vollgas, dann 30, 40, 50 Sekunden »aktive Pause«: Dehnen, Atmen, leichtes Joggen, damit sich das zentrale Nervensystem wieder justierte. Dann folgte, obwohl die Körper ja durchaus schon auf Betriebstemperatur sind, das sogenannte Aufwärmen mit Ball, das ging etwa 15 Minuten. Dabei wurden technische Feinheiten bereits mit berücksichtigt. Aufwärmen, das heißt: Passen, Dribbeln, Ballannahme, Abwehr- und Angriffstechniken, flache Bälle, halbhohe Bälle, hohe Bälle, geschlagene Bälle, geschlenzte Bälle. Zu zweit, zu dritt, zu viert. Dann kam der positionsspezifische Teil, hier übten oft Abwehr, Mittelfeld und Sturm getrennt. In etwa dauerte das eine halbe Stunde, wir teilten die Spieler in Gruppen unter den Trainern und Co-Trainern auf. Zum Schluss dann, für 40 Minuten, schließlich die Arbeit mit dem kompletten Team, da ging es um Mannschaftstaktik, Flügel- und Aufbauspiel, das Eindringen in den Schusskreis des Gegners und vieles mehr. Das lief immer auf höchstem Wettkampftempo, die Spielsituation wurde eins zu eins simuliert. Sieben, acht Minuten mussten die Jungs alles geben, dann folgten drei, vier Minuten Regeneration und eine Trinkpause. Alles zusammen, vom Athletik- bis zum Taktikteil, ging ein solches Training zwei bis zweieinhalb Stunden. Irgendwann, wenn alle nicht mehr konnten, der Trainer Hunger hatte oder der Manager auf den abfahrbereiten Bus aufmerksam machte, war Schluss. Und auf meinem vollgeschriebenen Zettel standen dann, markiert, die Übungen, die wir nicht mehr geschafft hatten.
    Dass ich dabei gelegentlich überzog, davon war schon die Rede – dass aber die hart erarbeitete körperliche Fitness, die taktisch-spielstrategische Intelligenz und die technische Reife meiner Jungs (und Mädchen) die Grundlage waren für unsere großen Erfolge, dies muss hier einmal deutlich gesagt werden. Führen, das war für mich immer das Zusammenspiel zwischen Planung und Emotion, zwischen knallharter Konsequenz und menschlicher Fürsorge.
    So steuerte ich auch das große Ziel meiner Arbeit an, einmal als Trainer der A-Nationalmannschaft auf der Bank zu sitzen. Nach dem enttäuschenden fünften Platz bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney war nach Auffassung des Deutschen Hockey-Bundes die Zeit für einen Trainerwechsel gekommen. Der Verband trennte sich von seinem langjährigen Erfolgstrainer Paul Lissek. Ich wurde sein Nachfolger und war dort angekommen, wohin ich seit meinem 16. Lebensjahr strebte. Ich war am Ziel, aber die Ansprüche, die ich selbst an meine Arbeit als Trainer stellte, waren noch lange nicht erfüllt.
    Meine Methode, ein Team zu Höchstleistungen zu führen, hatte sich in den letzten Jahren besonders auf zwei Ebenen weiterentwickelt. Zum einen arbeitete ich noch penibler an der Optimierung der einzelnen Bereiche, aus der sich schlussendlich die Leistungsstärke ergibt. Der Kreis der Fachleute, mit denen ich mich umgab, wurde immer größer. Zum anderen wurde meine Beziehung zu den Spielern immer intensiver. Die meisten von ihnen hatten anspruchsvolle Berufs- und Studienwege eingeschlagen. Sie auf diesen Wegen zu begleiten, wurde mir zum Anliegen. Ich gelangte zu der festen Überzeugung, dass sich das Engagement im nichtsportlichen, im auch geistig anspruchsvollen Bereich unmittelbar leistungsfördernd auswirken würde: Wer sich außerhalb des Spielfelds im Kopf rege hielt, würde dies auch auf dem Platz beweisen – da war und bin ich mir sicher. Außerdem hatte ich mit Britta, meiner Frau, die mit Hockey Gott sei Dank vorher nichts am Hut hatte, eine ganz persönliche Führungsspielerin an meiner Seite. Ich
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