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Frühstück bei Tiffany

Frühstück bei Tiffany

Titel: Frühstück bei Tiffany
Autoren: Truman Capote
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Schnapsglas voll Explosivstoff. Das war in der einen Minute. Die nächste brachte Posse in scheußlichster Maske.
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    Denn unversehens, wie Wilde bei einem Überfall im Dschungel, sprang eine Bande Negerjungen aus dem Gebüsch am Wegrand. Unter Heulen und Fluchen warfen sie Steine und peitschten mit Ruten nach den Leibern der Pferde.
    Meines, die schwarzweiße Stute, stieg auf der Hinterhand, wieherte, machte ein paar unsichere Schritte wie ein Seiltänzer und preschte dann wie ein geölter Blitz den Weg hinunter, wobei meine Füße aus den Bügeln geschleudert wurden und ich kaum noch Halt hatte. Ihre Hufe ließen den harten Kies Funken sprühen. Der Himmel lag schief. Bäume, ein Teich mit Segelschiffchen kleiner Jungen, Denkmäler glitten holterdipolter vorüber. Kindermädchen stürzten daher, um ihre Schutzbefohlenen vor unserem furchteinjagenden Nahen zu retten; Menschen, Nichtstuer und andere, schrien gellend: «Zügel anziehen!» und «Brr, mein Junge, brr!» und «Abspringen!» Erst später erinnerte ich mich dieser Rufe; im Augenblick erfaßte ich einfach nur Holly, das Cowboygeklapper ihres Hinter-mir-her-Galoppierens, ohne mich je ganz einzuholen, und wieder und wieder ihr mutmachenden Zurufe. Vorwärts und weiter: quer durch den Park und hinaus auf die Fifth Avenue - in wilder Flucht gegen den mittäglichen Verkehr, Autos, Busse, die kreischend im Bogen auswichen. Vorüber am Duke-Palais, dem Frick-Museum, vorüber am Pierre- und am Plaza-Hotel. Aber Holly gewann Boden, überdies hatte ein berittener Polizist sich der Jagd angeschlossen - jeder von einer Seite meine durchgegangene Stute zwischen sich nehmend, vollführten ihre Pferde eine Zangenbewegung, die diese zu dampfablassendem Halt brachte. Und da endlich geschah es, daß ich von ihrem Rükken fiel. Herunterfiel und mich aufklaubte und dastand, ganz und gar nicht klar darüber, wo ich mich befand. Eine Menschenmenge sammelte sich. Der Polizist schimpfte und schrieb in ein Buch auf einmal war er höchst mitfühlend, grinste und sagte, er werde dafür sorgen, daß unsere Pferde in den Stall zurückkämen. Holly nahm für uns eine Taxe. «Herzchen. Wie fühlen Sie sich?»
    «Großartig.»
    «Aber Sie haben doch gar keinen Puls», sagte sie, indem sie mein Handgelenk fühlte.
    «Dann muß ich tot sein.»
    «Nein, Schafskopf. Das ist ernsthaft. Sehen Sie mich an.»
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    Das Schwierige war, daß ich sie nicht sehen konnte; vielmehr sah ich mehrere Hollys, ein Trio schweißbedeckter Gesichter, so blaß vor Mitgefühl, daß ich gleichzeitig gerührt und verlegen war. «Ehrlich: ich spüre gar nichts. Ich schäme mich bloß. »

    «Bitte. Sind Sie auch ganz sicher? Sagen Sie mir die Wahrheit. Sie hätten dabei umkommen können. »
    «Bin ich aber nicht. Und ich danke Ihnen. Daß Sie mir's Leben gerettet haben. Sie sind wunderbar. Einzig. Ich liebe Sie. »
    «Idiot.» Sie küßte mich auf die Wange. Dann waren da vier Hollys, und ich fiel unversehens in Ohnmacht.
    An jenem Abend waren Bilder von Holly auf den Titelseiten der Spätausgabe des Journal-American und der ersten Morgenausgaben sowohl der Daily News wie des Daily Mirror. Diese Publizität hatte nichts mit durchgegangenen Pferden zu tun. Sie betraf eine völlig andere Angelegenheit, wie die Überschriften verrieten.
    LEBEDAME IN RAUSCHGIFTSKANDAL VERHAFTET
    (Journal-American).
    VERHAFTUNG DROGENSCHIEBENDER SCHAUSPIELERIN
    (Daily News).
    NARKOTIKA-SCHMUGGEL AUFGEDECKT
    MAGAZINSCHÖNHEIT FESTGENOMMEN
    (Daily Mirror)
    Von dem ganzen Packen brachten die News das eindrucksvollste Bild: Holly. Beim Betreten der Polizeiwache, eingekeilt zwischen zwei muskulösen Detektiven, einem männlichen und einem weiblichen. In dieser elenden Zusammenstellung deutete sogar ihre Kleidung (sie trug noch immer ihre Reitsachen, Windjacke und Bluejeans) auf die brutale Gangsterbraut hin - ein Eindruck, den die dunkle Brille, zerzauste Frisur und eine von verkniffenen Lippen niederbaumelnde Picayune-Zigarette nicht gerade minderten. In der Unterschrift las man:
    Zwanzigjährige Holly Golightly, bezauberndes Starlet und zu Hause in der eleganten Lebewelt, bekennt sich als Schlüsselfigur internationalen Rauschgiftschmuggels im Zusammenhang mit Gangster Salvatore «Sally» Tomato.
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    Hier wird sie von den Detektiven Patrick Connor und Sheilah Fezzonetti (l. und r.) in die Polizeiwache an der Siebenundsechzigsten Straße gebracht. Bericht siehe S. 3.
    Der Bericht mit der großaufgemachten Photographie eines Mannes,
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