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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus
Autoren: Bill - Bryson
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Sie einen schrecklichen Sonnenbrand haben? « , und bot mir aus ihrer Tasche Creme an. Dankend, aber ger ü hrt, lehnte ich ab.
    Es war seltsam herzerw ä rmend, wie wir da alle zusammen etwas erlebten und unsere Beobachtungen und Arzneimittel miteinander teilten. Es erinnerte mich ein wenig an meinen Spaziergang durch die Parks von Adelaide am Australia Day, als hunderte von Menschen ein gemeinsames Picknick zu veranstalten schienen, nein, veranstalteten. Das hier atmete den gleichen Geist von Gemeinschaftserlebnis. Im interessantesten, elementarsten anthropologischen Sinne war es ein gesellschaftliches Ereignis.
    Doch erst als ich auf Bodenniveau hinabstieg und durch ein so genanntes Ancient Empire, uraltes Reich, lief, wurde mir vollends klar, wie sehr dieses Element zum Leben in Australien dazugeh ö rt. Ein Bretterweg lud mit einem gro ß en Bogen zu einem Spaziergang durch einen anderen Teil der W ä lder ein. Auf seine Weise war er genauso unterhaltsam wie der Tree Top Wald: Am Fu ß eines Red-Tingle-Baumkreises zu stehen und sich den Hals zu verrenken, um ihre unglaublich weit entfernten Wipfel sehen zu k ö nnen, war ein fast genauso begl ü ckendes Erlebnis wie oben durch das gr ü ne Dach zu laufen. Doch weil der Bretterweg nicht neu und in der H ö he war, kam niemand dort hin. Ich hatte ihn ganz f ü r mich, aber anstatt mich zu freuen, dass ich Ruhe hatte, wie ich das normalerweise tue, f ü hlte ich mich auf einmal mutterseelenallein. » He, ihr alle! « , h ä tte ich gern gerufen.
    » Kommt runter und schaut euch das an! Es ist toll. Kommt runter. Her zu mir! Wenigstens einer! Bitte! «
    Aber nat ü rlich rief ich nichts dergleichen. Ich schaute mich einmal lange und respektvoll um. Nach einem Moment ruhigen Nachdenkens fiel mir auf, dass dieser Wald eine geeignete Metapher f ü r Australien war. Er war in der Baumwelt das, was Charles Kingsford Smith f ü r die Luftfahrt oder die Aborigines in der Ur- und Fr ü hgeschichtsschreibung sind - aus unerfindlichen Gr ü nden ignoriert. Ich fand es jedenfalls wieder einmal erstaunlich, dass in diesem einen begrenzten Gebiet einige der seltensten und m ä chtigsten breitbl ä ttrigen B ä ume auf Erden wachsen und einen Wald von vollkommener, einzigartiger Sch ö nheit bilden, und kaum jemand au ß erhalb Australiens wei ß es. Aber so ist das nat ü rlich: Australien ist voll gepackt mit Wundern, die keiner anschaut.
    Und daran denkend brach ich nun auf zu dem, was auf seine stille Weise das allererstaunlichste Wunder ist.
     
     
     
     

Neunzehntes Kapitel
     
    Als ich vor ein paar Wochen von Surfers Paradise nach Sydney zurückgefahren war, hatte ich in dem netten Universitätsstädtchen Armidale im Nordosten von New South Wales angehalten und Kaffee getrunken. Und als ich danach ein wenig durch seine reizenden Straßen flanierte, stieß ich auf ein amtliches Gebäude, das sich der Verwaltung der Bodenschätze widmete, und ging - warum, weiß ich auch nicht genau - hinein. Ich wunderte mich ja schon seit geraumer Zeit, warum es in Australien solche gewaltigen Vorräte an Bodenschätzen gab, aber im Garten hinter meinem Haus zum Beispiel keine, und ich hegte, glaube ich, die leise Hoffnung, dass es mir eventuell einer erklären konnte. Zudem besteht eine der Freuden journalistischer Herumschnüffelei in einer fröhlichen offenen Gesellschaft wie der Australiens darin, dass man an Orten wie der Mineral Resources Administration einfach aufkreuzen kann, ohne dass man was Bestimmtes will, und die Leute laden einen ein und beantworten jede noch so dämliche Frage, die man ihnen stellt.
    Ich verbrachte jedenfalls spontan eine halbe Stunde mit einem zuvorkommenden Geologen namens Harvey Henley, der mir erz ä hlte, dass Australien mit Bodensch ä tzen beileibe nicht abnorm reich gesegnet ist, jedenfalls nicht auf den Quadratmeter berechnet, sondern dass es unendlich viele Quadratmeter, relativ wenige Menschen und eine kurze Geschichte hat, mithin gro ß e Teile des Landes immer noch unerforscht und unbekannt sind. Damit ich die Dinge einmal in der richtigen Perspektive sah, nahm er mich mit in sein B ü ro und zeigte mir, womit er seine Br ö tchen verdiente. Er zeichnete geologische Karten, gro ß und beeindruckend detailfreudig. Sie erinnerten an Blaupausen, und er entrollte eine und breitete sie, als w ä re es ein alter Druck, mit einer gewissen respektvollen Sorgfalt auf einem Tisch aus. Selbst ein unge ü btes Auge konnte erkennen, dass jeder Hubbel und
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