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Friesenwut - Kriminalroman

Friesenwut - Kriminalroman

Titel: Friesenwut - Kriminalroman
Autoren: Hardy Pundt
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mussten sie unbedingt das
Gespräch weiterführen. Hajen ablenken. Reden, Vorschläge machen, Zeit gewinnen,
ihn beruhigen. Und das möglichst geräuschvoll. Das ermöglichte den Kollegen,
die gerade durch das Stroh robben mochten, leichteres Handeln, wenn es nötig
sein sollte.

     
    »Hajen, kommen Sie
runter, es ist sinnlos!«, rief Ulferts.
    »Ich sage es zum letzten Mal: Ihr
kriegt mich hier nicht weg!«, trotzte Hajen.
    »Sie erreichen doch nichts,
schaffen nur noch mehr Unglück!«
    »Pah. Unglück. Unglück ist, wenn
ich von meinem Hof weg muss in euren Knast!«
    »Hillrich, dann musst du mich erst
erschießen!« Martha Hajen machte einen überzeugten Eindruck, als sie das ihrem
Mann entgegenwarf.
    »Quatsch, Martha, hör auf. Du
kannst auch ohne mich. Ich kann aber nicht ohne dich und den Hof. Wenn ich weg
bin … dann …« Er schien nicht weiterzuwissen. Überlegte wieder. Plötzlich
wechselte er die Hand, hielt nun mit der linken den Revolver, gegen die andere
Seite des Kopfes gerichtet. Einen entscheidenden Moment verschlafen, doch
Ulferts hatte allen zu verstehen gegeben – keine Schüsse, Deeskalation!
Der Hahn des Revolvers war nach wie vor gezogen. Eine kleine Bewegung nur …

     
    »Herr Hajen, Sie
zerstören die Zukunft Ihrer Tochter. Frauke ist viel jünger als ich, eine
hübsche, junge Frau. Sie wird über das alles hinwegkommen. Ich gehe Ihnen jetzt
langsam entgegen. Ich werde zu Ihnen auf den Mähdrescher kommen und Sie werden
mir die Waffe geben!« Tanja Itzenga ging aufs Ganze. Sie konnte sich nicht
vorstellen, dass Hillrich Hajen auf sie schießen würde. Doch sie musste
gleichzeitig verhindern, dass er sich selbst richtete. Vielleicht war es gut,
wenn sie als Frau auf ihn zuging. Sie setzte sich in Bewegung, langsam, aber
bestimmt.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind!«
    »Nein, das tue ich nicht. Ich muss
verhindern, dass Sie eine Dummheit begehen!«
    »Die habe ich schon begangen. Und
kann es nicht mehr ändern. Darum ist alles egal. Bleiben Sie stehen, verdammt
noch mal.« Hillrich Hajen wurde laut, Nervosität stieg in ihm auf. Tanja
Itzenga setzte ihren Weg fort, jetzt war sie fast am Mähdrescher angelangt.
    »Hände weg von meinem
Mähdrescher!«, schrie Hajen, als Tanja Itzenga begann, die kleine Stiege zum
Blechsitz hochzuklettern. Sie ließ sich nicht beirren. Jetzt hieß es, die
Aktion durchzustehen. Es gab keine Alternative mehr. Mit einem Mal richtete
Hajen den Revolver auf Itzenga: »Schluss jetzt!«, schrie er, noch lauter.
»Runter von meinem Mähdrescher. Ich habe einen Menschen umgebracht, da macht
ein zweiter nichts aus!«
    »Tanja …!«, rief Ulferts, doch er
sah ein, dass das nichts brachte.
    »Herr Hajen, bitte hören Sie mir
zu …«, begann Itzenga ruhig, aber der schrie wieder: »Nix da, Frau Itzenga.
Runter, oder ich drücke ab. Erst Sie, dann ich. So einfach ist das. Keine
Diskussion mehr. Immer dieses Gerede. Ich geh nicht weg von meinem Hof. Nie!«
Hajens Hand zitterte, doch er hielt den Revolver direkt auf Tanja Itzenga
gerichtet. Es lag nur mehr ein halber Meter zwischen ihnen, mehr nicht. Sie
schwitzte, ihr Herz raste. Der Mann konnte sich vergessen. Das war an
Aldenhoffs Unfallstelle nicht anders gewesen. Wer einem Menschen den Hals
zudrückte, dass er keine Luft mehr bekam, der zog auch mit dem Zeigefinger den
Abzug eines Revolvers ein Stück zurück, dass sich ein Schuss löste. Der konnte
sich vergessen, ein Moment reichte!

     
    Ulferts blickte zum
Heuboden. Mit geübtem Blick erspähte er einen Gewehrlauf, der sich zwischen
zwei Strohballen hindurchgebohrt hatte und auf Hajen gerichtet war. Mit
Sicherheit war es nicht die einzige Waffe, die in diesem Augenblick auf den
alten Landwirt zielte. Ulferts wusste nicht, wie, doch er war sich sicher, dass
die Kollegen dort oben ihn sahen, die Situation im Griff hatten. Es brauchte
nur einen Fingerzeig, ein Nicken, ein Zwinkern mit dem linken Auge, und Hajen
wäre ein toter Mann. Deeskalation, dachte Ulferts immerzu, auch wenn es hier
nicht passte, doch es musste eine andere Lösung geben. Tanja Itzenga und Hajen
standen nach wie vor voreinander. Irgendetwas redete Itzenga, leise, aber sehr
bestimmt, so schien es jedenfalls. Doch Hajen hielt unverwandt den Revolver auf
sie gerichtet. Er wirkte entschlossen. Sie schwebte in höchster Lebensgefahr.

     
    In dem Moment ertönte
eine unsichere Stimme aus dem Hintergrund: »Papa, bitte … Bitte lass den
Revolver fallen. Mama und ich brauchen dich. Ich … ich möchte
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