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Füge Dich! (German Edition)

Füge Dich! (German Edition)

Titel: Füge Dich! (German Edition)
Autoren: Eva Stern
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du gar nicht mehr einzusetzen, du weißt auch so, wie das Bild aussieht. Aber du fügst sie trotzdem ein. Du musst es tun!»
    Was Mike ihnen dann erzählte, trieb Alina Tränen in die Augen.
    Seine Mutter war kurz darauf während eines weiteren Übergriffes durch ihren Mann so unglücklich gestürzt, dass sie fortan ein Pflegefall war. Allein mit seinem Vater erlebte Mike die Hölle.
    Irgendwann tauchte von Zeit zu Zeit ein Priester bei ihnen auf. Mike hatte sich damals darüber gewundert, da sein Vater nie etwas mit der Kirche am Hut gehabt hatte. Dieser Mann schien sich allerdings sehr gut mit seinem Vater zu verstehen. Wenn der Alte wütend auf Mike war, und das kam ziemlich häufig vor, stellte sich der Priester immer gegen den Jungen. Du sollst Vater und Mutter ehren!, diesen Satz schärfte er ihm dann immer wieder ein.
    Es dauerte nicht lange und dieser Mann nahm Mike dann bei jedem Besuch mit und brachte ihn in diese Alina so bekannte Hütte im Wald. Er würde ihm den Gehorsam schon beibringen!
    Was sich dann in dieser Hütte abgespielt hatte, das hatten Alina und Ricky ja bereits mit ansehen müssen. Es war offenbar der eigene Vater gewesen, der diese Gräueltaten auch noch gefilmt hatte.
    Die Art, wie Mike eines Tages aus dieser Hütte hatten fliehen können, war für Alina aus persönlichen Gründen ausgesprochen interessant. An diesem Tag war der Priester offenbar allein mit dem Jungen gewesen.
    «Er hatte mich gerade auf die Knie gezwungen, als plötzlich ein anderer Mann laut schreiend die Leiter heruntergestürmt kam und wütend auf den Priester einzuschlagen begann. Es kam zu einem Handgemenge, bei dem es mir gelang, die Flucht zu ergreifen. Ich musste mich wohl über eine längere Zeit im Wald versteckt haben. Zum Glück war es Sommer und zum Glück hatte ich einen Bruder, der mich auf ein Leben im Wald sehr gut vorbereitet hatte.»
    Als Mike erwähnte, dass dieser zweite Mann seinen Peiniger «Vater» genannt hatte, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie hatte es mit dem Sohn von Mikes Peiniger zu tun gehabt!
    Nun, sein Vater war mittlerweile gestorben, er hatte sich zu Tode gesoffen. Auch seine Mutter lebte nicht mehr. Erst vor wenigen Tagen war es Mike gelungen, seinen Bruder ausfindig zu machen. Die Saat, die sein Vater ausgebracht hatte, war bei Tom auf fruchtbaren Boden gefallen. Sein Werdegang war beispielhaft.
    Der Beschützerinstinkt, den Mikes Hilflosigkeit so oft heraufbeschworen hatte, war ihm in den langen Jahren, die er auf sich allein gestellt ums Überleben kämpfen musste, irgendwann abhandengekommen. Durchsetzungsfähigkeit! So hieß die ausschlaggebende Formel, die ihm einen Platz in seinem Milieu sichern konnte. Die seit frühester Kindheit erfahrene Gewalt war ihm bei der Sicherung seiner Position eine große Hilfe gewesen. All die aufgestaute Wut konnte er endlich herauslassen. Nun war er es, der austeilte.
    Vom kleinen Drogendealer war er sehr schnell aufgestiegen, doch was Mike am meisten schmerzte, war die Art, wie Tom mit seiner Frau umzugehen pflegte. Er hatte das Gefühl, wieder der kleine Junge zu sein, der hilflos mit ansehen musste, wie der Vater seine Mutter wegen bedeutungsloser Bagatellen brutal schlug.
    Resigniert gab sich Mike der beruhigenden Wirkung des Rotweines hin.
    «Und, was hast du jetzt vor?»
    Mike zuckte lethargisch mit den Schultern.
    Den drei Freunden war klar, dass auch Mike einen ähnlichen Weg einschlagen würde wie sein Bruder. Er war ja ohnehin schon auf dem besten Weg gewesen, doch das Wissen um seine Familie würde den kleinen Keil, der das Gefährt «Mike» vor dem Abgrund noch eine Weile aufzuhalten vermochte, endgültig fortreißen.
    Die Frage nach dem Stand von Alinas Rachefeldzug stellte er lediglich aus Höflichkeit. Es interessierte ihn nicht wirklich. Alina klärte ihn dennoch darüber auf.
    Als es nichts mehr zu sagen gab, drängte sie zum Aufbruch, doch Ricky, der die ganze Zeit schweigend dabeigesessen hatte, hielt die anderen zurück.
    «Mike, wenn du hierbleibst, wirst du genau da enden, wo dein Bruder jetzt ist. Wenn ich dich richtig verstanden habe, hast du eine Menge Survivalwissen. Du weißt, dass ich im Sommer Kanutrecks durch die Värmländischen Seenlandschaften anführe. Die Touristenströme werden immer größer und ich bin schon mehrmals gefragt worden, ob ich nicht auch Survivaltrainings anbiete. Ich könnte mir gut vorstellen, dass ein Mann damit sein Auskommen sichern kann. Denk mal darüber nach, ob das nichts für
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