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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd
Autoren: Minette Walters
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Schuld an seinem Verschwinden, aber damals waren sie froh, ihn los zu sein. Er war von Hass zerfressen.«
    Die Bemühungen, Wells' Fährte in der Zeit zwischen 1994 und seiner Festnahme im letzten Jahr zu verfolgen, haben sich als schwierig erwiesen. Obwohl die Polizei Hunderte von Landfahrern vernommen hat, ist es ihr nicht gelungen, eine lückenlose Spur zu erstellen. Immer wieder ist er über längere Zeiträume hinweg spurlos untergetaucht. Sein Modus operandi war es, leer stehende Häuser zu besetzen und alle Möglichkeiten auszunützen, die sich dabei ergaben.
    »Wir wissen definitiv von drei Hausbesetzungen«, sagte im Juli ein Kriminalbeamter von Scotland Yard. »Zweimal hat er sich dafür bezahlen lassen, seine Mitbewohner hinauszuwerfen. Wir sorgen uns jetzt um das Schicksal dieser Menschen. Ein Eigentümer erinnert sich an eine Frau und drei Kinder. Wir haben bisher keine Spur von ihnen gefunden, und wir wissen ihre Namen nicht.«
    Einige der Leute, die mit Wells in Shenstead waren, bezeichnen ihn als Chamäleon. »Er konnte Stimmen nachahmen«, erzählte Bella Preston, 36. »Meistens redete er, als wäre er in einer piekfeinen Privatschule gewesen. Ich war platt, als ich hörte, dass er aus Süd-London kam.« Zadie Farrel, 32: »Oft stand er nur ein paar Meter weg, und wir merkten überhaupt nicht, dass er da war. Ich glaube, er hat gern Menschen beobachtet, um zu sehen, wie sie ticken.«
    Die beiden Frauen erinnern sich noch jetzt mit Gruseln an »Fox Evil«. »Wir waren naiv«, sagte Bella. »Es kam uns gar nicht in den Sinn, dass einer von uns ein schlechter Mensch sein könnte.«»Er hat Fremden nie sein Gesicht gezeigt«, berichtete Zadie. »Es war ein unheimlicher Schock, als die Polizei die Waffen in seinem Bus fand. Mir wurde plötzlich klar, dass er uns alle hätte umbringen können, ohne dass irgendjemand je erfahren hätte, wer es getan hatte.«
    Wells' Festnahme erfolgte nach einem missglückten Einbruchversuch. Mrs. Prue Weldon, die Frau eines Shensteader Landwirts, bemerkte einen Eindringling vor ihrem Haus und alarmierte die Polizei. Bei der Routinedurchsuchung der benachbarten Anwesen wurde Wells bei einem Überfall auf Captain Nancy Smith im Park von Shenstead Manor überrascht. Die Enkelin des Eigentümers Colonel Lockyer-Fox konnte den Angreifer in die Flucht schlagen, obwohl sie bei dem Angriff einen Arm- und einen Rippenbruch erlitten hatte. Die Polizei hat ihr für ihre Tapferkeit höchstes Lob ausgesprochen.
    Warum Wells Robert Dawson ermordete und Nancy Smith überfiel, bleibt so rätselhaft wie der Mann selbst. Es ist bekannt, dass er 1997 ein Gesindehaus besetzte, das zum Gut Shenstead Manor gehörte, und dort drei Monate lang mit einer Frau und drei kleinen Kindern lebte. Es ist ferner bekannt, dass er sich auf betrügerische Weise bereichert hat, indem er sich für den Sohn des Gutsbesitzers, Leo Lockyer-Fox, ausgab, mit dem er angeblich Ähnlichkeit hatte. Die Polizei hält es für möglich, dass Dawson und Smith, die sich am Abend des zweiten Weihnachtsfeiertages im Park von Shenstead Manor aufhielten, Wells störten, als er in das Haus einbrechen wollte, und deshalb von ihm angegriffen wurden.
    Der Profiler William Hayes bietet eine ganz andere Interpretation. »Wells' angenommener Name ›Fox Evil‹ lässt auf eine fantasierte Beziehung zu dieser Familie schließen. Er wusste sehr viel über diese Leute, bevor er 1997 das Haus auf ihrem Anwesen besetzte. Ursprünglich wollte er vielleicht nur eine Ähnlichkeit mit dem Sohn des Gutsbesitzers ausnützen, aber dann keimte etwas in seinem Gehirn, das zur Obsession wurde.
    Man begegnete ihm anfangs mit Großzügigkeit, besonders die Frau des Gutsbesitzers, die sich um die Frau und die kleinen Kinder in seiner Begleitung sorgte. Es ist möglich, dass ihre Güte in ihm ein falsches Gefühl der Zugehörigkeit geweckt hat, das sehr schnell in Zorn umschlug, als er entdeckte, dass es ihr einzig darum ging, seiner Partnerin zu helfen, sich seinem Einfluss zu entziehen. Es ist wahrscheinlich, dass diese unbekannte Frau und ihre Kinder seine ersten Opfer waren. Wenn ja, wären alle seine späteren Morde für ihn stark mit der Familie Lockyer-Fox verbunden gewesen.
    Dem vorliegenden Beweismaterial kann man entnehmen, dass Wells' Verhaltensmuster, das im Jahr 1997 noch in hohem Maß planvoll war, bis zum 26. Dezember 200l immer mehr zu absoluter Planlosigkeit verfiel. Aus welchen Gründen auch immer er sich ›Familien‹ zulegte, sie
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