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Frühling

Frühling

Titel: Frühling
Autoren: Hermann Hesse
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zumeist als Liebeskraft und Schöpferkraft zu fühlen gibt.
    (Aus: »Demian«, 1917)

    // Es beschäftigte mich da seit einigen Tagen ein Gedicht über den Frühling, oder vielmehr über den merkwürdigen Geruch von jungen harzigen Baumknospen und seine Wirkung auf junge und alte Menschen, eine außerordentlich verschiedene Wirkung, und wenn es auch schwer und nahezu unmöglich schien, diese Sache mit den Knospen den Herzen der Menschen jemals einigermaßen befriedigend zu formulieren, so wollte ich doch nicht derjenige sein, der sein Handwerk vernachlässigte und sich um seine Lebensaufgabe drückte.
    (Aus: »Abstecher in den Schwimmsport«, 1928)
/ IM WUNDERSCHÖNEN MONAT MAI /
    Im wunderschönen Monat Mai, als alle Knospen sprangen,
da hat es gleich am ersten Tag zu regnen angefangen.
    Im wunderschönen Monat Mai, den alle Menschen segnen,
hat’s bis zum einunddreißigsten nicht aufgehört zu regnen.
    // Der Lehrer hatte seine Klasse einst einen Aufsatz über den Frühling verfassen und mehrere dieser Arbeiten von ihren Urhebern vorlesen lassen. Da tat mancher zwölfjährige Schüler seine ersten scheuen Flüge in das Land der schaffenden Phantasie, und frühe Bücherleser schmückten ihre Aufsätze mit begeisterten Nachbildungen der Frühlingsschilderungen gangbarer Dichter. Es war von Amselruf und von Maifesten die Rede, und ein besonders Belesener hatte sogar das Wort Philomele gebraucht. Alle diese Schönheiten aber hatten den zuhörenden Emil nicht zu rühren vermocht, er fand das alles blöd und töricht. Da kam, vom Lehrer aufgerufen, der Sohn des Kannenwirts, Franz Remppis, an die Reihe, seinen Aufsatz vorzulesen. Und gleich bei den ersten Worten: »Es ist nicht zu bestreiten, daß der Frühling immerhin eine sehr angenehme Jahreszeit genannt zu werden verdient« – merkte Kolb mit entzücktem Ohreden Klang einer ihm verwandten Seele, lauschte scharf und beifällig und ließ sich kein Wort entgehen. Dies war der Stil, in welchem das Wochenblatt seine Berichte aus Stadt und Land abzufassen pflegte und den Emil selbst schon mit einiger Sicherheit anzuwenden wußte.
    (Aus: »Emil Kolb«, 1910)
    // Man hört ja immer wieder sagen, der Frühling sei die schönste Zeit des Jahres. Aber das Schönste an ihm ist doch die Vorfreude, das Erwarten des Sommers.
    (Aus: »Dem Sommer entgegen«, 1905)

 
/ QUELLENANGABEN /
    Die Textauszüge wurden der Ausgabe Hermann Hesse, Sämtliche Werke in zwanzig Bänden und einem Registerband , herausgegeben von Volker Michels, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2000-2007, entnommen, die Briefauszüge den Ausgaben Hermann Hesse, Gesammelte Briefe (4 Bände), herausgegeben von Ursula und Volker Michels in Zusammenarbeit mit Heiner Hesse, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1980-1986 sowie Hermann Hesse, Ausgewählte Briefe , Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1974.

Kurt Tucholsky hat über Hermann Hesses Naturdarstellungen geschrieben: »Er kann, was nur wenige können. Er kann einen Sommerabend und ein erfrischendes Schwimmbad […] nicht nur schildern – das wäre nicht schwer. Aber er kann machen, daß es uns heiß und kühl und müde ums Herz wird.«
    Hermann Hesses Beziehung zur Natur und dem Lauf der Jahreszeiten ist von jeher ein inniges. In vielen Gedichten und Betrachtungen, aber auch in seinen Romanen hat er sie beschrieben und ihren Zauber zu fassen versucht.
    Auch wenn Hesse zum Frühling ein ambivalentes Verhältnis hatte, ihn als »heimtückische Jahreszeit«, die gerade den älteren Menschen schlecht bekomme und eine »beliebte Sterbezeit« sei, bezeichnete, als »unendlich schön« empfand er ihn dennoch.
    Hermann Hesse, geboren am 2. Juli 1877 in Calw/Württemberg, 1946 ausgezeichnet mit dem Nobelpreis für Literatur, starb am 9. August 1962 in seiner Wahlheimat Montagnola bei Lugano.
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